Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zur Hochzeit - Neue Zukunft ereignet sich

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19. Juli 2014 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Was heute geschieht

  • "Ihr seid das Salz ... Ihr seid das Licht." Jesus bringt das nicht als Vorschlag: Und jetzt, hättet Ihr Lust ein wenig Salz oder Licht zu sein? Er stellt auch kein Gebot auf: René, Karen, jetzt seid ihr verheiratet, nun aber mal hopp, hopp, Ihr müsst jetzt Salz und Licht sein! Vielmehr hat das, was Jesus hier zu Beginn der Bergpredigt seinen Freunden und Jüngern sagt den Charakter einer nüchternen Feststellung: So wenig wie Salz aufhört der Suppe Geschmack zu geben, so wenig wie ein Licht verborgen bleiben kann, so wenig könnt Ihr nun irgendetwas anderes sein, als Licht der Welt und Salz der Erde.
  • Die Brautleute haben sich das Evangelium ausgesucht, weil die Bilder, die Jesus benutzt, sie unmittelbar angesprochen haben. Es war vermutlich mehr Gefühl aus dem Bauch als analytische Überlegung. Das ist ja auch der Grund, warum Jesus gerne in Bildern und Gleichnissen spricht, weil dadurch das, was er sagen will, über die Zeiten hinweg lebendig ist. Diese Bilder fangen dann an zu sprechen, wenn sie mit dem Leben in Berührung kommen. Die ganze Bibel wird erst dann lebendig, wenn sie in der Gemeinschaft der Kirche und im Leben der Christen in Berührung gebracht wird mit dem, was uns bewegt. Und was Karen und René bewegt, ist allzu deutlich. "Für immer und Dich" zitieren sie Rio Reiser und scheuen sich auch sonst nicht, die Kitschgrenze zu schrammen.
    Was immer Bilder und Gedanken heute gelesen, gesprochen und gesungen werden, sie drehen sich um das, was das heutige Ereignis möglich macht, dass diese beiden in Liebe zu einander gefunden haben und ihr Leben mit einander teilen wollen. "Für immer und Dich"
  • Aber, wie gesagt, das ist jetzt öffentlich wie eine Stadt auf des Berges Gipfel. Was jetzt geschieht ist nicht mehr rückgängig zu machen, ganz so wie Salz, das einmal in der Suppe gelandet ist. Jesus platziert keine Aufforderung, sondern sagt seinen Jüngern, was mit ihnen geschehen ist, allein dadurch, dass sie sich auf einen Weg eingelassen haben, der mit ihm, Jesus, zu tun hat.
    Und weil Karen und René die Berufung der Taufe, die sie als Sakrament empfangen haben, heute in einem Gottesdienst als Sakrament der Ehe konkret werden lassen, gilt das, was Jesus im Evangelium gesagt hat, jetzt nicht nur allgemein für die beiden wie für jeden Getauften, sondern ganz konkret für ihre Liebe, die heute zu einer Ehe wird, vor der Öffentlichkeit Gottes, des Himmels und der Menschen, die hier gegenwärtig sind - und damit vor der ganzen von Gott geschaffenen Welt.
    Die beiden lieben sich schon lange, heute macht Gott daraus eine Zukunft, an der wir teilhaben, weil Karen und René uns dazu eingeladen haben.

2. Licht kraft der Taufe

  • Um das besser zu verstehen, hilft es genauer anzuschauen, was die Taufe bedeutet. Das ist bei Karen länger her als bei René. Aber für beide ist es die entscheidende Grundlage dafür, heute ihre Ehe nicht nur als juristisches Konstrukt beim Standesamt, sondern als Sakrament zu feiern. In der Taufe hat Gott die beiden als Gotteskinder angenommen und ihnen seinen ganz besonderen Segen geschenkt.
  • Gott tut dies, nicht weil sie besser sind als andere, sondern weil Gott durch Menschen sichtbar und erfahrbar werden will. Gott selbst ist immer und in jedem Augenblick Urgrund und Schöpfer der Welt. Er ist größer als alles, weil er der Ursprung von allem ist. Aber die Bibel bezeugt den Glauben der Juden und Christen, dass dieser Gott, unnahbares Geheimnis, erfahrbar wird im Leben von Menschen und in der Geschichte des Volkes Gottes. Das ist der Hintergrund, wenn Jesus damals das kleine Häufchen seiner Jünger zu sich ruft, ihnen sagt, dass sie etwas ganz Besonderes sind ("Selig seid ihr...."), und dann anfügt: "Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben."
  • Wenn René und Karen heute hier vor der Öffentlichkeit dieser Hochzeitsgemeinde, und damit vor der Öffentlichkeit der ganzen weltweiten Gemeinschaft der Kirche aller Getauften, und auch der Heiligen und der Engel im Himmel heiraten, dann drückt sich damit das Zutrauen Gottes aus: Was diese beiden zu einander geführt hat, was sie füreinander bedeuten und was sie einander schenken wollen, das ist ein Licht, das uns allen leuchtet.
    Ich sage das weder, um den beiden Angst zu machen, noch weil ich sie für perfekter halte als sie sind. Das waren weder die Jünger Jesu damals noch sind es die Christen heute. Ich sage das, weil ich die Zuversicht habe, dass es nicht von uns, sondern allein von Gott abhängt, dass nicht nur die gelungenen und guten Tage, sondern gerade auch die mühseligen und schweren Tage zum Licht werden können und zum Salz, wenn sie nur in der treuen Liebe gelebt werden, die heute grundgelegt wird.

3. Und Gott im Himmel preisen

  • Die Liebe von René und Karen ist etwas ganz intimes. Das soll sie bleiben dürfen. Nur wenn die beiden ehrfurchtsvoll das Geheimnis wahren, das sie nicht nur für uns, sondern auch für einander sind, nur dann wird die Ehe nicht zur banalen Zweckgemeinschaft. Nur wenn die beiden nicht verlernen über den Funken Gottes, der in ihnen wohnt, immer wieder zu staunen und sich in diesen ganz besonderen Momenten aus der Alltäglichkeit reißen zu lassen, nur dann wird das Licht, das die beiden sind, nicht aufhören zu leuchten.
  • Dann aber wird der letzte Satz wichtig, der das Stück aus der Bergpredigt beschließt, das wir als Evangelium gehört haben: "So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen."
    Es ist ganz und gar das Licht, das von Euch beiden ausstrahlt. Und dennoch geht es dabei nicht um Euch beide. Es kommt vielmehr die ganze Schönheit und Würde Eurer Ehe dadurch zum Ausdruck, dass Menschen durch Euch anfangen, etwas davon zu ahnen, dass Gott unter uns wirksam ist, und sie beginnen "euren Vater im Himmel preisen."
  • Sagt einander daher mit Zuversicht und Gelassenheit das Versprechen der Treue. Diese Treue verwandelt alle Gefühle, die Ihr für einander habt, zu dem Licht, das Euch leuchtet, in guten und in schweren Zeiten, in Gesundheit und Krankheit.
    Die Taufkerze von René wird heute als Eure Hochzeitskerze neu entzündet. Sie soll das Zeichen sein, dass ihr berufen seid zum Licht für einander und zum Licht für andere. Amen.