Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zur Hochzeit - entspannt heiraten

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10. September 2011 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Entspannt

  • Wir feiern vergleichsweise viele Hochzeiten am Kleinen Michel. Von daher will es etwas heißen, wenn ich feststelle: Raluca und Patrick sind definitiv das entspannteste Hochzeitspaar des Jahres - wenn auch nicht gerade jetzt im Augenblick, so doch was die Vorbereitung dieses Tages anbelangt. Dabei ist ihnen diese Feier keineswegs unwichtig. Sie machen sich nur nicht so verrückt wie viele Paare, die sich Monate lang Stress machen oder gar sündhaft teure Hochzeitsmanager engagieren. Unser Brautpaar hat sich sehr auf heute gefreut und ihnen ist dieser Schritt wichtig; sie meinen es ernst. Aber das muss doch nicht bedeuten, dass man sich deswegen verrückt macht.
  • Daher erstaunt es mich überhaupt nicht, dass die beiden sich genau dieses Evangelium ausgesucht haben: "Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt". Wahrscheinlich sind die Eltern von vier Töchtern schon allein finanziell auf dieses Programm angewiesen: "Seht euch die Lilien an: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen."
  • Jesus meint nicht, uns solle alles egal sein, im Gegenteil. Nur, wir machen uns das Leben unnötig schwer, wenn wir die falschen Dinge für das Wichtigste erklären, dabei aber nicht mehr zu dem kommen, was wirklich trägt: uns soll es "um sein Reich gehen; dann wird uns das andere dazugegeben".
    "Sein Reich" besteht einerseits aus guten, liebevollen Beziehungen zu den Menschen, die sich ihm anschließen, und andererseits aus der liebenden Sorge um die Menschen, die in Not sind und uns brauchen. Wer meint, alleine die Welt retten zu müssen, und wer am Helfersyndrom leidet, hat nicht verstanden, dass die Gemeinschaft für Jesus und sein Reich ganz zentral ist. Zusammen mit anderen Menschen schenkt Gott uns das Vertrauen und die Kraft, nicht ängstlich bei den Alltagssorgen hängen zu bleiben, sondern aus dem Vertrauen zu leben

2. Vertrauen

  • Oft schon habe ich es erlebt: Menschen schildern mir ihre Probleme in Partnerschaften, in der Familie, mit Freunden oder im Beruf. Als Priester ist es meine Aufgabe zuzuhören. Ich höre zu, aber es fällt manchmal von außen ziemlich schwer zu sehen, warum da ein so großes Problem sein soll. Dann habe ich das Gefühl, dass manche Leute sich vor allem selbst im Weg stehen. Wo sich Auswege zeigen, kommen nur neue Zweifel und Probleme hoch. Ich stehe daneben und komme mir hilflos vor.
  • Ich habe in solchen Situationen den Eindruck, es ist nicht das 'objektive Problem' (wenn es denn so etwas 'objektiv' überhaupt gibt), sondern es sind auch die Menschen, die sich das eigene Leben schwer machen. Genauer gesagt: Manchen Menschen ist durch Lebenserfahrungen und -enttäuschungen die Fähigkeit genommen worden, ihre Probleme und vielleicht auch sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Ihre ursprüngliche Gabe zu vertrauen ist ihnen genommen worden.
  • Feste wie diese Hochzeit sind da ein Geschenk. Raluca und Patrick laden dazu ein, den Alltag nicht wichtiger zu nehmen als nötig, miteinander zu feiern und die Seele baumeln zu lassen. Das vertrauensvolle Versprechen, das die beiden einander geben werden, wollen sie einander öffentlich vor uns allen geben. Es ist ihr Geschenk für uns. Sie vertrauen ihrem Gott und vertrauen einander.

3. Aufbrechen

  • Ich bin mir sicher: Ich kann keinen Menschen ändern. Wer versuchen würde, eine Beziehung darauf aufzubauen, dass es gelingt den anderen zu verändern, der wird fast zwangsläufig frustriert. Ändern kann ich bestenfalls mich.
  • Da aber kommt der andere sehr wohl in's Spiel. Ich kann mir durch andere helfen lassen, mich zu verändern: großzügiger zu werden, eher mal Vertrauen zu haben, liebesfähiger zu werden. Ich kann mich fragen und in Frage stellen lassen und entdecken, ob ich vielleicht mein Herz an unsicherer Stelle festgemacht habe. Ja, ich kann mir durch andere den vertrauensvollen Glauben an Gott schenken lassen.
  • Denn Gott schenkt uns den Glauben immer durch andere, durch unsere Großeltern oder Eltern, aber auch durch unsere Kinder oder Freunde, manchmal sogar durch Menschen, denen wir nur zufällig begegnen, die uns aber auf die Spur bringen. Es braucht den Anstoß durch andere. Dann aber kann ich mich selbst auf die Suche und auf den Weg machen, diesen Gott zu entdecken und im Umgang mit ihm Vertrauen zu lernen.
    Ein wenig seid Ihr Raluca und Patrick, heute für uns dieser Anstoß. Euer Vertrauen hat etwas Ansteckendes, wie die Freude, die Ihr ausstrahlt. Da scheint etwas durch, das Ihr geschenkt bekommen habt und das Ihr einander weiter schenkt. Da können wir ahnen, dass es einen guten Vater im Himmel gibt, auf den wir hier auf Erden bauen können. Amen.