Predigt zum 1. Fastensonntag Lesejahr C 2010
Zurück zur Übersicht von: 1. Fastensonntag (C)
21.02.2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Drei Texte
- Die Fastenzeit beginnt mit drei gewichtigen Bibeltexten. Sie passen zum
Beginn der Fastenzeit, zeigen uns aber auch, warum wir hier den Gottesdienst
zusammen feiern.
- Aus dem Buch Deuteronomium hören wir ein Erntedankgebet.
- Aus dem Römerbrief werden wir zum Bekenntnis ermutigt "Jesus
ist der Herr".
- Im Evangelium schließlich wird vom Ringen dieses Jesus' mit dem
Versucher berichtet.
- Am meisten interessieren wohl das Evangelium und die Versuchungen. Hier
geht es um die direkte Auseinandersetzung und um das Ringen, in dem sich Jesus
seiner Versuchbarkeit stellt. Das ist für uns deswegen so spannend, weil
das genau die Fragen sind, mit denen wir uns selbst alltäglich in der
Begegnung mit anderen Menschen auseinander setzen müssen: Macht, Einfluss,
Ansehen und Gottvertrauen.
- Diese ganz persönliche Auseinandersetzung ist unverzichtbar. Ohne eine
solche bleibt der Glaube oberflächlich. Die Elemente aus den beiden anderen
Texten aber sind ebenso unverzichtbar: Der gemeinsame Dank, die Erinnerung,
das Bekenntnis, all das also, was in Deuteronomium und Römerbrief geschildert
wird, findet hier im Gottesdienst statt, damit es die persönliche Auseinandersetzung
trägt und ihr Richtung gibt.
2. Liturgie
- Im Gottesdienst sind Dank und Lobpreis zentral. Es ist wie bei dem Bauern,
von dem die Lesung berichtet: Er kommt mit einem Korb, in dem Erträge
von seinem Feld liegen, in den Tempel; dort lobt er Gott dafür, dass
Gott seine Vorfahren aus der Knechtschaft in Ägypten in dieses Land geführt
hat. Der Bauer kommt also mit seinen ganz persönlichen Dingen in dem
Korb, den er mitbringt. Dann aber spricht er den liturgischen Text, in dem
er das, was er erfahren hat, in Zusammenhang bringt mit der Heilsgeschichte
seines Volkes.
- Der Dank und Lobpreis des Einzelnen stimmt in der Liturgie (dem Gottesdienst)
in den Dank und das Lob der Kirche ein. Deswegen ist es so wichtig, dass wir
in unserem Gottesdienst viele Teile haben, die sich immer wiederholen. Dadurch
werden sie vertraut und können mehr und mehr gefüllt werden mit
eigenen Erfahrungen und Themen.
- Die liturgischen Formeln wie "Jesus ist der Herr" und "Gott
hat ihn von den Toten auferweckt", die Paulus im Römerbrief zitiert,
werden dadurch lebendig, dass jeder Einzelne sie füllt mit seiner Erfahrung,
dass Jesus für ihn wichtiger und lebendiger ist, als all die Herren dieser
Erde.
3. Wüste und Tempel
- Das Evangelium berichtet, dass Jesus "geführt vom Geist" in
die Wüste gegangen ist. Dort, in der Einsamkeit, stellt er sich seinen
Dämonen und erreicht die innere Freiheit, indem er festen Boden findet
in der Beziehung zu Gott, seinem Vater. Dass dies auch für Jesus nicht
ein einmaliger Vorgang blieb, macht der Schluss des Abschnitts deutlich, wenn
es dort heißt: "Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für
eine gewisse Zeit von ihm ab."
- Liest man im Lukasevangelium weiter, wird man feststellen, dass Jesus aus
der Wüste fast direkt in den Gottesdienst geht. Mir scheint das zentral,
in beiden Teilen. Jesus ist nicht nur in der Synagoge oder im Tempel. Der
Glaube findet nicht allein und vielleicht nicht einmal zuerst im Gottesdienst
statt. Wir müssen uns dem Leben stellen, das uns aufgetragen ist: daheim,
im Job, in unserem ganz normalen Leben. Wir müssen uns unseren Dämonen
und Versuchungen stellen, und dazu brauchen wir Zeiten der "Wüste", der
Einsamkeit und des Alleine-Seins.
- Dann aber brauchen wir für einen lebendigen Glauben auch die Gemeinschaft
der Betenden und die Formen der Kirche. Sie konfrontieren uns mit dem Wort
Gottes. Sie bewahren uns davor, dass wir unsere Erfahrungen absolut setzen.
Sie fordern uns heraus: zur Umkehr, zum Bekenntnis, zur Neu-Ausrichtung. Der
Gottesdienst kann uns aber auch die Kraft dazu geben: durch das gemeinsame
Lob und den Dank an Gott, durch den wir der Sünde gestorben sind und
der uns beschenkt mit seiner Gegenwart. Amen.