Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Erscheinung des Herrn, Dreikönig 2015 (Jesaja)

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6. Januar 2015 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Kleine Lichter

  • Von jemandem zu sagen, dass er - oder sie - ein 'kleines Licht' sei, gilt gemeinhin nicht als Kompliment. Es ist nur ein mäßig netter gesagt als jemand sei 'minder bemittelt'. Auch unter einem 'Armleuchter' hat man sich kein großes Licht vorzustellen. Ob man es mehr oder weniger nett sagt, das dahinter stehende Urteil ist wenig schmeichelhaft. Es handelt sich um eine Beleidigung.
  • Dennoch will es mir scheinen, als sei das Gegenteil auch gar nicht so erstrebenswert wie es auf den ersten Blick aussieht. Zwar will so mancher danach streben ein großes Licht zu sein. Aber große Lichter fallen auf. Und da überlegt man es sich schon zwei Mal. Zwar, wenn es um die Karriere oder gesellschaftliches Ansehen geht, wird schon jeder gerne strahlend da stehen wollen. Aber in anderen Dingen halten wir unser Licht lieber unter dem Scheffel.
  • Selbst wenn uns in religiösen Dingen so viel Weisheit und Glaubenskraft gegeben sein sollte wie dem Heiligen Paulus. So wie er über den Glauben sprechen, fällt schwer. Mit dem Glauben an Jesus Christus auffallen, den eigenen Glauben als Licht zu verstehen - für die anderen oder gar "die Welt": das denn doch lieber nicht.

2. Über dir erstrahlt der Herr

  • "Auf, werde Licht, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir." Mit diesem Ruf setzt die erste Lesung aus dem Buch Jesaja ein. Der Grundton des Textes ist Freude. Es ist ein Zuruf voll Hoffnung. Aber auch tückisch. Ja, aus diesem Zuruf spricht der Glaube, dass Gott sich dem Volk Israel offenbart, das Volk rettet aus der Knechtschaft und sein Licht über der Stadt Jerusalem aufscheinen lässt. Aber dieser Zuruf mutet halt auch die Auffälligkeit zu. Das Volk Gottes soll vor allen Völkern als Licht leuchten. Es soll zugeben, dass Gott es erwählt hat.
  • Das ist peinlich. Uns soll Gott erwählt haben "vor" allen anderen Völkern? In der doppelten Bedeutung des Wortes "vor"?
    Diese Erwählung beinhaltet zu viel der Ehre als wir tragen wollen. Denn wenn das Volk Israel als erstes "vor" allen anderen Völkern berufen wurde, um selbst Licht zu sein im Angesicht und "vor" allen Völkern, dann ist es nicht mehr möglich mit dem Glauben zu privatisieren.
  • Die Magier aus den Völkern kommen nach Jerusalem auf der Suche nach dem göttlichen König. Herodes hat den rechten Machtinstinkt, um die Bedeutung der Frage zu erkennen. Aber er weiß nichts über den Messias. Er lässt "alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich", und siehe da: Diese wissen genau Bescheid. Aber offensichtlich ist ihnen der Stern, der nach Betlehem führt, nicht wichtig genug, um selbst aktiv zu werden. Es bleibt den Weisen aus den anderen Völkern überlassen, weiterzuziehen bis zu dem Kind in der Krippe.

3. Die Herrlichkeit des Herrn

  • Die Magier sind auf anderem Weg nach Hause zurück gekehrt. Kein Licht in Jerusalem, nur ein angstbesessener Tyrann Herodes. Diejenigen, die um Gott wissen, sind kein Licht für die anderen. Sie pflegen ihre Weisheit und ihren Tempelkult, aber sie erkennen den Messias Gottes nicht. Noch viel weniger machen sie sich selbst auf den Weg, um Gaben an die Krippe zu bringen.
  • Für das Matthäusevangelium ist die Erzählung von den Weisen aus dem Osten eine Schilderung dafür, dass gerade die religiösen Führer des Judentums ihren Heiland nicht erkannt haben. Aber schon Paulus warnt davor, sich über die Juden von damals moralisch zu erheben. Zu sehr ähnelt das, was da beschrieben wird, der Kirche von heute. Vom Haupt bis zu den Gliedern sind wir zu selbst mit uns selbst beschäftigt, sind zu sehr damit beschäftigt unsere eigene Unsicherheit im Glauben zu bemitleiden, den Glauben lieber privat für uns zu behalten oder, wenn es um Priester geht und um berufsmäßige Theologen geht damit beschäftigt, den Betrieb am Laufen zu halten. Es bleibt den Weisen aus den anderen Völkern überlassen weiterzuziehen bis zu dem Kind in der Krippe.
  • "Auf, werde Licht, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir." Der Ruf gilt uns allen. Nicht unser eigenes Licht geht auf, sondern zuerst und zunächst das Licht Gottes. Wir haben einen Schatz in den Heiligen Schriften und in der Gemeinschaft der Kirche. Die "Herrlichkeit des Herrn" ist uns geschenkt - und wir schämen uns halb dafür, statt uns darüber zu freuen und diese Freude ausstrahlen zu lassen. Für alle Völker. Amen.