Predigt zu Gründonnerstag 2000
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20. April 2000 - Mariä Himmelfahrt Slavgorod (Altai/Sibirien)
1. Hoher Besuch
- Lassen Sie mich eine Schauergeschichte für Hausfrauen erzählen:
Stellen Sie sich vor, unser Herr Jesus käme persönlich zu Besuch
und Sie wussten nichts davon. Wie immer hat jemand vergessen, die
Hausfrau
zu unterrichten, wenn Besuch kommt. Und hier kommt nicht irgendein
Besuch
aus der Nachbarschaft, hier kommt hoher Besuch. Hier kommt nicht
irgendein
hoher Besuch, hier kommt unserer Herr Jesus Christus, Gottes Sohn.
Zu Besuch.
Zu Ihnen. Und nichts ist vorbereitet!
Was hätten Sie nicht alles getan, wenn Sie das früher gewusst hätten.
Was stünde zu essen auf dem Tisch? Was wäre
noch einmal geputzt und umgeräumt worden? Wie hätten Sie das Zimmer
hergerichtet und geschmückt? - Es muss schon
ein in Theorie ergrauter Theologe sein, der sich lieblos zuredet, Jesus
sei doch unser aller Bruder und für den müsse man
keinen Aufwand treiben.
- Es kommt noch schlimmer! Stellen Sie sich vor: Nicht nur kommt
unser Herr Jesus Christus zu Besuch, ohne dass Sie
etwas vorbereitet hätten. Sondern: Er setzt sich nicht hin und bleibt
sitzen, um sich von ihnen bedienen zu lassen. Nein,
plötzlich steht er auf, geht in die Kammer, holt den Besen hervor und
beginnt zu putzen. Freundlich, wie wir ihn kennen,
aber bestimmt, putzt er Ihnen die Wohnung.
- Dabei hatten Sie bisher darauf geachtet, dass er so sitzt, dass er
die schmutzigen Stellen nicht sieht und nicht
mitbekommt, wo der Putz schon etwas bröckelt. Sie hatten gehofft, durch
überschäumende Freundlichkeit den Mangel an
Vorbereitung wett machen zu können. Jetzt aber, mit dem Besen in der
Hand, sieht Jesus genau, wo der Staub seit Jahren
liegt und wo unser Heim alles andere als gepflegt ist.
2. Der Widerstand des Petrus
- Jede rechte Hausfrauenseele(1)
braucht nur diese Schreckensgeschichte zu hören, um den Hl. Petrus so
recht zu verstehen,
der es nicht zulassen will, dass Jesus ihm die Füße wäscht. Die vom
Staub der Straße schmutzigen Füße hält man dem
Herrn nicht entgegen, lässt ihn den Schmutz nicht waschen, den
Sklavendienst nicht tun.
- Es ist merkwürdig. Die Menschen haben nach meiner Erfahrung nichts
dagegen, wenn die einen weiter oben und die
anderen weiter unten sind. Keiner möchte unten sein, zumindest nicht
ganz unten. Jeder bemüht sicht festzustellen, dass
es noch jemanden gibt, der weiter unten ist, dann stört es auch nicht,
dass andere weiter oben sind. Das Prinzip "Dem
Chef wird gehorcht!" ist uns wichtig, weil und wenn wir andere haben,
denen wir übergeordnet und überlegen sind. Die
Welt soll ihre Ordnung haben. Oben bleibt oben und unten bleibt unten.
- Man muss den Widerstand des Petrus verstehen. "Ihr nennt mich
Herr und Meister", bestätigt ihm Jesus, und Jesus ist
Herr und Meister. Und Petrus wird nichts dagegen einzuwenden haben, denn
schließlich ist er zum Felsen der Kirche
dieses Herrn auserwählt worden. Keine unbedeutende Position in der
Ordnung der Welt! Daher der Widerstand, wenn
nicht irgend jemand, sondern der Herr, wenn Gott selbst die
gottgefällige Ordnung des Oben und Unten durcheinander
bringt und beginnt, seinen Jüngern die Füße zu waschen.
3. Den Niedrigen dienen
- "Ihr sagt zu mir Meister und Herr, und ihr nennt mich mit
Recht so;
denn ich bin es." Jesus bringt nicht Oben und Unten
durcheinander. Er
tut nicht so, als sei zwischen Gott und Mensch, zwischen dem Meister
und dem
Jünger kein Unterschied. Wohl aber bringt Jesus unser Bild von dem
durcheinander,
was dem "oben" und was dem "unten" zukommt. Denn das, was wir als
niedrige
Arbeit und als Sklavendienst ansehen, das nimmt Jesus für sich, den
Meister
in Anspruch. Das, was für uns nur als Arbeit des Niedrigeren für
den Höheren denkbar ist, dreht Jesus um. Wir sollen dem anderen
nicht
dienen, weil er mächtiger oder reicher ist. Es ist im Reich Gottes
kein
Zeichen der Niedrigkeit dem anderen zu dienen, sondern ein Zeichen
der Gottesähnlichkeit!
- "Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen
habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe
euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an
euch gehandelt
habe. " Jesus lässt keinen Zweifel daran, dass das, was er im
Abendmahlssaal
getan hat maßgebend ist für uns in der Kirche und als Christen.
Wenn ich in der Kirche nur groß daherreden und nicht konkret dienen
will, habe ich die Kirche Christi schon verlassen. Wahrscheinlich
gibt es
auch in der Gemeinde "die anderen" oder "den anderen", denen ich
mich überlegen
fühle - und nicht merke, dass genau hier mein Dienst beginnen
sollte,
will ich Christus verbunden sein.
- Zum Glück ist die Fußwaschung nicht eine beliebige Illustration
einer nackten Theorie, sondern brennpunktartig ein Blick darauf, was
Jesus
in Bezug auf seine Kirche und Gott in bezug auf seine Schöpfung zu
eigen
ist.
Gott ist derjenige, der uns mit seiner Hingabe und Liebe dienen
will. Gott
ist derjenige, dem wir unsere schwachen, ja selbst unsere
unansehnlichsten
Seiten hinhalten dürfen, damit er heilt und reinigt. Es ist das
Gesetz
seines Bundes mit uns, dass er uns liebt und uns mit seinem eigenen
Leben,
mit Fleisch und Blut, am Leben hält. Daher können wir auch mit
Petrus
den Widerstand gegen Gott aufgeben und uns die innige Verbindung mit
Gott
wünschen, die er uns anbietet. Im Brot das wir brechen wird er
selbst
gegenwärtig und schenkt sich uns. Amen.