Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 4. Sonntag der Osterzeit Lesejahr A 2021 (Aposlgeschichte/Johannes)

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25. April 2021 - Gemeinschaftskrankenhaus St. Petrus, Bonn

1. Hirte und Herde

  • Wir haben bei uns eine kleine Herde Schafe auf dem Schul-Gelände. Und ich bin ihr Held. Sie kennen meine Stimme. Wenn sie sie hören, beginnt erwartungsfrohes Blöken. Bin ich da, dann umscharen sie mich und freuen sich sichtlich. Sie mögen mich und vertrauen mir. – Das ist die Stelle, an der ich als Priester aufwachen sollte um festzustellen, es war nur ein Traum.
  • Tatsächlich aber stimmt die Geschichte. Nur dass die Liebe nicht so sehr mir gilt, sondern dem frischen Gras von der Wiese oder dem Stückchen Karotte, das ich mitbringe. Schafe wissen was gut ist. Und Hirten tut das Gefühl gut, geliebt und umschwärmt zu sein. Deswegen blende ich gerne die Ursache der Zuneigung aus und genieße.
  • Doch genau da liegt die Falle. So schön es ist, als Hirte von den Schafen geliebt zu werden. Man täuscht sich schnell und meint, es ginge bei der Beziehung um mich den Hirten. Dabei ist – immer im Bilde der Bibel – die Abhängigkeit der Schafe das Kriterium dafür, dass es im Zentrum um sie geht. Der Hirt ist für die Schafe da und nicht umgekehrt. (Am Rande bemerkt: Deswegen ist das auch nur ein Bild in der Bibel, das nicht die komplexen Zusammenhänge hineinnimmt, denn natürlich sind die Schafe im realen Hirten-Leben die wirtschaftliche Grundlage für den Hirten und 'Nutztiere' – doch genau dies ist nicht Teil des Bildes im Evangelium!)

2. In keinem anderen das Heil

  • In der ersten Lesung haben wir die Apostel gehört: "In keinem anderen ist das Heil zu finden". Wenn wir so einen Satz hören, sollten wir zuallererst skeptisch sein. Solcher Absolutheitsanspruch ist gefährlich. Der Anspruch wird meist nicht so formuliert, ist aber doch da. 'Ohne mich läuft gar nichts!'
  • Der im Evangelium gemeinte "gute Hirte" ist nicht daran zu erkennen, dass er aufopferungsvoll Tag und Nacht für seine Schafe arbeitet, sie umsorgt und behütet. All das kann lobenswert sein, aber gerade wo es allzu selbstlos daherkommt – und als solches Anerkennung sucht – sollten wir bei aller Dankbarkeit skeptisch bleiben.
  • Diese ständige Sorge ist auch eine beliebte Weise, Abhängigkeit zu schaffen – und wehe dem, der mal Abstand von der fürsorgenden Liebe haben will!

3. Der Auferstandene

  • Der "gute Hirte" ist deswegen auch nicht Jesus, wie er auf Erden gelebt hat. Hier fällt bei allem Guten, was er getan hat, auf, dass er immer wieder auf Distanz zu den Seinen geht und dass es ihm gar nicht recht ist, als Messias gefeiert zu werden.
  • Der gute Hirte ist der Auferstandenen mit den Malen der Kreuzigung an seinen Händen und Füßen, die Gegenwart Gottes, die in den Begegnungen mit dem Auferstandenen ganz konkret und greifbar sind – und im selben Augenblick auch um alles größer und unbegreifbarer, wie Gottes Herrschaft und Gottes Liebe größer ist, als alles Menschen gemachte.
  • Einander mit diesem Gott bekannt zu machen, dazu sind wir berufen.