Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Hochfest Allerheiligen 2014 (Offenbarung des Johannes)

Zurück zur Übersicht von: 1. November: Allerheiligen

1. November 2014 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Allerheiligen

Abstract: Allerheiligen ist das Fest der Freude über die, die schon im Himmel vollendet sind. Mit ihnen gehören wir zu der einen Kirche des Himmels und der Erden. Das Bild der Gemeinschaft der Heiligen im Himmel sieht der Seher Johannes. Daher zwei Bemerkungen zur Lesung aus der Apokalypse.

  • Die beiden Feste, Allerheiligen und Allerseelen, machen deutlich: Wir sind als römisch-katholische Christen nicht allein Kirche. Immer gehört zumindest die Kirche in der Vollendung des Himmels mit dazu. Wir nennen sie die Heiligen. Durch Gottes Gnade aus der Kraft ihrer Liebe und durch ihr Zeugnis sind wir hier Kirche. Und andere Christen mit uns.
  • Und ebenso gehören die zu uns, die auf Erden gestorben und dennoch noch unterwegs sind, um von Gott in Liebe vollendet zu werden. Das feiern wir morgen. Für sie sind wir Kirche.
  • Heute malt die Offenbarung, die dem Seher Johannes geschenkt wurde, ein Bild der himmlischen Kirche. Zwei Gedanken möchte ich dazu formulieren.

2. Auf Erden

Abstract: Wer den Himmel offen sieht, dem wird die Kraft geschenkt, das Leben anzugehen. Im Sanctus der heiligen Messe singen wir zusammen mit den Heiligen im Himmel das Lob Gottes, der in Jesus Christus uns Menschen verherrlicht. Die Vorfreude auf den Himmel ist eine christliche Tugend.

  • Erstens: Das Vertreiben böser Geister mit Hilfe ausgehöhlter, mit Grimassen beschnitzter und von innen beleuchteter Kürbisse, ist eine global so vielfach geübte Praxis, dass sie vermutlich empirisch erprobt als erfolgreich zu gelten hat. So vertreibt man offenbar böse Geister am Abend. Wie weit das nur unter Einsatz von - nach Alter wahlweise - Süßigkeiten oder Alkohol funktioniert, wird noch zu erforschen sein. Auf jeden Fall scheint die Kürbis-Alkohol-Methode nur am Abend und gegen böse Geister der Vergangenheit zu funktionieren.
  • Daher scheint es mir eine Betrachtung wert, wie es um den Kampf mit den bösen Geistern am Morgen steht. Denn hier ist der christliche Glaube ganz klar: Was mir am Morgen die Kraft gibt, in den Tag zu starten, ist der Blick in den Himmel. Unablässig auf einer Wolke sitzen und "Hosianna" singen, mag zwar nicht attraktiv klingen. Aber Leben und Freude in solchem Maße zu erleben, dass das Herz unablässig von Freude und Dankbarkeit erfüllt ist, fände ich schon sehr erstrebenswert. Dafür lohnt es sich morgens aufzustehen und alle niederen Geister zu überwinden.
    Von Stephanus erzählt die Apostelgeschichte, dass der Blick in den Himmel ihm die Kraft gab, auch in dem Augenblick, in dem ihm geballter Hass entgegenschlug, noch genug Liebe im Herzen zu tragen, um für seine Verfolger zu beten.
  • Von den Heiligen im Himmel sagt die das Buch der Offenbarung: "Es sind die, die aus der großen Bedrängnis kommen; sie haben ihre Gewänder gewaschen und im Blut des Lammes weiß gemacht." Das sind Bilder und Symbole aus der Bibel, mit denen beschrieben wird, dass der Weg in den Himmel steinig ist, weil wir dabei mit der Realität der Gewalt und der Ungerechtigkeit in uns und um uns ringen müssen. Aber gerade deswegen ist der Blick auf "das Lamm", also Jesus Christus, der sich in Liebe hingegeben hat, und auf das herrliche, strahlende Weiß des Himmels ein immer neuer Ansporn, die Liebe zu leben, die uns aufgetragen

3. Im Himmel

Abstract: Am Fest Allerheiligen feiern wir auch die Heiligen, die nicht im Kalender stehen und nach denen keine Kirchen benannt sind. Es sind die heiligen, die wir kennen und denen wir unseren Glauben verdanken. Sie dürfen wir heute feiern - und dabei wissen, dass ihre Zahl ungeheuer ist und unter ihnen vielen sein werden, von denen wir es nie erwartet hätten.

  • Zweitens: Die Offenbarung zeigt zunächst 144.000 "aus allen Stämmen der Söhne Israels". Die Leseordnung spart ärgerlicher Weise die eindrucksvolle Aufzählung der zwölf Mal zwölf Tausend aus. Die Zahl bedeutet nicht, dass bei 144.001 Schluss ist. Die zwölf Mal zwölf Tausend symbolisiert vielmehr die unabsehbare, aber irgendwie geordnete Zahl der 'ordentlichen Heiligen' im Himmel. Es sind die, die im Himmel anzutreffen wir von Amts wegen erwarten dürfen.
    Wir kennen sie aus dem Heiligenkalender. Sie sind schon allein dadurch unter uns präsent, dass jeder Altar, an dem wir die Heilige Messe feiern, durch die Reliquien eines solchen 'ordentlichen Heiligen' ausgezeichnet ist. Diese Heiligen haben ihren Gedenktag im kirchlichen Kalender, wie unser Ansgar am 3. Februar.
  • Danach sieht der Seher der Apokalypse aber die "große Schar aus allen Nationen". Ihre Zahl übersteigt alle Zählbarkeit. Es sind sozusagen die 'außerordentlichen Heiligen'. Bei vielen werden wir daher höchst erstaunt (und hoffentlich dennoch erfreut) sein, sie im Himmel zu treffen. Die Lesung lässt dringend vermuten, dass darunter nicht nur Katholiken sind, sondern zahllose Menschen, die vielleicht selbst erstaunt (und sicherlich dennoch erfreut) sein werden, dass sie eine Heimat im Himmel haben.
  • Ihr Fest feiern wir heute, das Fest der Heiligen jenseits aller Kalenderzählung. Vielleicht kommt jedem von uns eine oder einer von diesen Heiligen in den Sinn, von denen wir persönlich ganz sicher sind, dass sie bei Gott im Himmel sind, weil wir ihnen das Zeugnis eines echten Glaubens und einer treuen Liebe verdanken. Heute darf jeder von uns ihr Fest feiern. Auch wenn sie in der Liturgie der Kirche keinen eigenen Platz gefunden haben, so feiern wir heute doch ihr Fest: Allerheiligen. Amen.