Predigt zum 5. Fastensonntag Lesejahr B 2021 (Johannes)
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21. März 2021 - Gemeinschaftskrankenhaus St. Petrus Bonn
1. Einige - Alle
- Die Bibel sollte man im Gottesdienst hören, aber auch alleine für sich oder zusammen mit anderen lesen. Manchmal braucht es die Stille und Ruhe, um den Text für sich zu entdecken. Das Evangelium, das Johannesevangelium zumal, ist keine „Zack-Zack-mal-eben-Information“, sondern Gottes Wort für mein ganzes Leben.
- Beim heutigen Evangelium fiel mir erst mit etwas Distanz auf, dass ganz am Anfang von „einigen“ die Rede ist, und ganz zum Ende des Abschnitts von „alle“. Es sind „einige von den Griechen“, also den Ausländern aus dem griechischen Kulturraum, die erst zu Philippus, dann mit ihm zu Andreas und dann schließlich zu Jesus kommen, weil sie nach Gott suchen. „Einige“ nur heißt es ausdrücklich. Am Ende des Abschnitts aber wird Jesus aufrufen, dass die Liebe Gottes, die am Kreuz offenbar wird, „alle“ Menschen an sich zieht.
- Ich denke nicht, dass das Johannesevangelium damit sagen will, am Anfang waren es ja nur einige, das zählt nicht weiter; erst am Ende sind es alle.
Vielmehr ist es umgekehrt: Weil Gott alle mit seiner Liebe umfängt, ist jede einzelne Begegnung auf der Suche nach Gott wichtig und wertvoll. Wir können und müssen nicht die ganze Welt retten. Es reicht, dass wir aufmerksam sind, wenn Menschen uns ansprechen, dass wir sie nicht an uns binden, sondern mit ihnen Gott entgegengehen.
2. Sterben - Leben
- Zwischen den „einigen“ und den „allen“ stellt das Evangelium das Geheimnis der Herrlichkeit Gottes. Es macht keinen Hehl daraus, dass es wie ein Widerspruch aussieht: Sterben um zu leben, loslassen um zu bewahren.
- Das Weizenkorn wird nur dann zum Leben einer vollen Frucht erwachen, wenn es in die Erde gesenkt wird und stirbt. Und ebenso werde ich mein Leben, meine ganze Hoffnung meine Sehnsucht, das Potenzial, das Gott in mich hineingelegt hat, nur dann bewahren für das ewige Leben, wenn ich es nicht festhalte, sondern fähig werde, es loszulassen. Das Loslassen geschieht also nicht aus Gleichgültigkeit oder Geringschätzung für mein Leben, sondern um es zu bewahren.
- Letztlich ist dieses Paradox immer das Paradox der Liebe. Liebe kann ich mir nicht erwerben, so viel ich auch dafür tue. Ich werde sie mir nur schenken lassen können. Zugleich aber ist es doch ganz an mir, mich dieser Liebe nicht zu verschließen.
Wie tragisch ist es, dass so viele Menschen dazu nicht fähig sind, weil sie meinen alles unter Kontrolle behalten zu müssen, lieber andere manipulieren und beherrschen, als nur einen Augenblick sich vertrauensvoll in die Hände eines anderen zu legen.
3. Herrlichkeit - Kreuz
- Wir gehen auf die Karwoche zu. Kommenden Sonntag ist Palmsonntag und wird die Leidensgeschichte des Herrn gelesen. Heute werden wir daran erinnert, dass dieser Kreuzweg die Weise ist, wie Gottes Herrlichkeit in dieser Welt sichtbar ist.
- Vielleicht würden wir es uns allzu oft anders wünschen. Wir würden gerne eine machtvoll, glaubwürdig, strahlende Kirche haben, ein Haus voll Glorie. Doch vielleicht würde eine solche Kirche – wir alle makellos - nur die Liebe Gottes verdecken, die erst dort beginnen kann, wo wir unsere, diese natürliche Neigung, zu beherrschen und zu kontrollieren, an den Nagel hängen, um uns ganz in Gottes Liebe zu verlieren. Damit wird deutlich, dass nicht Missverständnisse verteidigt werden sollen, sondern ganz im Gegenteil im Licht des Evangeliums sichtbar wird, wo Christinnen und Christen berufen sind, die Kirche nicht einigen als Raub zu überlassen.
- Das ist nie abstrakt, sondern findet immer in ganz konkreten Begegnungen mit den Menschen statt, die Gott uns über den Weg schickt. Heute, morgen, es ist an mir bereit zu sein. Amen