Predigt zur Hochzeit am 29. Mai 2010 - Mit Vertrauen Neues beginnen
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29. Mai 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Beerdigung
- Als wir mit Adila und Robert diesen Gottesdienstes vorbereitet
haben, sind wir mehrfach an
dem Punkt gewesen, wo wir eine schöne Lesung oder ein schönes Lied
gefunden hatten und
dann gefragt wurde: Aber ist das nicht eigentlich für Beerdigungen. Um
Missverständnisse zu
vermeiden haben wir das dann jeweils wohl weislich weggelassen.
- Dabei wäre das schon originell gewesen. Vor allem aber: So falsch
wäre es nicht gewesen,
denn eine christliche Hochzeit hat etwas mit einer christlichen
Beerdigung gemeinsam, so
erstaunlich das klingen mag.
- Denn erstens hat eine christliche Beerdigung immer auch etwas zu
tun mit dem Beginn neuen
Lebens. Gottes Treue macht nicht halt an dem, was uns die Grenze des
Todes erscheint.
- Zum zweiten aber hat die Ehe etwas mit Beerdigung zu tun, wenn sie
ernst gemeint ist. Wer
mit einem anderen eins werden will, muss bereit sein, seine
Singleexistenz aufzugeben.
Biblisch gesprochen: Der Alte Mensch muss sterben, damit der Neue
auferstehen kann.
- Das klingt wie geistlicher Selbstmord. Ich soll mein Leben
aufgeben, um neues Leben zu
gewinnen. Ich soll in den Tod gehen, um aufzuerstehen. In der Tat ist es
genau genommen das,
was Adila und Robert heute tun, indem sie einander versprechen, künftig
mit dem Anderen eins
sein zu wollen in ihrer Ehe. Ein mutiger Schritt. Ein Schritt, der vor
allem Vertrauen bedeutet
in die Treue des anderen.
2. Vertrauen
- "Mit ganzem Herzen vertrau auf den Herrn" hieß es in der
ersten Lesung, die wir gehört haben.
Der Text war vor allem Adilas erste Wahl. Er stammt aus dem Buch der
Sprüche, einer
Sammlung von Weisheitssprüchen im Alten Testament. "Wohl dem
Menschen, der Weisheit
gefunden, dem Menschen, der Einsicht gewonnen hat. Denn sie zu erwerben
ist besser als
Silber, sie zu gewinnen ist besser als Gold."
- Der Zusammenhang von Weisheit und Gold oder Silber ist der
Zusammenhang von Sterben
und Auferstehen - und von Vertrauen. Wer Weisheit gewinnen will, muss
bereit sein, Gold und
Silber aufzugeben. Ob es dazu kommt, ist im vorhinein nicht zu sagen.
Aber wenn die
Bereitschaft dazu fehlen würde, etwas aufzugeben, dann müsste ich im
Fall der Fälle alles,
wirklich alles tun, um mein "Gold und Silber" zu erhalten - oder
zumindest die Selbsttäuschung
erhalten, ich hätte es. Wenn Gold, Ansehen, Gesundheit, Unabhängigkeit
oder irgend etwas der
höchste Wert ist, dann hat das zur Folge, dass dem höchsten Wert alles
geopfert werden muss.
Gold, Ansehen, Gesundheit und Unabhängigkeit sind hohe Güter. Wir
wünschen sie jedem und
Robert und Adila im Besonderen. Die beiden aber versprechen sich
einander Liebe und Treue
ausdrücklich in Gesundheit und Krankheit, in guten und in
schlechten Tagen. Für sie ist ihre
Treue und Liebe der höchste Wert.
- Das ist die Grundstruktur der Liebe. Die Verliebtheit lebt aus dem
wohligen Gefühl. Das kann
vergehen; es kann - und wird vielleicht auch - passieren, dass man sich
später in eine oder einen
Anderen verliebt. Das ist dann die Nagelprobe: Die beiden versprechen
sich nicht Verliebtheit,
sondern die Liebe, die treu bleibt. Diese Liebe in Treue erst "ist
das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht." Sie baut auf
dem Vertrauen des gegenseitigen Versprechens.
3. Zusage
- Dieses Versprechen ist nicht waghalsig. Es hat einen Grund. In
diesem Versprechen überschätzen sich die beiden nicht. In ihm wird
vielmehr das sichtbar, was der tragende Grund ist.
Das meint Jesus im Evangelium, wenn er seinen Jüngern sagt: "Es gibt
nichts Verborgenes, das
nicht offenbar wird, und nichts Geheimes, das nicht bekannt wird und an
den Tag kommt." Was
in der Ehe von Robert und Adila offenbar werden will, ist die treue
Liebe Gottes zu uns
Menschen. Was in dieser Ehe bekannt werden will, ist die Zusage, die
Gott den beiden in der
Taufe gemacht hat: Ich will euer Gott sein in Treue.
- "Mit ganzem Herzen vertrau auf Gott". Dieser Aufforderung
geht die Zusage voraus: Mit
ganzem Herzen vertraut Gott Euch. Deswegen feiert Ihr Eure Hochzeit als
Sakrament. Das
Heilige Zeichen inmitten der Gemeinschaft der Kirche macht Gott
erfahrbar. Als getaufte
Christen handelt ihr priesterlich: Ihr bringt Gottes Zusage zu uns,
indem ihr einander dieses
Sakrament spendet.
- Heute wird offenbar, dass jeder von Euch zwei alte Menschen zu
Grabe tragen wollt, um einen
neuen lebendig werden zu lassen. Es ist die fröhlichste Beerdigung, die
wir uns vorstellen
können. Jeden Tag könnt Ihr vertrauensvoll etwas aufgeben, die eine
mehr, der andere weniger,
weil ihr dabei nichts verliert, sondern zusammen unendlich mehr gewinnt.
Vertraut auf die
Zusage, die Gott Euch in der Taufe gegeben hat und in dieser Feier durch
seinen Segen
erneuert. Vertraut auf die Zusage, die Ihr einander gebt. Es lohnt sich.
Amen.