Predigt zur Hochzeit - Freundschaft Gottes
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29. Juni 2013 - Wallfahrtsbasilika Kevelaer
1. Gottes Freunde
- "Liebt einander!", schließt das Evangelium. Als ob Amelie und Felix diese Ermahnung nötig
hätten. Hätten wir einen Text ausgesucht, der passgenau Ratschläge für diesen Anlass, diesen Ort
und diese Stunde bereit hält, dann wären wir auch fündig geworden. Aber dann hätte es geheißen:
"Sorgt euch nicht, was sollen wir essen, was sollen wir trinken, was sollen wir anziehen....".
- "Liebt einander!", das steht heute nicht als Ermahnung unseres Paares, sondern weil sie durch
diesen Text aus dem Johannesevangelium etwas ausgedrückt sehen, was ihnen für das, was sie
heute hier feiern und vollziehen und wozu sie uns eingeladen haben, ganz wichtig ist. Der Satz
steht daher auch nicht isoliert, sondern als Abschluss einer Zusage: "Ihr seid meine Freunde".
Diesen Satz spricht Jesus am Abend vor seinem Tod. Es ist also sein Testament. Jesus aber ist die
Offenbarung Gottes: In ihm zeigt uns Gott, wie er ist. Es ist also Gott selbst, der den Jüngern im
Abendmahlssaal sagt: "Ihr seid meine Freunde".
- Das ist vielleicht der Kern der ganzen Bibel: Dass der allmächtige, ewige, unbegreifliche Gott uns
in seiner Barmherzigkeit so nahe kommt, dass wir uns als seine Freunde erleben dürfen. Nicht als
Sklaven eines göttlichen Gesetzes und nicht in Furcht vor Strafen vom Himmel sollen wir leben.
Vielmehr bietet uns Gott seine Freundschaft als Fundament an, um das eine zu können und zu
leben, was wirklich zählt: "Liebt einander!".
- Die Liebe von Amelie und Felix ist in dieser Liebe mit gemeint. Aber so wie die Ehe als Sakrament
über sich hinaus strahlt, Frucht bringt als Familie, in der Sorge für Arme, in der Gastfreundschaft,
in der Verantwortung für diese Welt und die Kirche in ihr - so strahlt die Liebe der Brautleute
durch das Evangelium, das die beiden uns ausgesucht haben, über sie hinaus. Wir alle sollen uns
aufmachen und dieses Fundament entdecken, diese Freundschaft Gottes, die fähig macht, einem
jeden Menschen mit respektvoller, dienender Liebe zu begegnen.
2. Die eine Freundschaft
- Das Stichwort Freundschaft hat die beiden zur Lesung geführt, die wir zuvor aus dem Buch Jesus
Sirach gehört haben. Diese Schrift ist etwa 200 Jahre vor dem Evangelium entstanden. In Zeiten
des Umbruchs und des kulturellen Aufbruchs trägt darin ein jüdischer Schriftgelehrter Gedanken
zusammen, die ganz in der Heiligen Schrift wurzeln; er zeigt damit, dass der Glaube an Gott nicht
nur mit der Philosophie der Zeit mithalten kann, sondern Wesentliches dazu beizutragen hat.
- Und ein wichtiges Thema der griechisch geprägten Philosophie dieser Zeit war eben 'Freundschaft'.
Für gläubige Menschen geht es dabei nicht nur um Geschäftsfreunde oder darum, wie die antiken
Athener mit anderen sklavenhaltenden Männern tiefsinnig philosophierend über den Marktplatz
gehen zu können. Vielmehr ist für gläubige Menschen Freundschaft untrennbar damit verbunden,
in welchem Verhältnis wir zu Gott stehen.
- Den ersten Gedanken aus der Lesung kann man dann so lesen: Wenn ich Gott zu meinem Freund
machen will - und so die Freundschaft annehmen, die Gott mir anbietet - dann kann ich das nicht
einfach anderen Freundschaften hinzufügen. Die Freundschaft mit Gott kann nicht eine unter
vielen, sondern nur die Grundlage aller anderen sein.
Deswegen ist die Ehe auch ein Sakrament des Bundes, weil hier nicht eine Beziehung anderen
hinzugefügt wird, sondern Ihr beide Euren Bund zur Grundlage aller anderen Beziehungen und
Freundschaften machen wollt.
3. Erprobung und Gottesfurcht
- Der zweite Gedanke wird in der Lesung breit entfaltet, war den beiden Brautleuten aber erklärter
Maßen auch etwas unangenehm: Erprobung. Denn sie wollen ja keine Ehe auf Probe, sondern das
unbedingte "Ja" zueinander sprechen. Doch vielleicht hatten die letzten Jahre ihrer Beziehung dann
doch so etwas wie eine Probe.
- In Bezug auf Gott kommt aber etwas anderes hinzu: Die Bibel ist
überzeugt, und die Glaubenserfahrung bestätigt es, dass Gott uns in
aller Freundschaft Erprobungen zutraut. Wo wir im 'Vater
Unser' "Versuchung" sagen, da ist eigentlich solche Erprobung gemeint. Denn es fällt nicht leicht,
wenn Gott einen Menschen auf die Probe stellt, wenn der Glaube auf einmal hart wird und das
Beten schwer fällt, wenn Fragen kommen und die Dunkelheit der Nächte länger ist als das Licht der
Tage. "Vater Unser, führe uns nicht in die Erprobung!"
Wo es doch geschieht, da führt Gott uns zu der radikalen Frage, worum es uns in der Freundschaft
geht. Ob wir auf die Freundschaft zu Gott schnell verzichten, wenn Gott nicht mehr den erwünschten 'output' an glücklichen Tagen in ungetrübter Selbstsicherheit liefert. Oder ob wir Gott lieben,
weil er Gott ist, nicht wegen des benefit, den der Glaube manchmal mit sich bringt.
- Auch hier wieder ist Eure Ehe ein Sakrament der Freundschaft Gottes mit uns. Wir wünschen Euch
gute Tage, Glück und Gesundheit. Euer Bund aber ist nicht auf Widerruf, dass Ihr vorhabt eine
bessere Partie zu suchen, sobald es schwer wird. Vielmehr versprecht Ihr Euch ausdrücklich einen
Bund in guten und schweren Tagen, in Gesundheit und Krankheit. Wir, die wir dabei sind, beten
dass Gott euch nicht in solche Erprobung Eurer Ehe führen mag. Aber wenn er es tut, bin ich mir
sicher, wird er Euch damit einen Weg zeigen zu erkennen, wie viel mehr wert Ihr einander seid als
jede Nutzenrechnung je ermessen kann.
- So schließe ich mit dem letzten Gedanken der von Amelie und Felix ausgesuchten Lesung, der
Gottesfurcht. Das Wort mag merkwürdig klingen, als müssten wir uns vor Gott fürchten. Das
Gegenteil ist gemeint. Die Gottesfurcht befreit von Menschenfurcht. Das Wissen und Ahnen der
Größe Gottes kann deswegen Eure ganze Ehe tragen. Denn dieser Gott lädt Euch heute ein, Euren
Bund auf seinen Bund, Eure Freundschaft auf seine Freundschaft zu bauen. Nicht ein Dritter ist er
in Eurem Bund und Eurer Freundschaft, sondern der Grund, der alles durchdringt, der alles trägt
und allein Euch die Kraft geben kann zu der Liebe, die Jesus uns aufgetragen hat. Amen.