Predigt zum Sonntag Christkönig Lesejahr C 2013 (2. Buch Samuel)
Zurück zur Übersicht von: Sonntag Christkönig Lesejahr C
24. November 2013 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Neusucht
- Es ist fast tragisch: je schneller wir uns bewegen, desto langsamer kommen wir zum Ziel. Es sind nicht
die langsamen zielgerichteten Bewegung eines Brust oder Kraulschwimmers, es gleicht vielmehr der
Hektik eines Menschen, der heftig strampelt, um nicht unterzugehen.
- Ein entscheidender Treibstoff dieser Hektik scheint Information zu sein. Auch früher gab es die Gier
nach Neuem, die Neugier, das Spiel mit den Informationen, die der eine hat, der sich wichtig tut, indem
er es dem anderen zuflüstert. Information (und Lüge) waren immer schon eine Währung der Macht.
- Heute scheint aus der Neugier eine Neusucht geworden zu sein. Es wird zunehmend ein Teil unserer
Kultur, ständig online zu sein, um keine Nachricht zu verpassen. Wer schon mal versucht hat, bei
Veranstaltungen mit Jugendlichen auch nur für Stunden ein "Handy-aus" durchzusetzen, wird wissen,
was gemeint ist. Das aber findet vor dem Hintergrund einer historisch nicht gekannten Flut von
Informationen statt, die durch ihre schiere Masse die Frage nach ihrer Bedeutung ersticken.
2. Der Tag
- "Seht, der Tag kommt!" ruft der Prophet Maleachi. Die Christen haben diese kleine Schrift an das Ende
des Alten Testamentes gesetzt, weil darin ein für Jesus Christus wichtiges Motiv liegt. Die Welt dreht
sich nicht immer und immer weiter, in ewig gleich bleibender Bedeutungslosigkeit. Vielmehr wird, so
wie das Leben eines jeden Einzelnen, so auch die ganze, von Gott geschaffene Welt an ein Ende
kommen. Das ist "der Tag".
- Kennzeichen dieses Tages ist, dass angesichts der Gegenwart Gottes im Erscheinen seines Christus die
Illusionen und Verwirrspiele nicht mehr funktionieren, mit denen sich sonst Unwichtiges zu Wichtigem
erklärt, Gut und Böse, Egoismus und Gemeinsinn, Himmlisches und Irdisches verwirrt werden.
"Der Tag" beginnt mit der Stunde, in der Gottes Sohn am Kreuz stirbt und alle Illusionen über die
Allmacht Gottes als Abklatsch menschlicher Allmachtsphantasien zerstieben. "Der Tag" setzt sich fort
in jeder Stunde, in der für mich als Mensch die Forderung Gottes unausweichlich wird. "Der Tag" wird
am Ende dieser Welt einen Schlussstrich unter die Geschichte ziehen und fragen: Und was ist nun
wirklich wichtig?
- Immer sind die "Überheblichen und Frevler" vor Gott offensichtlich. Die "Überheblichen", die meinen,
mehr zu wissen und mehr zu sein, als andere. Die ins Ohr flüstern, was andere nichts angeht, nur um
den Anschein zu erwecken, dass da einer Anteil habe am Herrschaftswissen, und sei es auch noch so
banal. "Frevler" werden die Überheblichen, wo sie die Lieblinge Gottes, die durch Gott Geheiligten in
ihrer Überheblichkeit niedermachen, den Armen und Geringen Gewalt antun.
3. Kriterium
- Maleachi will Mut machen, allen "die ihr meinen Namen fürchtet". Dieses "den Namen Gottes fürchten"
meint nicht sklavische Angst, sondern die Souveränität, sich nicht über andere zu erheben und selbst
zu Gott zu machen. Die Grundhaltung der Gottesfurcht ist, zu wissen, dass mein Leben mir anvertraut
ist und dass Gott fragen wird, was ich daraus gemacht habe. Es ist also auch das Wissen, um die Größe
und die Möglichkeiten, die Gott dem Menschen schenkt.
- Wenn Information ein Schlüssel unserer Kultur ist, dann muss hier auch die Unterscheidung von
'frevelhafter Überheblichkeit' und 'den Nächsten dienender Gottesfurcht' ansetzen. Das einfache
Kriterium, mit der der Informationsflut zu Leibe zu rücken ist, wäre dann die Nachfrage: Was hat dies
oder das, was sich mir als wichtig verkauft, damit zu tun, dass ich berufen bin, für andere zu leben?
Ich habe nichts gegen Unterhaltung, und das Leben wäre unerträglich, wenn es nur Bedeutsames gäbe
und nicht auch das Leichte, vielleicht Alberne und vor allem Zweckfreie. Gefährlich wird es nur dann,
wenn dieses sich für allein Bedeutsam erklärt, Entertainment zum Lebensinhalt wird oder Geschwätz
zum Herrschaftswissen mutiert, das erreicht, dass sich alles nur noch darum dreht.
- An dieser Stelle wird unser Gottesdienst hier wichtig. Die "Sonne der Gerechtigkeit" und die "heilenden
Flügel", von der Maleachi spricht, sind beide der Sprache der Liturgie entnommen. Die heiligen
Symbole der Liturgie sollen ebenso wie das Hören auf Gottes Wort und die Erfahrung der Gemeinschaft
im Volk Gottes der Kirche zur Mitte hinführen. Sie sind nicht belanglos und beliebig, sondern
Vollzüge, Riten und Zeichen, die durch lange Übung geheiligt sind und deswegen immer neu zur Mitte
hinführen können.
Über allem steht dabei das Sakrament, in dem wir mystisch Anteil erhalten an der Hingabe Gottes an
die Welt im Sterben und Auferstehen Jesu Christi. Wenn wir im Brot seinen Leib und im Wein sein
lebensspendendes Blut empfangen, dann spüren wir, dass hier wie nirgends das Kriterium erfüllt ist,
das Wichtiges von Unwichtigem unterscheidet, weil hier einer mit dem Wort und dem Zeichen sein
ganzes Leben verbunden hat, damit auch wir unser ganzes Leben mit ihm verbinden. Amen.