Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 5. Fastensonntag Lesejahr A 2014 (Johannes)

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6. April 2014 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Öffentliches Wunder

  • Warum kann Jesus nicht gleich aufbrechen und Lazarus heilen? Er ist doch sein Freund!
  • Ein erster Versuch: Jesus wirkt keine privaten Wunder. Zudem weist das Johannesevangelium darauf hin, dass nicht der irdische Jesus das Wunder wirkt, sondern Gott, sein himmlischer Vater. Das Wunder ist für Gott ein Zeichen, das zwar in einer ganz "privaten" Situation geschieht, aber über sie hinaus führt und Teil von Gottes Kommunikation mit seinem Volk wird.
  • Es entwürdigt den Menschen nicht, sondern gibt ihm Leben, wenn er in Bezug auf andere lebt. Ja, kein Mensch ist Zweck für andere. Aber gerade dort, wo ein Mensch von Gott eine besondere Berufung erfährt wird deutlich, dass Segen immer bedeutet, ein Segen für andere zu sein. So ist es auch angesichts der Krankheit des Lazarus nicht entscheidend, ob er mit Jesus befreundet ist, sondern ob Gott ihn beruft, an dem Zeichen teilzuhaben, dass die Verbundenheit mit Gott den Tod überwindet.

2. Gehorsames Wunder

  • Das gilt auch und besonders für Jesus. Wenn Jesus ganz er selbst ist, ist er ganz transparent für die Gegenwart Gottes durch ihn. Er muss nicht irgendwie zurücktreten, damit Gott vortreten kann. Im Gegenteil tritt Gott ganz hervor, wenn der Mensch Jesus hervortritt, der seinerseits ganz aus der Beziehung zu Gott lebt.
  • Der zweite Sinn der Verzögerung, mit der Jesus in Bethanien ankommt, ist dass Gott sich in ihm an die Seite der Trauernden stellt. Gott kann dies durch Jesus, weil dieser durch seinen Gehorsam transparent ist: Gott wird durch ihn offenbar.
  • Deswegen betont das Evangelium die Erschütterung Jesu am Grab. Ja, er hätte Gott um eine in den Augen der Menschen "rechtzeitige" Heilung bitten können; aber so, auf andere Weise, will Gott sich in der Liebe Jesu zu Lazarus und seinen Schwestern in seiner Anteil nehmenden Liebe zu allen Menschen offenbaren.

3. Leibliches Wunder

  • Der dritte Grund für die Verzögerung liegt in dem Verweis auf die Leiblichkeit der Auferstehung Jesu, mit der der Sohn Gottes der Erstgeborene im Reich Gottes geworden ist.
  • Immer wieder sind religiöse Menschen, sogar Christen, in der Versuchung, den Glauben als etwas abstraktes, nur eine irgendwie geistige Welt Berührendes aufzufassen. Die Sorge der Maria, der Leichnam müsse doch nach vier Tagen im Grab schon vor Verwesung riechen, macht den Sinnen deutlich, dass hier, am verweslichen Leib, sich der Glaube bewährt - oder gar nicht.
  • Damit geht es um die Leiblichkeit des Lebens, Sterbens und der Auferstehung eines jeden von uns. Dieses Evangelium am Fünften Fastensonntag ist nicht einfach ein Vorzeichen auf Ostern, sondern zunächst ein Vorzeichen auf die Realität, Geschichtlichkeit und Leiblichkeit dessen, was an Karfreitag geschieht. Wir werden darauf eingestimmt, mit allen Sinnen in diese heiligen Tage zu gehen. Amen.