Predigt 4. Adventssonntag Lesejahr A 2010 (Jesaja)
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19. Dezember 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.
- Seine Verlobte ist schwanger. Josef kann sich sicher sein, dass das Kind nicht von ihm ist. Ein
Traum ist es, der ihm dennoch Vertrauen und Halt gibt. In dem Traum versteht er, dass ein uraltes
Wort seine Wahrheit neu entfaltet, "was Gott durch den Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau
wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel
geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns". Nicht dass Josef versteht, was da vor sich geht. Aber
das Wort des Propheten stärkt in ihm das Vertrauen und gibt ihm Halt. Er wird seinen Weg
zusammen mit Maria gehen.
- Siebenhundert Jahre vorher hat der Prophet Jesaja die Verheißung ausgesprochen. Sie hatte damals einen aktuellen Sinn. Sie gilt Ahas, dem König in Jerusalem, der aus der Dynastie
Davids stammte. Ahas könnte auf die Verheißung bauen, dass Gott dem Haus Davids in Jerusalem
Bestand geben will.
Aber Ahas ist wankelmütig. Hätte es damals schon Wikileaks gegeben, wüssten
wir vielleicht, was Diplomaten über ihn gedacht haben; besser als der deutsche Außenminister
dürfte Ahas nicht beurteilt worden sein. Ahas war schwach und unberechenbar. Ja, es gab eine bedrohliche Situation: Fremde Könige drohen ihm. Aber er, Ahas der König von Juda, ist nur verängstigt.
- In dieser Situation bietet ihm Gott ein Zeichen an. Ahas jedoch wiegelt mit scheinbar frommen Worten ab: "Ich will
um nichts bitten und den Herrn nicht auf die Probe stellen." Tatsächlich hat Ahas nur Angst, , obwohl er doch aus Haus
Davids ist. Er fürchtet sich vor der Entscheidung. Er hat kein Vertrauen. Er hat keine Perspektive. Er
kurvt ziellos hin und her. Ein Zeichen von Gott würde ihn nur unter Druck setzen, sein Leben und
seine Aufgabe anzugehen. Ahas hat kein Vertrauen. Deswegen sagt ihm Gott: "Wenn ihr euch
nicht an mich haltet, werdet ihr keinen Halt haben." (Jes 7,9b). Also, in der prägnanten Übersetzung: "Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht" (EÜ). Wenn ihr auf Gott nicht vertraut, werdet ihr im
Leben keinen Halt finden.
2. Die junge Frau wird ein Kind empfangen
- Gott will Vertrauen schenken. Mit seinem Wankelmut ist König Ahas vom Haus Davids eine Last
für Gott und eine Last für sein Volk Israel ("Genügt es euch nicht, Menschen zu belästigen? Müßt
ihr auch noch meinen Gott belästigen?"). Von den führenden Männern in Jerusalem ist kein
Vertrauen zu erwarten. Deswegen gibt Gott von sich aus ein Zeichen: "Die junge Frau wird ein
Kind empfangen."
- Das hebräische Wort kann sowohl 'Jungfrau' wie 'junge Frau' bedeuten. Für Ahas bedeutet das
Zeichen: Wenn es nur auf Dich, König, ankäme, dann gäbe es wenig zu hoffen. Durch eine junge
Frau kann Gott eher ein Zeichen geben, als durch Dich. Sie wird ein Kind zur
Welt bringen. Du, Ahas, magst ein Versager sein. Aber ich, Gott, lasse mich dadurch nicht von
meiner Zusage an das Haus David und an mein Volk abbringen.
- Für uns heute ist nicht mehr Nachwuchs im Königshaus entscheidend. In der Verheißung des Jesaja ist aber dennoch eine Botschaft auch an uns: Ein Kind, das geboren wird, ist ein Zeichen der Hoffnung,
nicht ein Risiko, nicht ein Problem.
3. Die Jungfrau wird ein Kind empfangen
- Die Betonung auf "die junge Frau" klingt dabei auch als Mahnung: So wenig es die Männerwelt
des Königshauses damals war, so wenig sind es die Könige der Wissenschaft heute, die das
Hoffnungszeichen zu setzen vermögen. Ein Kind ist nicht erst dann ein Hoffnungszeichen, wenn
es den pränatalen Gen-Check bestanden hat. Trotz aller Technik oder wegen aller Technik ist ein
Kind, das geboren wird, vielleicht schlechthin das Zeichen einer Hoffnung, die Vertrauen wagt.
- Die Verheißung an Ahas vor 2.700 Jahren mag sich damals auf dessen
Nachfolger Hiskija
bezogen haben, der tatsächlich viel mehr aus dem Vertrauen in Gott
gelebt und regiert hat als sein
Vater. Aber die Verheißung erschöpft sich für die Bibel nicht dadurch schon. Immer neue Generationen haben die Verheißung aufgegriffen. Und
immer mehr wurde das Wort von der "jungen Frau"
als "Jungfrau" gelesen (schon in der Übersetzung des Buches Jesaja in
das Griechische und
endgültig dann im Zitat im Neuen Testament).
- Nach der Botschaft des Engels im Traum des Josef wird sich die Verheißung für alle Generationen
und Zeiten erfüllen, wenn die Jungfrau ein Kind empfängt. Nicht aus dem Willen und Können des
Mannes, nicht aus der Weisheit und Wissenschaft der Welt, nicht aus der Kraft und Überlegenheit
des Menschen, sondern aus Gottes Geist und der Empfänglichkeit einer Frau setzt Gott selbst ein
Zeichen. Der Sinn des Zeichens ist klar: Wir dürfen Vertrauen haben, dass Gott bei uns ist,
Emmanuel, Gott mit uns. Gott spricht: "Wenn ihr euch nicht an mich haltet, werdet ihr keinen
Halt haben." Im wehrlosen Kind von Betlehem ist uns ein Zeichen geschenkt, das uns zu allen Zeiten Halt gibt.
Amen.