Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 4. Sonntag der Osterzeit Lesejahr C 2007

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2. Mai 2004 - Hochschulgottesdienst im Dom, Frankfurt

1. Der unwürdige Papst

  • Der Papst ist nicht würdig, die Heilige Kommunion zu empfangen. Zumindest habe ich ihn so verstanden, wenn er kurz vor dem Empfang der Kommunion betet "Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach." Es ist doch wohl bedenklich, wenn der oberste Hirt der Katholischen Kirche, der Bischof von Rom, eingestehen muss, dass er derart unwürdig ist.
  • Es hat vor Christus Propheten und Priester gegeben, die heiligmäßig sind. Und danach gab es das auch. Christen sind nicht bessere Menschen und die religiösen Führer des Judentums der Zeit Jesu können es locker mit manchem christlichen Bischof oder Papst aufnehmen. Ja, selbst die heiligsten Heiligen sind Sünder gewesen und zwar ihr ganzes Leben lang, nicht nur vor der Bekehrung. Ob die Christen heute bessere Menschen sind als Juden früher, auch da würde ich zur Zurückhaltung mahnen; es könnte auch das Gegenteil der Fall sein.
  • Kein Papst und kein Heiliger ist unser makelloses Vorbild. Als Christ komme ich nie darum herum, mir ein eigenes Bild zu machen, das Gute zu sehen in meinen Vorbildern, aber die Schatten nicht schönzureden vor lauter Begeisterung. So sehr etwa unser Ordensgründer Ignatius von Loyola für uns Jesuiten inspirierend ist, ist auch dieser Heilige Sünder und hatte seine Ecken und Kanten und Unausstehlichkeiten.

2. Der gute Hirte

  • Jesus allein ist "der gute Hirt" (Joh 10,11). Dass er diese Selbstoffenbarung gegenüber den religiösen Führern seiner Zeit in Jerusalem macht, hat dramatische Bedeutung. Denn erstens kritisiert er damit diejenigen, die sich gerne selber in der Rolle des Hirten sähen. Zweitens klingt in der Absolutheit, in der Jesus sich als den Hirt seiner Herde und als den Guten Hirten bezeichnet, deutlich mit, dass er hier in die Rolle Gottes schlüpft, der im Alten Testament der Hirt seines Volkes ist. Jesus betreibt also Amtsbeleidigung und Anmaßung, wie Gott zu sein.
  • Dem setzt Jesus eines drauf: "Ich und der Vater sind eins". Damit sagt er nicht, dass er und Gott, der Vater, ein und dasselbe seien. Das, so einfachhin gesagt, ist Unsinn. Die Christen haben später versucht, das Gemeinte in der Rede von der Dreifaltigkeit Gottes zu fassen. Jesus macht im gesamten Johannesevangelium immer wieder klar, was das bedeutet: Was er den Vater tut sieht, das tut auch er, weil er im Vater ist und der Vater in ihm.
  • Jesus Christus ist das Guter-Hirte-Sein Gottes für sein Volk. In ihm wird das fassbar, was in der gesamten Heiligen Schrift immer wieder von Gott gesagt wird: Er liebt sein Volk und er sorgt sich um sein Volk. Gott ist uns so nah, wie nur Gott uns nahe sein kann. Jesus greift das Bild von der Vertrautheit des Hirten mit seiner Herde auf und sagt "Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir". Nicht, dass wir blökende Schafe seien, sagt das Bild, sondern dass wir zu Gottes Volk und Herde gehören können. Dazu aber müssen wir "auf seine Stimme" hören. Das bedeutet, dass wir hören und erfassen müssen, dass mit dem liebenden Ruf Gottes tatsächlich wir gemeint sind- wir wie wir sind und leben.

3. Der Dienst am Volk Gottes

  • 'Bischof' nennt schon die Bibel einen Leiter der Kirche (z.B. 20,28 1Tim 3,1f). Das Wort Bischof aber bedeutet genau dies: Hirte (episkopos). Das Wort kann man nur dann für einen anderen als Jesus Christus gebrauchen, wenn zweierlei klar ist: Der eine Hirte seines Volkes ist nur Gott in Jesus Christus. Außerhalb Christi gibt es kein Hirtenamt. Denn, zweitens, Priester, Bischöfe und auch der Papst sind auch nur fehlbare Menschen und machen Fehler. Deswegen spricht ja auch der Papst in der Messe nicht nur das "Herr, ich bin nicht würdig...." sondern ebenso "Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken".
  • Christus ist der Hirte und wir alle sind seine Herde. Jetzt kommt aber das eigentlich Wunderbare: Wir alle sind berufen, heilig zu sein. Das bedeutet: Wir sollen ein Ort mitten in der Welt sein, an dem trotz unserer Unzulänglichkeit Gott erfahrbar ist in dem was wir reden und tun, in unserem Lobpreis und in den Werken der Liebe.
    In diesem Rahmen erst gibt es besondere Aufgaben in der Kirche, auch die Aufgabe des Hirten, den Dienst der Leitung. Jeder Christ aber muss dabei immer gegenwärtig haben, dass dieser Dienst nur die eine Richtung hat: Menschen zu Christus hinzuführen. Und auch die tollsten Bischöfe und Priester sind das nur "auch". Ja, es gibt sogar Priester in Leitungsämtern der Kirche, die sich schwerst versündigen - und doch gibt es Menschen, die erfahren haben, dass sie sie zu Christus geführt haben.
  • Denn auch den vielen Hirten ist nur anvertraut, was sie aus sich selbst nicht haben: das Wort des Evangeliums und das Brot, in dem sich Christus selber schenkt. In diesem Dienst, den der einzelne Priester im Auftrag der ganzen Kirche tun darf, wird konkret erfahrbar, wie Gott in Jesus Christus unser Guter Hirte ist, wie wir seine Stimme hören, wie er uns weidet und nährt mit seiner Gegenwart im Heiligen Sakrament. Amen.