Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 4. Fastensonntag Lesejahr A 2023

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19. März 2023 - St. Peter, Sinzig

1. Ironie und Ernst

  • Bei Sokrates klingt immer etwas Ironie mit. Auch wenn er sagt "Ich weiß, dass ich nichts weiß". Das ist ebenso tiefe Weisheit wie Koketterie.
  • Jesus begegnet einem Menschen der real blind ist. Seit Geburt blind, verdammt dazu, als Bettler zu leben. Das ist ernst. Deswegen kann an ihm auch sichtbar werden, wie ernst es Jesus mit seiner Botschaft meint: Nur wer erkennt, dass er blind ist, kann geheilt werden.
  • Die Theologen und Frommen meinen, sie seien nicht blind. Sind sie auch nicht. Sie können alles sehen. Und doch begreifen sie nicht. Sie sehen den blinden Bettler. Aber sie begreifen nicht das Gott dieser Mensch wichtiger ist, als die Sabbat-Regeln.

 2. Kompromiss und Konflikt

  • Es ist wichtig Kompromisse zu schließen, aufeinander zuzugehen. Mittelwege zu finden. Sich nicht um jeden Preis durchsetzen zu wollen. Für das Zusammenleben von Menschen ist das wichtig und in einer freiheitlichen Demokratie zumal.
  • Doch es gibt Situationen, in denen Menschen Armut, Gewalt und Unrecht erleiden. Da kann es schnell zynisch sein, Kompromissbereitschaft zu fordern – denn es geht auf Kosten anderer.
  • Die Grenze ist eigentlich gut erkennbar: Ob jemand nur seinen Willen durchsetzt oder ob er sich für andere einsetzt erkennt man daran, ob er bereit ist, selbst etwas zu riskieren.

 3. Entscheidung und Gericht

  • Die Eltern des Blindgeborenen kneifen. Sie können nicht leugnen, seine Eltern zu sein. Dass er blind geboren wurde, gestehen sie ebenfalls ein. Aber darüber hinaus tun sie so, als ginge sie das alles nichts an. Sie haben sich längst daran gewöhnt, dass ihr Sohn ein blinder Bettler bis an das Ende seiner Tage bleiben würde.
  • Bei dem Blindgeborenen hingegen können wir im Laufe dieses Berichtes im Johannes-Evangelium zuschauen, wie er an Selbstbewusstsein gewinnt. Er gewinnt in dem Maße an Selbstbewusstsein gegenüber den Pharisäern, die ihn bedrängen und verhören, wie er sich zu Jesus bekennt. Sehend werden und aufrecht gehen gehört zusammen. Da steht ein ehemals blinder Bettler vor einem Tribunal gebildeter Theologen und bekannt sich zu dem, was seine Erfahrung des Gottes war, der ihn aufgerichtet hat.
  • Erst danach offenbart sich Jesus dem Mann als "der Menschensohn", was in der biblischen Sprache der ist, der von Gott als Retter kommt. Der Blindgeborene bekennt ihn: "Ich glaube, Herr!". Der Ausschluss dieses Mannes aus der Kirchengemeinschaft der Synagoge ging dem voraus. Jesus wird die Konsequenz seines Handelns tragen und ebenfalls ausgeschlossen werden – gar vor die Stadt geschleift und gekreuzigt. Er hat sich für diesen Menschen eingesetzt und riskiert sein Leben. Jesus ist da ganz klar: "Um zu richten, bin ich in diese Welt gekommen: damit die nicht Sehenden sehen und die Sehenden blind werden."