Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Herz Jesu (Lesejahr A) (Dtn/1Joh/Mt))

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6. September 2014 (Nacht der Kirchen: "beherzt!") - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Lächerlichkeit

"Nicht weil ihr zahlreicher als die anderen Völker wäret, hat euch der Herr ins Herz geschlossen und ausgewählt; ihr seid das kleinste unter allen Völkern."

  • Über Liebe können sich Außenstehende immer leicht lustig machen. Mit Distanz betrachtet wirkt Liebe immer unproportional. Warum um alles in der Welt so viel Aufhebens um einen Menschen, der doch auch nicht besser ist, als andere?
    Dagegen ist das Schöne an Verliebten, dass sie sich nicht zu sehr um ihre Umgebung scheren; sie sind ganz im Augenblick und nur noch füreinander da.
  • Daran zeigt sich auch Gottes Liebe, dass sie unproportional ist. Sie nimmt nicht Maß an irgendwelcher 'objektiver' Größe oder Bedeutung der von ihm geliebten Schöpfung und des von ihm zur Braut auserwählten Volkes. Liebe nimmt nur Maß an der verschwenderischen Maßlosigkeit von Liebe selbst. Von außen gesehen kann man das sehr leicht lächerlich machen.
  • Das gilt in besonderer Weise für das Bild, in der die christliche Mystik, die Gottesminne, die Liebe Gottes schaut: Im Herzen Jesu. Es ist kein Problem, es lächerlich zu machen. Da ist das schutzlos dargereichte Herz des Erlösers, brennend von Liebe zeigt es die ganze Wehrlosigkeit der Liebe Gottes. Nüchtern kunsthistorisch ist das Meiste nur Kitsch. Objektiv ist das kaum zu leugnen. Aber solche Objektivität hat nie begriffen, was echte Liebe ist.

2. Transparenz

" Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen."

  • Der zynische Spötter über die Liebe hat die Realität auf seiner Seite. Er gehört zu den Weisen und Klugen, denn er sieht, was in seinen Augen nicht nur die Verliebtheit, sondern jede Liebe verkennt. Der Spötter weiß schon beim abendlichen Kerzendinner vom Mundgeruch am nächsten Morgen. Er mag mit Milde auf die Liebe schauen, aber er fühlt sich wissend, dass es am Ende doch nicht hinhaut.
  • Es stimmt, dass die Liebe Vergängliches liebt. Das jedoch macht sie nicht lächerlich, das macht vielmehr ihre Würde und Schönheit aus. After-Liebe sieht das andere nur als Wunschobjekt, um es zu benutzen und wegzuwerfen, sobald es den erwarteten Nutzen nicht mehr bringt. Echte Liebe weiß, dass der Geliebte wie ich selbst vergänglich ist. Es ist aber auch Geschöpf, Geschöpf Gottes. Und gerade darum darf ich einen Menschen lieben und verehren, weil im Geschöpf der Schöpfer sichtbar wird. Echte Liebe ist transparent für die Liebe Gottes.
  • In der Menschwerdung hat Gott selbst die Vergänglichkeit angenommen. Das Herz des Erlösers ist die Mitte der Begegnung von Gott und Geschöpf. Jesus ist sozusagen ganz transparent für Gott, eines Wesens mit dem Vater. Sein Herz zeigt uns in der Vergänglichkeit eines Menschen die unvergängliche Barmherzigkeit Gottes.

3. Sühne

"Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat."

  • Unsere Vergänglichkeit darf nicht romantisch verklärt werden. Gerade wer sich auf das Wagnis menschlicher Liebe einlässt, wird auch mit der Schuld konfrontiert, mit der wir uns belasten. Vielleicht ist es überhaupt ein Zeichen der Liebe, dass sie die Schuld und das Unrecht nicht verdrängt und leugnet, sondern annimmt und erleidet.
  • Die Bilder, in denen Jesus uns sein brennendes Herz zeigt, verleugnen nicht die Wunden. Sie zeigen auch die Wundmale des Herrn und oft wird das von Liebe brennende Herz mit der Dornenkrone gezeigt. Diese Schau der göttlichen Barmherzigkeit geht also am Leid der Menschen nicht vorbei, sondern nimmt sie an. Dabei ist der Mensch im Blick, der schuldig geworden ist; Ich als Betrachter des Bildes, darf mir angesichts der Liebe Gottes der Barmherzigkeit Gottes bewusst werden. Und diese Barmherzigkeit - das verkündet Jesus immer und immer wieder - bedeutet vor allem, dass Gott die Schuld vergibt und uns dabei einlädt, einander zu vergeben. Hier wird nichts als angeblich 'allzu menschlich' verharmlost, aber zugleich der allzu göttliche Weg der Vergebung begonnen.
  • Das Wort von der Sühne hat hier seine Bedeutung. Sühne bedeutet, eine Antwort auf die Barmherzigkeit geben zu dürfen. Das Ziel der Sühne ist die Verwandlung der Schuld in Liebe. Das Herz Jesu ist dabei der Weg, auf dem wir an dieser Verwandlung teilhaben dürfen. Gott selbst, sagt uns das Bild, hat die Folgen von menschlicher Schuld und Ungerechtigkeit am eigenen Herzen angenommen. Komm mit, sagt uns das Bild, und gehe den Weg mit dem Erlöser, indem du nun auch selbst Schritte der Liebe gehst. Bring deine Liebe, bring deine Dankbarkeit, bring dich selbst als Opfer dar, das sich ganz Gott anvertraut, der alles verwandeln kann. Amen.