Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt Ostern Lesejahr C - In der Nacht 2001

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14. April 2001 - St. Michael Göttingen

1. Das leere Grab

  • Die Frauen kommen in der Frühe. Die Jünger laufen in Eile. Sie sehen das leere Grab. Nichts Glänzendes ist Zeichen und Wirklichkeit der Auferstehung, sondern das leere Grab.
  • Macht es das leere Grab nicht noch viel schlimmer? Wäre der Körper Jesu noch im Grab, dann wäre er noch im Kreislauf des Kommens und Vergehens, dann könnte er teilhaben an einem Sterben und wieder Geborenwerden. Das Scheitern vom Karfreitag wäre nicht unvermeidlich. Es könnte weiter gehen.
  • Macht es das leere Grab nicht noch viel schlimmer? Wäre wenigstens der Körper noch da, bestünde doch vielleicht Hoffnung auf Wiedergeburt. Die Seele hätte den Körper verlassen:
    • diesen geschundenen Körper, der sich die falschen Freunde ausgesucht hatte, den Leugner Petrus, den Verräter Judas;
    • diesen durchbohrten Körper, der nicht die Sprache gefunden hat, die Botschaft der Liebe rüber zu bringen.
  • Die Seele könnte sich erheben über diesen Körper und aufmachen. So aber ist alles weg.

2. Glaube

  • Mit Penetranz halten die Osterberichte daran fest, dass das Grab leer ist. Die Auferstehung wird nirgendwo geschildert. Was unsere Welt so sprengt, kann auch nicht in Bildern unserer Welt berichtet werden. Das Evangelium berichtet nur vom leeren Grab.
  • Es hat nicht wenige Versuche gegeben, uns die Botschaft vom leeren Grab auszureden. Ein aufgeklärter, moderner Glaube brauche das nicht oder könne das nicht annehmen. Die Hypothese sei entbehrlich.
  • Das leere Grab ist aber gar nicht der Beweis für den Glauben. Der Glaube kann immer nur aus dem Vertrauen auf den lebendigen Gott rühren. Gottes Treue ist die Basis des Glaubens.

3. Leben

  • Das leere Grab hingegen ist Konsequenz des Glaubens, dass dieser Jesus von Nazareth der verheißene Christus ist. Nicht als abstraktes Prinzip, als Vernünftelei oder mystische Erhebung, sondern real in unserer Welt wirkt sich der Glaube aus.
  • Wer nichts anderes glaubt, als an den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen, für wen die Seele wandert von einem Körper zum anderen, für den hat der konkrete Tag letztlich kein Gewicht mehr. Das Leben des Menschen wird so vernachlässigenswert wie jedes Rädchen im Getriebe des Fortschritts. Ostern verkündet uns, dass das Leben des Einen, dessen Leib am Kreuz geschunden wurde, bei Gott lebt.
    Wie das Volk neu wird, das durch das Meer zieht, befreit aus der Sklaverei. Wie der Mensch neu wird, dessen Leib im Wasser der Taufe Teil dieses Volkes wird, so vollendet sich am ganzen Menschen der Glaube.
  • Nicht nur irgendein abstraktes Prinzip der Seele feiert Ostern, sondern der ganze Mensch. Mit all dem, was wir sind, mit unseren Erfahrungen und unserer Geschichte, mit unserem Weinen und unserem Lachen will Gott eine neue Schöpfung beginnen.
    Bei der Auferweckung Jesu hat Gott den Leib nicht links liegen gelassen, damit wir Ostern feiern können, mit Leib und Seele, mit allen Sinnen und unserer ganzen Lebensgeschichte. Amen.