Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Taufe des Herrn 2023 (Lesejahr A)

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8. Januar 2023 - St.Peter, Sinzig

1. Taufe

  • Wie können wir vor Gott treten? – Wie wir uns vor anderen Menschen sehen lassen wollen und wie lieber nicht, dafür haben wir meist ein ausgeprägtes Gespür. Für manche Situationen unter Menschen reichen schon die falschen Klamotten, in anderen falsche Bemerkungen, weswegen einem signalisiert wird, man solle sich da oder dort lieber nicht blicken lassen. – Wie aber ist das Gott gegenüber? Wie können wir zum Gebet antreten oder zum Gottesdienst erscheinen?
  • Das Alte Testament kennt kultische Reinheitsvorschriften als Voraussetzungen für den Tempelbesuch. Aber auch dort gibt es schon die Gegenposition in Psalm 24.
    Vor Gott darf treten: "Der unschuldige Hände hat und ein reines Herz, der seine Seele nicht an Nichtiges hängt und keinen trügerischen Eid geschworen hat" (Ps 24,4). Unschuldige Hände, ein reines Herz. Das zählt vor Gott. Aber nach diesem Maßstab würde ich vermutlich durchfallen. Das "reine Herz" als Rechtfertigung, um hier zum Gottesdienst zu kommen, kann ich mir leider nicht so einfach bescheinigen. Wenn es danach ginge, hätte ich wohl hier nichts zu suchen.
  • Dass ich dennoch hier in der Kirche vor Gottes Altar auftauchen darf, ohne mich völlig deplatziert zu fühlen, hat einen einzigen Grund: Die Taufe.
    Als Jesus sich von Johannes dem Täufer zusammen mit allen anderen taufen ließ, hat er sich unter all die Menschen gestellt, die schuldige Hände und ein beflecktes Herz haben. 'Gott stellt sich mitten unter die Sünder', könnte man das programmatisch nennen. Wer immer daher auf den Namen Jesu, des Christus, des Sohnes Gottes getauft ist, taucht sozusagen an der Seite Jesu vor Gottes Thron auf. Martin Luther nennt das "Rechtfertigung aus dem Glauben".
    Doch damit das nicht wieder zu einer rituellen "Reinheit" verkommt muss klar sein: Der Glaube erweist sich in den Werken der Liebe, in Gerechtigkeit, unschuldigen Händen und einem reinem Herz – also einem Herz, dass nicht Andere nur für die eigenen Zwecke nutzt.

2. Cornelius

  • Die Kirche der Apostel hat Menschen, die an Jesus als den Christus glaubten, durch die Übergießung mit oder das Eintauchen in Wasser getauft. Genauer gesagt waren es nur Israeliten, Juden, wie die Apostel auch. Denn weil Jesus gekommen war, Gottes Volk Israel zu erneuern, haben die Apostel zunächst auch nur in Israel getauft. Dabei hätte es bleiben können. Das Christentum wäre eine innerjüdische Erneuerungsbewegung geblieben.
  • Ausführlich schildert Lukas in der Apostelgeschichte, wie es anders gekommen ist – und dass dies Gottes Wille ist. Petrus – so wird das erzählt – hat in einer Vision gesehen und erkannt, dass Gott diese Welt gut und rein erschaffen hat. Was aber Gott rein gemacht hat (Apg 10,15), das sollen wir Menschen nicht für unrein halten. Konkret bezieht sich das hier auf die mosaischen Speisegesetze und einen römischen Hauptmann namens Cornelius. Aber es geht weit darüber hinaus. Im Kern geht es um die Schöpfung und das Leben, das von Gott kommt. Und das ist genau die Perspektive, die Petrus einnehmen soll.
  • Als Petrus das ins Wort bringt sagt er: "Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist." Diese Erkenntnis und Offenbarung hat das Tor der Taufe für die Menschen aller Völker geöffnet. Alle Menschen sind eingeladen, durch die Taufe dazu zu kommen. "Mir hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf", sagt Petrus. In der Konsequenz entspricht er der Bitte dieser nichtjüdischen Familie des Cornelius und tauft.

3. Erneuerung

  • Daraus folgt für uns einiges. Zunächst müssen wir die Taufe erneuern. Das hat vielerorts schon längst angefangen. Die Kindertaufe darf nicht Familientaufe sein, Ritus der Zugehörigkeit aus Gewohnheit. Dafür braucht es die Taufe nicht. Die Kindertaufe ist nur sinnvoll, wenn die Familie – oder die Sorge der Paten – da ist, um dem Leben des getauften Kindes eine Richtung zu geben. Auch Cornelius (Apg 10,24.48) ließ sich mit seiner Verwandtschaft taufen. Aber da war auch etwas in Bewegung geraten. Die "nächsten Freunde" des Cornelius gehörten auch dazu.
  • Zweitens müssen gerade wir als Katholiken Weltkirche auch vor Ort sein. Das hat hier in Sinzig vielleicht gut geklappt, als vor Jahrzehnten Familien aus Portugal hierhergekommen sind. Wo aber gehen wir heute aktiv auf Menschen zu, die Suchende sind wie Cornelius? Katholiken oder Suchende, die aus Deutschland oder der Welt kommen?
  • Vor allem aber Drittens: Die Taufe auf den Namen Jesu macht uns nicht zu besseren Menschen. Auch da, wo die Taufe Frucht trägt in einem Leben in Gerechtigkeit und erfüllt vom Heiligen Geist, ist es eben die Taufe, die Frucht trägt, nicht wir 'besseren' Menschen. Zur Zeit Jesu waren es zuerst die Ausgestoßenen – Zöllner und Sünder – die vorgegeben haben, wer zur Kirche gehört. Cornelius, seine Verwandten und Freunde haben das gesehen. Das hat sie überzeugt. Das überzeugt auch heute, dessen bin ich mir sicher. Weil es der Weg Gottes ist.