Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 6. Sonntag der Osterzeit Lesejahr A 2017 (1. Petrusbrief)

Zurück zur Übersicht von: 6. Sonntag der Osterzeit A

21. Mai 2017 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Heilig in eurer Mitte

  • "Haltet Christus heilig in euren Herzen". Diesen Satz aus der Lesung wollen wir den Erstkommunionkindern mit auf den Weg geben. Es hätte auch andere kurze Formeln dessen geben können, worum es geht. Aber dieser Satz steht in der Lesung des heutigen Sonntags. Ich finde ihn stark.
  • Denn das Wort heilig ist nicht so verbraucht. Es erinnert daran, dass nicht alles gleich ist, nicht gleich belanglos, nicht gleich langweilig. Es ist nicht egal, wie ich lebe, wofür ich lebe, was ich tue oder ob ich überhaupt etwas mache, statt nur abzuhängen und über andere zu lästern. Es gibt etwas, das irgendwie mit Gott in Berührung ist, das zu Gott gehört, das heilig ist.
    Durch die Taufe und den Glauben ist Christus in eurer Mitte, in eurem Herzen. Ihr könnt es machen wie viele, die sich dafür nie wirklich interessiert haben. Vielleicht ist Christus nur eine Erinnerung daran, wie die Eltern oder Großeltern gelebt haben. Schade eigentlich. Man kann klug und fleißig und sogar gerecht und liebevoll sein. Aber das ist unendlich anstrengend, wenn die Mitte vergessen wurde, der Quell aller Heiligkeit, der Ursprung von allem, was letztlich zählt und wertvoll ist. Jesus Christus ist der "Heilige Gottes".
  • Ihr seid heute zu Eurer Erstkommunion hier. Das bedeutet nicht, dass Ihr besser seid als andere Menschen, und auf andere herabschauen solltet. Gott ist allein der 'Andere'. Gott beruft Euch, da zu sein und Euch ihm anzuvertrauen. Die Frage ist, habt Ihr das vorhin ernst gemeint, als Euer Name gerufen wurde, und Ihr geantwortet habt: "Hier bin ich!".

2. Heiligung, der Weg mit Gott

  • Heiligung ist nie einfach - plop - von jetzt auf gleich. Es ist immer ein Weg. Heiligung bedeutet, mehr und mehr, in allen Lebenssituationen, zulassen, dass Gott mich berührt, und es zu riskieren, danach zu leben.
  • Letzte Woche hatten wir das schon einmal in den Lesungen: Wer an Gott glaubt, muss nicht überall mitmachen, wo alle mitmachen; statt dessen nur dort, wo Respekt, Vertrauen, Liebe, Hoffnung wachsen können. Man muss das ausprobieren, um entdecken zu können, wie wenig man verliert, wenn man nicht dabei mitmacht: Nicht bei der Mutprobe mit dem Ladendiebstahl oder beim coolen Schwarzfahren; nicht bei den angeblich coolen Sprüchen, die sich über Frauen, Schwule oder sonst andere lustig machen; nicht dort schweigen, wo Leute behaupten, man dürfe ja doch mal seine Meinung sagen - nur um Vertrauen zu zerstören und Halbwahrheiten zu verbreiten.
    "Ich widersage!", heißt die Antwort von Menschen, die auf Gott vertrauen. Das muss nicht arrogant klingen oder sein. Statt dessen kann man oft hinterher merken, wie dankbar viele Andere sind, wenn endlich mal jemand den Mund aufmacht und widerspricht. Dadurch wird nicht gleich alles anders. Aber nur so fängt es an, besser zu werden. Heiligkeit wächst oft langsam. Aber sie kann wachsen, wenn wir sie lassen.
  • Das gilt noch mehr für die andere Seite: Wenn wir uns von Gottes Heiligkeit berühren und tragen lassen, dann werden wir entdecken, wie dadurch Stück für Stück die Freiheit wächst. Das macht frei, das zu tun und zu leben, wofür es zu leben lohnt. Auch nur etwas Kleines tun, durch das die Liebe und die Gerechtigkeit in der Welt wachsen, ist ein viel größeres Glück, als vor Gesundheit zu strotzen, viel Geld und viel Macht zu haben, ohne damit je etwas für andere zu tun.

3. Den Heiligen Gottes mit dem Leib empfangen

  • Heiligkeit bedeutet vor allem: Lange bevor ich etwas tue, hat Gott schon etwas getan. Wo sein Heiliger Geist ist, da ist eine Kraftquelle. "Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird."
  • Diese Kinder werden heute zum ersten Mal mit der Gemeinde zur Kommunion gehen. Jesus hat an dem Abend, an dem er von seinen Jüngern Abschied nahm, Brot genommen, es gesegnet, in Stücke gebrochen und gesagt: "Nehmt, das ist mein Leib."
    Gott will in dieser Welt sichtbar werden, und er wurde Mensch in Jesus Christus. Jesus will unter uns sichtbar und spürbar sein, und er nahm Brot, das für Viele geteilt wird. Für menschliche Augen ist Jesus nur ein Mensch, wie tausend andere. Für die Augen ist das Brot der Heiligen Messe nur normales Brot, ein besonders schlichtes, nur aus Getreide und Wasser.
  • Dennoch glaube ich: Hier ist etwas Anderes, Besonderes, Heiliges. Es ist heilig, weil Gott es will. Er ist der "Quell aller Heiligkeit" (Hochgebet). Ich vertraue auf diese Zusage vor allem deshalb, weil ich verstehe: Nur auf diese Weise, ganz schlicht in einem Menschen, wie Jesus, nur ganz einfach, wie in einem Bissen Brot, nur so kann der wahre Gott unter uns gegenwärtig sein. Alles andere stünde bei mir unter dem Verdacht, dass da Menschen ihre Phantasie von Allmacht ausleben. Gott aber ist - wie Liebe - im Kern immer ganz einfach: "Ich bin da" (JHWH). Wo Gott da ist, ist die Welt mehr, als das Auge sieht. Wo wir darauf vertrauen und dies feiern, ist Gegenwart Gottes in uns. Seid bereit. "Haltet Christus in euren Herzen heilig". Das wird euer Leben für immer verändern, Schritt für Schritt. Amen.