Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest des Hl. Antonius von Padua 13. Juni 2007

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13. Juni 2007 - Hochschule Sankt Georgen Frankfurt

Dialog vor der Liturgie
(von Studenten vorbereitet)

1: Wo habe ich denn jetzt wieder mein Griechischbuch hin?

2: Das weiß ich doch nicht. Du solltest zum heiligen Antonius beten!

1: Heiliger Antonius? Meine Oma hat ihn immer mal erwähnt.

2: Ja, der ist für alles Verlorene zuständig.

1: Bisschen komisch ist das schon, oder nicht? Was habe ich denn noch mit dem heiligen Antonius zu tun - der ist schon fast 800 Jahre tot!

2: Kennst du die Geschichte mit dem gestohlenen Psalter nicht?

1: Nein.

2: Die Überlieferung über Antonius erzählt, dass ein junger Mitbruder von ihm einst aus Versehen den Psalter von Antonius hatte mitgehen lassen. Daraufhin hat Antonius, um ihn wieder zu finden, so heftig zu Gott gebetet, dass der „Übeltäter" von so starken Visionen heimgesucht worden ist, dass er das Buch schleunigst zurückgegeben hat.

1: Was weißt du sonst noch von diesem Heiligen?

2: Antonius war ein begnadeter Prediger. Seine Fastenpredigten in Padua waren so berühmt, dass keine Kirche groß genug war, um die Menschen alle zu fassen. Er beeinflusste eine ganze Region, zerstrittene Familien lagen sich in den Armen, Diebe gaben Gestohlenes zurück, seine Predigten konnten wohl wirklich verwandeln!

Doch anscheinend wollte man auch nicht überall seine Predigten hören. Da gibt es auch eine Geschichte von ihm, wo er eines Tages in eine Stadt kam, in der man ihn nicht kannte und niemand zu seinen Predigen kommen wollte. Da stellte er sich an das Ufer von Rimini auf eine Brücke und predigte einfach zu den Fischen.

1: Echt? Das klingt ja total absonderlich… Was haben die Menschen dabei gedacht?

2: Als die Menschen sahen, dass alle Fische zu der Brücke geschwommen waren und ihre Köpfe - so sagt es zumindest die Legende - aus dem Wasser streckten, um ihn zu hören, kamen sie auch und glaubten ihm und seinem Wort.

1: Wie lebte Antonius eigentlich?

2: Antonius trat mit 16 Jahren den Augustiner-Chorherren nahe Lissabon bei. Als er jedoch von der Beisetzung von fünf franziskanischen Mönchen erfuhr, die als Märtyrer in Marokko gestorben waren, berührte ihn das so sehr, dass er sich 1220 entschied, Franziskaner zu werden. Am liebsten wäre er auch Märtyrer geworden, jedoch auf dem Weg nach Marokko wurde er krank und wegen eines Sturms verschlug es ihn nach Italien. Dort erhielt er dann wegen seiner Redebegabung einen Auftrag als theologischer Lehrer und Prediger. Nach seinem Tod wurde er sogar zum Kichenlehrer ernannt.

1: Er war ja voll auf der Höhe seiner Zeit…

2: Stimmt. Der heilige Franziskus hat ihm schließlich einen Brief geschrieben, den ich auch im Blick auf uns Studierende immer noch aktuell finde. Er schreibt an Antonius: „Ich will, dass du den Brüdern und Schwestern die heilige Theologie darlegst, jedoch so, dass weder in Dir noch in ihnen der Geist des Gebets ausgelöscht wird."

1: Da denk ich noch mal an mein Griechischbuch, das weg ist. Nein, mit Theologie finde ich es sicher nicht, aber vielleicht wirklich mit Gebet, warum sollte Gott nicht auch auf diese Weise mit meinem Alltag zu tun haben? Und warum sollte Antonius ihm dabei nicht helfen?

Predigt

1. Zwei Gruppen

  • Von zwei Gruppen, die Jesus aussendet, berichtet das Evangelium. Der zweiten wollte sich Antonius anschließen, bei der ersten ist er gelandet. Vielleicht auch bei beiden. Berufung ist häufig, dass Gott uns ein klares Ziel vor das Herz stellt, nach dem wir uns ausstrecken. Dann kommt es anders und erfüllt sich dennoch.
  • Die erste Gruppe, die Jesus aussendet sind die Zwölf. Ihre Zahl steht für die zwölf Stämme des Volkes Israel. So sehr dieses Volk zerstreut ist, so sehr ist es doch eins. Das Volk Gottes endzeitlich zu sammeln, sendet Jesus die Zwölf aus.
  • Die zweite Gruppe sind die Zweiundsiebzig, von deren Aussendung das Evangelium des heutigen Gedenktags berichtet. Zweiundsiebzig, das ist nach dem Buch Genesis die Zahl der Völker der Erde. Mit dieser zweiten Aussendung kündigt sich also die Sendung der Kirche unter alle Völker - die Heiden - an.

2. Zweite Wahl

  • Ursprünglich war Fernandez Martin de Bulhorn in Lissabon bei den regulierten Augustinerchorherren eingetreten. Dort lebte und pflegte er Einsamkeit und Gebet. Dann aber hörte er vom Martyrium einer Gruppe des jungen Franziskanerordens und war von der Idee so begeistert, dass er zu den Franziskanern wechselte, um als Missionar zu den Mauren zu gehen. Die Liebe zur Einsamkeit nahm er mit, indem er den Namen des Wüstenheiligen Antonius annahm, und zog nach Afrika. Dort zu missionieren war seine erste Wahl.
  • Seine Gesundheit aber war nicht gut genug, um als Märtyrer zu sterben. Er wurde zurück geschickt nach Spanien, landete wegen widriger Winde statt dessen in Sizilien, zog nach Assisi, um Franziskus kennen zu lernen, und wurde schließlich in einem Kloster nahe Bologna aufgenommen, um dort vor allem wieder der Einsamkeit und dem Gebet zu leben.
  • Durch Zufall nur kam Antonius zu seiner Zweiten Wahl. Weil kein anderer es übernehmen wollte, eine bestimmte geistliche Ansprache (bei den Dominikanern!) zu halten, sprang Antonius ein. So wurde sein großes Talent als Theologe und Prediger entdeckt. So kam Antonius zu seiner zweiten Wahl: Als Prediger in den christlichen Kirchen des frühkapitalistischen Oberitalien statt als Missionar bei den Mauren.

3. Eine Kirche

  • Die Sendung der Zwölf richtete sich an das Volk Gottes. Die Sendung der Zweiundsiebzig geht an die Völker, wohin Jesus seine Missionare "wie Schafe unter die Wölfe" sendet. Zu aller Zeit hatte es für junge Leute mehr Faszinationskraft, nicht kirchenintern zu wurschteln, sondern hinaus zu gehen. Sollte dies heute anders sein, stünde es schlimm um die Faszination.
  • Andererseits ist es heute so wie zur Zeit des Hl. Antonius. Die angeblich christlichen Länder sind mindestens so Missionsgebiet, wie die angeblich heidnischen. Dies illustriert die Erzählung aus Rimini, als die Fische im Fluss der Predigt des Heiligen mit mehr Anteilnahme und Aufmerksamkeit gefolgt seien, als die selbstgefälligen christlichen Kaufleute der Stadt. Heidnische Mauren waren dem Antonius lieber als christliche Pfeffersäccke. Es käme aber darauf an, die Begeisterung für die erste Wahl wach zu halten und mitzunehmen in die Wahl, die die Sendung der Kirche für uns dann bedeutet. Für wen die Pflege binnenkirchlicher Strukturen schon die erste Wahl ist - mit einem Auge auf das Apostelamt der Zwölf schielend - der ist weit Weg von einem Antonius von Padua.
  • In all den bewegten Jahren seines kurzen Lebens hat Antonius aber die Liebe zur Wüste und zum Gebet in Einsamkeit mit sich genommen. Das Gebet war die Quelle seiner Theologie ebenso wie seiner mitreißenden Verkündigung. Ein jeder Theologe - oder Theologiestudent - der die Mitte seines Glaubens verloren hat oder die Begeisterung verloren hat, zu den Menschen zu gehen, sollte den Hl. Antonius anrufen. Seine Fürbitte bewirkt viel, wo Zentrales verloren gegangen ist! Amen.