Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 5. Fastensonntag Lesejahr A 2017 (Römerbrief)

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2. April 2017 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Zurück in Vergänglichkeit

  • Lazarus ist nicht von den Toten auferstanden. Er ist eher 'zurück gekehrt'. Unter "Auferstehung" verstehen wir Christen eine völlige Verwandlung des alten Menschen hinein in eine neue Wirklichkeit, die die unsere weit übersteigt. Lazarus hingegen ist durch das Wort Jesu zurück gekehrt von den Toten. Zurück in seine alte Welt.
  • Dennoch gibt es eine Beziehung zwischen der verwandelnden Auferstehung Jesu, die wir an Ostern feiern werden, und dem Ruf an Lazarus: "Komm heraus!", heute. Es ist der Geist und das Wort Christi, die stärker sind als der Tod, weil Jesus den Tod auf sich genommen hat und zum Leben der neuen Schöpfung auferstanden ist. Was dem Lazarus geschieht, ist ein Zeichen, wie Gott durch das Wort Jesu in Raum und Zeit - der irdischen Welt von uns Menschen - Leben ermöglicht und erneuert. Mit dieser Geisteskraft ist zu rechnen.
  • Von diesem Geist spricht Paulus im Römerbrief. Mit Geist meint er das neue, lebendige und Leben ermöglichende Wirken Gottes. Im Gegensatz dazu sieht Paulus das, was er griechisch "sarx" nennt, übersetzt eigentlich einfach: "Fleisch", was vergänglich ist, schwach, auf sich selbst bezogen, fade. Beides, Fleisch und Geist, meint bei Paulus immer den ganzen Menschen, aber jeweils unter anderer Rücksicht: hier die vergängliche und dort die unvergängliche, hier die welke und dort die geistgewirkte, lebensspendende Seite des Menschen.

2. Geist in Welt

  • "Wenn Christus in euch ist, dann bleibt ihr zwar sterbliche Menschen" ("der Leib tot aufgrund der Sünde" verweist auf die Ur-Sünde des Adam, durch die der Tod in die Welt kommt). Aber zugleich habt ihr Zugang zu dieser neuen Wirklichkeit, die jetzt schon, in diesem Leben all das zu überwinden vermag, was nur hinfällig, verderblich, vergänglich und sterblich ist.
  • Das ist so, weil in Christus Gottes Gerechtigkeit die Ungerechtigkeit der Menschensphäre bezwungen hat, die nur auf menschliche Kraft und Vergänglichkeit gebaut hat: Selbst in Gold und Diamant erbaute Paläste sind in diesem Sinn vergängliches Fleisch, während ein einfaches, gütiges Wort der Liebe, das über alle Grenzen hinweg einem Fremden gesagt wird, unvergänglicher Geist ist.
  • Uns mag die Ausdrucksweise des Paulus im Weg stehen, zu verstehen, was im Römerbrief gesagt ist. Paulus verwendet jedoch biblische Sprache und biblische Vorstellungsweisen. Auch ohne besonderes Theologiestudium kann man verstehen, was er meint. "Wenn der Geist dessen in Euch wohnt, der Jesus von den Toten erweckt hat", das ist der Geist Gottes, dann "wird er auch euren sterblichen Leib lebendig machen, durch seinen Geist, der in euch wohnt".

3. Lebendigkeit in Vergänglichkeit

  • Der Geist der Lebendigkeit kann in dem Fleisch der Vergänglichkeit wohnen, sodass der ganze Mensch nicht mehr von Seiten seiner Vergänglichkeit bestimmt ist, sondern von seiner Zukunft her, der Unvergänglichkeit. Dass uns diese biblische Botschaft durch die Kirche am Sonntag vor Palmsonntag vorgelegt wird zeigt, dass dieser Glauben Kraft gibt, auch den Weg des Kreuzes zu gehen.
  • Es ist wie bei Lazarus, der durch das reine Wort Jesu zurück geholt wurde in seine alte Welt - und zugleich ist es nicht mehr die alte, sondern eine neue. Neu ist die Verfolgung, mit der Lazarus in das Schicksal Jesu nun hinein gezogen wird. Neu ist aber auch die ganze Welt des Lazarus und seiner Schwestern., denn sie haben buchstäblich am eigenen Leib erfahren, dass Jesus mächtiger ist als der Tod.
  • Das Evangelium nimmt bewusst sehr stark die Perspektive der Schwestern des Lazarus auf, der Marta und der Maria. Sie trauern um ihren Bruder und auch ihre Zweifel und ihre Verzweiflung lässt sich noch hinter dem Bekenntnis zu Jesus ahnen. Wie muss das ein Leben von Grund auf verändern, wenn eine Frau so in das Tal der Trauer hinab gestiegen ist - und dann Zeugin wird, dass Jesus das alles von Grund auf umkrempeln kann. Von nun an wird für sie, ihre Schwester und ihren Bruder nichts mehr so sein wie bisher. Für sie gilt: Wenn Christus durch sein Wort und seine Tat in euch ist, dann ist zwar der Leib immer noch ein sterblicher aufgrund der Sünde, aber von der Seite des Geistes seid ihr durch und durch Leben aufgrund der Gerechtigkeit, die Gott an euch getan hat. Amen.