Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 3. Sonntag der Osterzeit Lesejahr B 2009 (Apostelgeschichte)

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26. April 2009 - Hochschulgottesdienst St. Antonius Frankfurt

1. Petrus predigt

  • Das ist Petrus, der da predigt. Die Apostelgeschichte berichtet von zwei spontanen und Aufsehen erregenden Predigten des Petrus in Jerusalem. Der Mann stellt sich vor seine Landsleute, die Juden der Hauptstadt Israels, hin: "Kehrt um, und tut Buße", ruft er!
  • Erinnern wir uns an Petrus? Das war doch der, der zu Lebzeiten Jesu schon das große Wort geführt und dann so jämmerlich versagt hat, als es darum ging, sich zu Jesus zu bekennen. Drei Mal hatte er seinen Herrn und Meister verleugnet. Das steht auch in dem Evangelium, das Lukas geschrieben hat, der Autor der Apostelgeschichte. Es ist also keine vertuschte Vorgeschichte des Petrus und kein Enthüllungsjournalismus des Evangelisten.
  • Keiner wollte damit Petrus eins auswischen. Petrus als Fels der Kirche steht vielmehr an diese Stelle exemplarisch dafür, was Christsein bedeutet. Gerade wegen seiner Rolle in der Kirche war es nicht nur den Evangelisten, sondern ganz sicher auch Petrus selbst darum zu tun, ganz deutlich zu machen, dass der Apostel nicht aus eigener Vollkommenheit und Makellosigkeit spricht sondern als Gesandter. Das genau ist die Bedeutung des Wortes "Apostel" - und jeder Getaufte hat Anteil an der Sendung der apostolischen Kirche.

2. Verschonungspluralismus

  • Verschonungspluralismus ist auch unter Christen populär. Pluralismus in und außerhalb der Kirche ist ein Faktum. Ich begrüße es, weil es uns hilft, auf der Suche zu bleiben. Mit Verschonungspluralismus aber meine ich jene Haltung, die aus dem Faktum des Pluralismus die Konsequenz zieht: Ich lasse dich mit meiner Überzeugung in Ruhe, lass du mich mit deiner in Frieden.
  • Der Grund dafür ist ganz einfach. Wenn wir anfangen würden darüber zu reden, was wirklich unsere Überzeugung ist, dann werden wir ganz schnell merken, wie unsicher das Gebäude ist, in dem unsere Gedanken hausen. Schlimmer noch: Es würde offenbar, wie breit der Graben ist, der zwischen dem liegt, was ich eigentlich hochhalte, und dem, was ich tue und wie ich lebe. Beides ist Grund genug, sich in dem einen einig zu sein: Wir verschonen einander.
  • Wenn es aber stimmt, dass wir nicht in eigenem Auftrag unterwegs sind, dann geht das nicht mehr so einfach. Dann gibt es nur noch zwei allerletzte Ausfahrten:
    • Nummer eins in zwei Varianten. Ich schrumpfe meine Überzeugungen auf ein gesellschaftlich verträgliches Maß zusammen.
      • Das geht traditionell, indem der Glaube an den lebendigen Gott zu einem unverbindlich-allgemeinen "christlichen Wertekanon" wird, den näher zu bestimmen ich jeweils den Vorstellungen meiner Umwelt anpassen kann.
      • Oder, die andere Variante, postmodern, ich erkläre äußerliche Fragen für ganz wichtig, kann stundenlang über Details der Liturgie, Weihrauch und Priesterkragen diskutieren und mich an der Schönheit von Messen in erhabensten Sprachen laben, so dass niemand mehr auf die Idee kommt zu fragen, was denn eigentlich der Kern meines Glaubens ist.
    • Oder Ausfahrt Nummer zwei, bei Katholiken besonders beliebt: Ich überlasse das ganze Profis: Man hält sich den Pastor in der Kirche, verweist auf den römischen Katechismus und lässt das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen außen vor: Ich glaube, was die Kirche lehrt - möge man die Profis fragen, was das ist.

3. Sendung

  • Gerade angesichts seiner eigenen Geschichte mutet Petrus dem Volk von Jerusalem eine deutliche Sprache zu: Wie in der Geschichte unseres Volkes schon öfters, wurde der von Gott gesandte Prophet in unserer Mitte verkannt und verfolgt. Ja, dieser wurde sogar ermordet. Petrus spricht die Zuhörer durchaus klar an "Ihr habt ihn getötet". Zugleich ist in dem Satz gleich zwei mal das Wort "verleugnen" eingebaut. Ohne groß in Erweckungsmanier von sich selbst zu sprechen, zeigt Petrus damit für jeden, der sich des dreimaligen Verleugnens erinnert (Lk 22,57), dass er, Petrus, sich nicht über die Zuhörer erhebt.
    • Dies ist das erste: Klartext sprechen ohne rechthaberisch herabzuwürdigen.
  • Petrus spricht über Jesus. Vorausgegangen ist der Rede eine wundersame Heilung eines Gelähmten. Petrus hätte sich also leicht selbst darstellen können. Aber er spricht von Jesus. Er ist der "Heilige und Gerechte". Jesus ist - eine besondere Wendung - der "Anführer des Lebens" (EÜ übersetzt archégosmit "Urheber"; Luther: "Fürst"). In diesem kurzen Wort ist alles enthalten: Petrus hat entdeckt, dass Jesus für jeden, der sich auf diesen Weg einlässt, der Weg zum Leben ist.
    • Das ist mithin das zweite: Für den anderen Gutes wollen. Gar nicht so selbstverständlich.
  • Schließlich fügt Petrus an: "Brüder, ich weiß, ihr habt aus Unwissenheit gehandelt..." Nicht nur, dass er sich durch das "Brüder" noch einmal betont nicht über die anderen erhebt. Er unterstellt ihnen vor allem keine bösen Motive. Er zeigt sich sogar sicher, dass die Verleugnung und Auslieferung Jesu an Pilatus aus Unwissenheit geschehen ist. Deswegen fügt Petrus - was in unserer Perikope nicht mehr enthalten ist - eine Darlegung an, wie Jesus als Messias von der Schrift und den Propheten angekündigt wurde.
    • Das ist das dritte, wenn ich mich nicht am Verschonungspluralismus beteiligen, sondern den apostolischen Auftrag zum Bekenntnis des Glaubens ernst nehme: Dem anderen nicht böse Motive unterstellen und ihm statt dessen Wege zeigen, die ihm helfen, den Weg des Lebens zu sehen und auf dem Weg des Lebens zu gehen. Amen.