Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Christi Himmelfahrt Lesejahr C 2023

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18. Mai 2023 - St. Peter, Sinzig-Westum

1. Cloud

  • Was eine Cloud ist, wissen alle die irgendwie mit Computer, Internet und Arbeit im Büro zu tun haben. Die anderen bitte ich um etwas Nachsicht, aber vielleicht ist es auch für Sie interessant einen Moment darüber nachzudenken.
    "Cloud" ist im Computerzeitalter schon ein recht altes Wort. Auf Deutsch heißt es einfach "Wolke". Ursprünglich waren damit mehrere Einheiten von elektronischen Rechnern gemeint. Zusammengeschaltet bilden sie eine Cloud – was genau aber das mit einer Wolke zu tun hat, habe ich nicht herausgefunden. Vielleicht weil wie in einer Wolke verhüllt ist, was im inneren dieser Großrechner passiert.
  • Heute ist mit einer "Cloud" gemeint, dass immer mehr von dem, was ich an meinem Computer tue, in Wirklichkeit gar nicht auf meinem Gerät berechnet wird, sondern auf zentralen Rechnern, mit denen ich über das Internet verbunden bin. Der Rechner vor Ort ist fast nur noch Tastatur Bildschirm und Maus. Der ganze Rest läuft über Zentralrechner in Verbundenheit mit unbekannt vielen Leuten im Internet. Das vervielfacht die Möglichkeiten, was ich mit meinem Computer oder Endgerät tun kann. Ich sitze hier mit einem kleinen Geräte und tauche ein in die ganze Welt voll Anwendungen, Informationen, Kommunikationsmöglichkeiten, Berechnungen und Lösungen (und ziemlich viel Unsinn nebenbei).
  • Es sind diese unbeschreiblich vielen Möglichkeiten die sich ergeben, weswegen manche schon philosophieren, die große Vernetzung und weltweite Rechenkapazität ermögliche so etwas wie ein ewiges Leben, weil ich ja nicht mehr auf meine kleine Basis beschränkt bin.
    Ja, die Möglichkeiten sind beeindruckend. Wir sollten aber nie vergessen, das es das Ganze auch deswegen gibt, weil andere damit viel Geld verdienen wollen. Und Sie verdienen viel Geld.  Auch deswegen möchte ich nicht in diese Wolke aufgenommen werden, sondern weiterhin mit beiden Beinen und mit meinen eigenen Leib auf dieser Erde sein und nur bei Bedarf und wo es gut für mich ist, das Tablett auspacken und mich mit dieser Wolke, der Cloud verbinden.

2. Wolke

  • Ich komme auf das Thema, weil das heutige Fest sehr viel mit einer Wolke zu tun hat. Mir hilft es, einen solchen Vergleich durchzuführen. Man sieht dann nicht nur Gemeinsamkeiten, sondern auch Unterschiede.
  • Zunächst einmal: wenn wir von Christi Himmelfahrt sprechen, haben wir oft Bilder vor Augen, die über die Jahrhunderte gemalt wurden. Da ist dann mit Himmel 'das da oben' gemeint und die Himmelfahrt so etwas wie heutzutage eine Rakete, nur mit weniger Qualm und Rauch. Tatsächlich aber steht das nicht in der Bibel. Vielmehr steht da, Jesus wurde "emporgehoben". Wenn ich mir dazu im Kopf ein Bild male, dann ist da etwas Schwaches oder Zerbrechliches, etwas Wertvolles und Schönes, das vorsichtig, zärtlich emporgehoben wird. Das ist natürlich ein Bild. Es ist ein Bild für die Weise wie Gott Jesus, den Gekreuzigten in seine Wirklichkeit hebt. Nie wieder werden wir Gott sehen können, ohne in seinen Zügen Jesus wiederzuerkennen – "zu seiner Rechten", wie das die Bibel sagt.
  • Und dann steht in der Apostelgeschichte: Jesus wurde in Gegenwart seiner Jünger "emporgehoben und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken". Da ist sie, die Wolke. 73 mal kommt das Wort in der Bibel vor und fast immer ist die Wolke ein Bild für Gottes Gegenwart: Er ist da, doch den Augen verborgen, gegenwärtig, aber nicht erdrückend, sondern schwebend. Es ist – wie das Matthäusevangelium bei der Verklärung Jesu beschreibt – eine leuchtende Wolke, Licht und nicht Finsternis. Das ist die Wirklichkeit Gottes.
    Deswegen findet man so wenig über Abschiedsschmerz bei den Jüngern, denn sie sehen es gleichsam, wie Jesus nun als der Christus Gottes ihnen nahe ist, wo immer Gott ihnen nahe ist. Und Gottes Name ist: Ich bin da!

3.Himmelfahrt

  • Für viele heute ist die Cloud auch eine leuchtende Wolke. Mir scheint sie eher dunkel, verdunkelnd. Ich soll ihr alles anvertrauen, was ich mache. Sie verheißt unendliche Möglichkeiten und versteckt die enorme Abhängigkeit. Wehe dem, der alles in der Cloud macht und in ein Funkloch gerät. Vieles wäre nicht möglich ohne die potenzierten Kapazitäten einer Cloud. Auch ich arbeite damit und darin. Aber ich fühle mich nicht zu ihr emporgehoben.
  • Wolke bleibt Wolke, das englische Wort Cloud besagt nichts anderes. Und eine Wolke verhüllt, entzieht den Blicken. Der Gott aber, der für mich in der Wolke wohnt, ist der Gott, dem Jesus in seinem Leben vertraut hat.  Es ist der Gott, der uns seinen Geist schenkt.
  • Wir sollen nicht in der Wolke verschwinden und aufgehen. Wir sollen und dürfen Menschen mit Fleisch und Blut, verletzlich, wie wird sind, auf dieser Erde leben. Ja, ich vertraue, dass am Ende dieser Tage auch wir emporgehoben werden. Dann aber ist dieses Leben zu Ende, dann gibt es keine Bits und Bytes mehr, kein Rechnen und Berechnet-Werden, eine Effizienz und Kapazitätssteigerung. Dann gibt es nur die Ewigkeit der Freude und Liebe in Gott. Die Wolke, in die Jesus emporgehoben wurde und aus der heraus er jeden Atemzug bei uns ist.


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Lk 24,51 Und es geschah, während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben.
Apg 1,9 Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.
Mk 16,19 Nachdem Jesus, der Herr, dies zu ihnen gesagt hatte, wurde er in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes.
Mt 17,5 Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.
Ex 24,18 Mose ging mitten in die Wolke hinein und stieg auf den Berg hinauf. Vierzig Tage und vierzig Nächte blieb Mose auf dem Berg.