Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 3. Sonntag der Osterzeit Lesejahr C 2013 (Apostelgeschichte)

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14. April 2013 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Gott oder Menschen gehorchen

  • "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen." Der Satz hat Sprengkraft.. Es ist eine ganz grundlegende und einfache Wahrheit, die Petrus hier vor dem Hohen Rat ausspricht. Aber natürlich beginnt die eigentliche Schwierigkeit da, zu erkennen, was genau denn Gottes Willen sei. Dies ist ein innerer, geistiger Prozess, bei dem so mancher die eigenen Wünsche und Phantasien mit dem Willen Gottes verwechselt.
    Dennoch ist der einfache Grundsatz wichtig. Es hilft durchaus zu wissen, dass es richtig ist, mehr auf Gott zu hören als auf Menschen. Der Grundsatz löst die richtigen Nachfragen aus; er macht kritisch gegenüber dem, was an Forderungen und Anforderungen von den Autoritäten dieser Welt wie selbstverständlich auf mich herniedergeht.
  • Das Ganze hat aber auch mit Ostern zu tun. Denn der Auferstandene wird hier von Petrus vorgestellt als einer, der bei den Menschen jedes Ansehen verloren hatte. Die Formulierung "ans Holz gehängt" spielt auf das Alte Testament an: Ein am Holz Gehängter ist verflucht (Dtn 21,23)!, Das Kreuz ist die Strafe, die nicht nur den Leib töten soll, sondern vor allem das Ansehen unter den Menschen zerstört. Wer dort öffentlich hängt, gilt nichts mehr; es bleiben nur Spott, Hohn und Verachtung. Diesen von den Menschen Verworfenen hat Gott bestätigt.
  • Gerade dies ist wichtig zu verstehen. Denn das bedeutet für Christen, dass sie im Bekenntnis zu Jesus, dem Auferstandenen, in gewisser Weise auch selbst durch das Kreuz hindurch gehen müssen, um zu einem eigenen Osterfest zu kommen. Oder anders herum gesagt: Solange ich daran festhalte, Ansehen bei den Menschen zu haben, so lange bin ich in Versuchung den Menschen zu gehorchen und von ihrer Meinung abhängig - und weder mit Christus "der Welt gestorben" (vgl. Kol 2,20) noch mit ihm zu Gott hin auferstanden.

2. Gehorsam und Freiheit

  • "Gott gehorchen" und "Menschen gehorchen" klingt vergleichbar, ist es aber nicht. Gott ist mir ebenso sehr innerlich, als er äußerlich ist. Auf Gott hören, bedeutet in Liebe ganz in sich hinein zu hören und in Liebe auf den anderen zu hören. Letztlich ist diese Beziehung also nur verständlich und möglich als Liebe.
  • Wenn ich einen Menschen liebe, so interessiert es mich, wie dieser Mensch mich sieht. In seinen oder ihren Augen möchte ich schön sein. Einem geliebten Menschen zu gefallen, ist kein Müssen und keine Gehorsamspflicht, sondern folgt unmittelbar aus der Beziehung. Ja vielleicht ist das sogar Kennzeichen, dass oder wie weit ich wirklich liebe, dass ich mit meinem ganzen Wesen der oder dem Geliebten gefallen möchte.
  • So verstehe ich denn auch die Beziehung des Petrus zum Auferstanden: Die Souveränität und Freiheit des Petrus gegenüber der Meinung von Menschen rührt aus seiner Verliebtheit in Gott. Selbst wenn der Hohe Rat ihn auspeitschen lässt, bleibt ihm wichtiger, in den Augen Gottes das Richtige zu tun.

3. Gewagter Vergleich

  • Kann man sagen: Die christliche Ehe kann eine Schule des Gehorsams gegenüber Gott sein, wenn Menschen in der Ehe mehr darauf bedacht sind, wie sie in den Augen des Geliebten gesehen werden, als vor "den Menschen"?
    Und wird bei dem Vergleich auch deutlich, warum sich die Jünger freuen "für seinen Freund Schmach zu erleiden", denn was wäre das für eine Liebe, wo der geliebte Mensch wegen dem was sie oder er ist und vertritt schlecht angesehen ist, ich mich aber so weit von ihr oder ihm distanziere, dass ich nur ja nicht damit in Verbindung gebracht werde?
  • Der Vergleich macht verständlich, dass Ostern bedeutet, in eine liebende Beziehung mit dem lebendigen Christus hinein zu gehen. Von ihm lasse ich mich ansehen und will mit meinem Denken und Tun ihm gefallen. Und wenn ich unter den Menschen in schlechten Ruf gerate, weil ich zu ihm gehöre.
  • Das einzige, was den Vergleich zwischen der Liebe zu einem Menschen und der Liebe zu Gott schief macht ist natürlich ganz schlicht: Gott ist Gott und kein Mensch. Und auch der am meisten geliebteste Mensch ist Mensch und kein Gott. Wenn ich sie oder ihn mit Gott verwechsle, dann ist das schierer Egoismus, der sich Gott zunutze machen möchte. Dagegen ist es nicht nur für mich, sondern für einen jeden Menschen befreiend (befreiend von der Last 'Gott sein' zu müssen!), wenn der Grundsatz gilt: "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen." Amen.