Predigt zum 2. Sonntag im Lesejahr B 2024 (1 Korintherbrief)
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14. Januar 2024 - St. Peter, Sinzig
1. Glaube und Leben
- Ein Schritt zurück hilft, besser zu sehen. Wer mit der Nase dranstößt, ist hingegen manchmal weit weg. Auf jeden Fall brauchen biblische Texte meist diesen Schritt zurück, etwas Abstand, um zu merken, wie sehr sie mir heute etwas zu sagen haben. Dazu gehört auch der merkwürdige Satz im Brief des Paulus an die Christengemeinde in Korinth, dass "der Herr für den Leib" sei. Der Herr, das ist Christus. Der Leib ist hier vom Zusammenhang deutlich der Leib auch in seiner sexuellen Bedeutung. Wie kann da der Herr, Christus, "für den Leib" sein?
- Ein Schritt zurück: Paulus schreibt den Korinthern, die den Zusammenhang zwischen ihrer Lebenspraxis und ihrem eigentlich ganz lebendigen Glauben vergessen haben. Das klingt uns nicht ganz unvertraut. Ich denke, wir alle haben Schwierigkeiten, die Dimensionen unseres Lebens und unseres Leibes im Glauben zu sehen und "in Christus" zu verstehen.
- Das ist auch nicht immer nötig. Paulus bringt dafür ein Beispiel: Die Leute die meinen, wer vom Markt günstig die Speisen mitbringt, die aus dem heidnischen Tempelkult stammen, würde sich am Glauben versündigen. Da meint Paulus ganz nüchtern: "Die Speisen sind für den Bauch da und der Bauch für die Speisen"; da hat Gott für Wege gesorgt, wie die Speisen auch wieder rauskommen1. Menschen, die an solchen äußerlichen Dingen Unglauben und Glauben festmachen, gab es damals und gibt es heute. Sie sind nicht radikal genug!
2. Leib und Gott
- Äußerlichkeiten und Scheinprobleme interessieren Paulus nicht. Er legt den Finger woanders in die Wunde. Er schreibt (wie Luther genau übersetzt): "Der Leib aber nicht der Hurerei, sondern dem Herrn, und der Herr dem Leibe."2 Und damit hat er wohl nicht wenige Korinther angesprochen, die nach alter heidnischen Gewohnheit da kein Problem sahen.
- Paulus aber nimmt ernst, dass Gott in Christus einen menschlichen Leib angenommen hat, dass die Heilige Kommunion "der Leib Christi" ist und die Gemeinschaft der Kirche ebenfalls. Der Einspruch des Paulus ist dabei nicht, dass er etwas gegen Sexualität hätte – auch wenn das immer wieder behauptet wird. Vielmehr schaut er den Leib vom Glauben an Christus an. In einem menschlichen Leib hat Gott seine Beziehung zu uns aufgenommen. In seinen Wundern, in seiner Weise mit den Menschen zusammen zu sein, in seiner Nähe zu Anderen ist Jesus leiblich. Der Leib ist ein Geschenk, dass Menschen einander nahe sind. Und so ist es auch die Sexualität.
- Die Prostitution aber macht daraus ein Geschäft. Die Hurerei ist – wie Jesus deutlich gemacht hat und Paulus wusste – oft genug Unrecht gegen Frauen. Und sie macht den Leib zur Handelsware. Menschen werden benutzt von anderen. Ihr Leib wird zur Ware. Das ist der Leib, von dem Paulus sagt: "der Leib dem Herrn – der Herr Christus, dem Leib".
3. Leib und Freiheit
- Wir sind hier in einem sehr persönlichen Bereich. Alte Menschen, ob Frau oder Mann, erleben den eigenen Leib anders als sie es in der Jugend taten. Es bleibt auch im Alter ein Leib mit der Fähigkeit zu und dem Bedürfnis nach Nähe, nicht nur, aber auch sexuell. Das macht den Leib aus. Deswegen sind sowohl Alleinsein wie Einsamkeit auch Erfahrungen des Leibes.
- Ich bin mir sicher, dass diese Hinweise genügen, wenn sie dazu ermutigen, nicht am eigenen Leib vorbei, sondern mit ihm in Beziehung zu Gott zu leben und zu beten. Junge Menschen ermutigt Paulus, die leibliche und sexuelle Seite ihrer Beziehung im Glauben anzunehmen, sich daran zu freuen, sie als etwas zu begreifen, dass ein Geschenk ist um Partnerschaft und Nähe zu leben. Im Leib berühren wir einander und Gott!
- Nicht die Sexualität ist also der Punkt, an dem es kritisch wird, sondern die Kommerzialisierung. Wo der Leib wirtschaftlich ausgebeutet wird, geschieht Götzendienst. Das ist für Paulus ganz sicher bei der Prostitution so, zumal es damals an den heidnischen Tempeln dort angestellte Huren gab. Ich sehe darin aber auch den Ansatz für eine Reflexion auf die Vermarktung rund um den Leib, die heute ein fester Bestandteil der kapitalistischen (Un-)Kultur ist. Wo buchstäblich die Haut zu Markte getragen wird, wo mit hochsexualisierter Werbung immer noch die besten Gewinne gemacht werden, wo ein Körper- und Kleidungskult bewusst angefeuert wird, um damit Geld zu machen, dort ist dies Sünde. Denn "der Leib dem Herrn und der Herr dem Leib". Der von Gott her geheiligte Zusammenhang zwischen Leib und Beziehung, Nähe und Liebe gehört zum Zentrum unseres Glaubens. Gott ist in unserem Leib erschienen. Die Befreiung des Evangeliums gilt also auch dem Leib.
Wer den Leib kommerzialisiert, ihn zum Kultobjekt und zum Statussymbol macht, vor allem wer im Leib Beziehung der Gewalt lebt, statt des Respektes, von dem schreibt Paulus, er "versündigt sich gegen den eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!"
1. Unsere Übersetzung schreibt über Speisen und Bauch: "Gott wird beide vernichten"; gemeint ist wohl eher, dass Gott beides (für den Glauben) unschädlich macht.
2. Die Einheitsübersetzung hat bessere Lesbarkeit zum Ziel und ergänzt daher das Verb: "Der Leib ist nicht für die Unzucht da, sondern für den Herrn und der Herr für den Leib."