Predigt zu Ostern am Tage 2005
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27. März 2005 - Universitätsgottesdienst St. Ignatius
1. Frage und Antwort
- Im Abendmahlsaal hat Jesus es nicht bei Reden belassen. Er, unser
Herr und
Meister, hat am Gründonnerstag seinen Gesandten, den Aposteln die
Füße
gewaschen und ihnen so ein Beispiel gegeben, wie auch sie handeln
sollen.
Am Karfreitag gibt Gott uns keine wohlfeilen Antworten, sondern
stellt die
Frage an den Menschen, die allein uns erst begreifen lässt, zu
welcher
Würde wir berufen sind. Ist Ostern nun die Antwort auf diese Frage?
- Ostern ist ein leeres Grab. Die allererste Ostererfahrung ist das
leere
Grab. Dort, wo die Frauen den Leichnam Jesu konservieren wollen, ist
ein leeres
Grab. Wenn Ostern eine Antwort ist, dann ist diese Antwort nicht
zusammengesetzt
aus Argumenten aus der Restekiste. Das Alte ist restlos vergangen,
das Grab
ist leer. Nur noch die Tücher erinnern an den Leichnam, der hier
gelegen
hat. Sie sind sorgfältig zusammen gelegt. Der neue Anfang ist kein
panischer
Aufbruch, sondern eine neue Schöpfung.
- Ostern ist ein leeres Grab und eine Botschaft. Jesus hat kein
Notizbuch
mit klugen Gedanken im Grab hinterlassen. Wenn Ostern eine Antwort
ist, dann
nicht als Gedanken sondern nur in der Form einer Botschaft. Maria
von Magdala
trifft daher im leeren Grab zwei Boten an. Das griechische Wort für
Bote
ist angelos, Engel. Das macht die Botschaft aus, dass es
Boten sind,
die das Gesagte bezeugen. Das erste Evangelium ist diese Botschaft.
2. Fähig zu Boten zu werden
- Schon damals dürfte es männliches Selbstwertgefühl angeknackst
haben, dass Frauen die ersten Boten der Auferstehung waren. Es waren
aber
eben auch Frauen, die bei Jesus unter dem Kreuz ausgeharrt hatten.
Der klassische
Verdacht ist, Gott habe die Frauen wegen ihrer größeren
Mitteilsamkeit
zu ersten Zeugen auserwählt. Fakt ist, sie waren als erste am frühen
Morgen am Grab.
- Zeuge sein bedeutet denn doch, sich selbst aufzumachen. Wie Maria,
die frühmorgens,
als es noch dunkel war, zum Grab kam. Ob zur stillen Trauer, ob
schon mit
den anderen Frauen, um dem Leichnam Jesu den letzten Dienst zu
erweisen, wir
wissen es nicht. An dieser Stelle ist Maria Zeugin des leeren
Grabes. Sie
ist es, die spürt, dass mit dem Tod Jesu die Geschichte nicht zu
Ende
ist. Noch weiß sie nicht "wohin man ihn gelegt hat".
- Dann aber wird Maria zur Zeugin des Auferstandenen. Es beginnt mit
ihrer
Trauer. Zurück am Grab hat sie keine Scheu, ihren Tränen freien
Lauf zu lassen. Noch ist es das: "Ich weiß nicht wohin man
ihn gelegt hat". Gerade weil Maria noch nicht die fertige
Antwort
hat, weil Maria nicht schon alles zu wissen meint, kann Christus sie
ansprechen.
Jesus sagt zu ihr nichts weiter als ihren Namen: Maria! "Da
wandte
sie sich ihm zu und sagte auf hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt:
Meister."
3. Lawinenbotschaft
- Zur Erfahrung des Auferstandenen gehört die Sendung. Das ist ganz
auffällig.
Ich kann nicht Jesus, dem Auferstandenen, begegnen, ohne zugleich zu
erfahren,
dass dies eine Sendung ist. Jesus gibt Maria den Auftrag, zurück zu
gehen
zu den anderen, und ihnen zu verkünden, dass das Grab überwunden
ist. Sie darf die anderen trösten und aufrichten mit der Frohen
Botschaft,
dem Evangelium, dass der Gekreuzigte für uns hinaufgeht zu Gott,
unserem
Vater: "Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu
meinem
Gott und zu eurem Gott."
- Die Botschaft verliert sich nicht. Sieht man die ganze Geschichte
der Botschaft
Jesu, fällt auf, dass jeder Mensch und jede Zeit sie für sich
entdecken
und neu formulieren muss. Aber im Gegensatz zur "stillen Post",
wo die ursprüngliche Botschaft immer mehr verloren geht, erfahre ich
die Osterbotschaft, das Evangelium, umgekehrt. Mit jeder Zeit und
jedem Menschen
wächst das Evangelium. Mit dem Glauben ist es wie mit der Liebe: sie
werden mehr, wenn wir sie weiter geben.
- Nicht jeder von uns wird in der selben Weise zum Boten. Aber jeder
wird
irgendwann die Erfahrung machen, dass aus der gehörten Botschaft die
Erfahrung wird, dass der Gekreuzigte lebt. Jeder kann die Erfahrung
machen,
dass Gottes Ohnmacht mächtiger ist als der Tod, weil es Gottes Liebe
ist. Dann werden sie zu denen gehören, die durch ihr gutes Wort oder
durch die stille Tat mitwirken an der großen Botschaft, die die Erde
erfüllt. Amen.