Predigt zum 29. Juni Hochfest Peter & Paul 2003
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29. Juni 2003 - Pfarrei Sancta Familia, Frankfurt
1. Petrus, der Ja-Sager
- Ja-Sager haben keinen guten Ruf. Sie gelten als unkritisch oder
übereifrig. Wer zustimmt, steht eher im Verdacht, sich keine eigene
Meinung gebildet zu
haben, als der, der widerspricht. Wenn etwas als so sicher gilt wie das
Amen in der Kirche, dann ist damit das Vorurteil verbunden, dass in der
Kirche zu allem
Möglichen Ja und Amen gesagt werde. Und in der Tat funktionieren die
katholischen Reflexe im Gottesdienst zumeist recht gut. Sagt einer "der
mit dir lebt
und herrscht in alle Ewigkeit", folgt ziemlich sicher ein Amen.
- Ja-Sager können aber zunächst einfach Menschen sein, die sich
begeistern lassen. Jene, die vielleicht etwas vorschnell sind, aber
dafür nicht zu denen gehören,
die an allem etwas auszusetzen haben. Die ewigen Nörgler sind uns ja
auch gut bekannt.
- Zu denen aber gehörte der Apostel Petrus nun sicher nicht. Von
keinem der Apostel wird uns in den Evangelien so viel berichtet, wie von
Petrus. Danach
können wir uns ein gutes Bild machen, dass Petrus einer war, der sich
begeistern ließ und von dem zu erwarten war, dass er mitmacht. Vielfach
tritt er als
Sprecher der Apostel auf, wie im heutigen Evangelium, als er auf die
Frage Jesu, für wen ihn die Leute halten die Antwort gibt: "Du bist
der Messias, der
Sohn des lebendigen Gottes!" Wo andere zögern würden in ihrem
Bekenntnis, ist Petrus der unbeirrbar direkte, der einfache Fischer, als
der er groß geworden
ist. Er steht zu dem, was er sagt.
2. Messiasbekenntnis
- Jesus stellt im heutigen Evangelium zwei verschiedene Fragen. Er
fragt, wofür "die Leute" den Menschensohn - also ihn, Jesus
selbst - halten. Und er erhält
einen Kanon von Antworten. Die einen halten Jesus für dies, die anderen
für jenes. Jeder scheint eine andere Theorie parat zu haben. Mehr aber
als eine
Theorie ist es nicht, wenn Leute, die Jesus selbst nur flüchtig kennen
gelernt haben, um ihre Meinung gefragt werden.
Jeder hat eine Meinung, jeder meint etwas zu wissen. Aber es sind zwar
alles schmeichelnde Theorien, was "die Leute" über Jesus sagen.
Aber es sind Urteile
aus der Ferne. Das hat sich bis heute gehalten. Jeder meint etwas über
Jesus zu wissen, jeder hat so seine Meinung. Mehr aber als eine Theorie
ist es jedoch
nicht. Es ist graue Theorie, aus sicherer Entfernung. Petrus ist da ein
anderer Typ.
- Jesus stellt die zweite Frage: "Ihr aber, für wen haltet ihr
mich?". Ihr, die ihr nicht in blasser Distanz verblieben seid,
sondern euch mit eurem Leben
aufgemacht habt, mit mir meinen Weg zu gehen, für wen haltet ihr mich.
Nennt ihr euch meine Jünger und habt ihr eure Häuser und eure
Geborgenheit
verlassen, auf eine vage Theorie hin? Mag sein, dass Petrus selbst
über seine Antwort erschrocken war. "Du bist der Messias, der Sohn
des lebendigen
Gottes!". Als Petrus dies ausgesprochen hatte, hat er gemerkt, dass
er mit diesem Bekenntnis spätestens sich an diesen Jesus gebunden hat.
Sein Ja zu diesem
Bekenntnis beinhaltete für ihn, Petrus, dass er selbst in die Sache
involviert ist.
- Petrus ist schnell mit dem Ja-Sagen. Das heißt nicht, das er es
nicht ehrlich meint. Aber er muss schmerzhaft lernen, dass das Ja durch
ein schmerzhaftes Nein
hindurch muss. Denn dieses Ja des Petrus gilt Gott, dessen einzigartige
Nähe er in Christus erfahren hatte. Petrus muss aber noch lernen, dass
dieses Ja ein
Nein beinhaltet, zu all dem in uns, was Gott entgegen steht, was Gottes
Denken mit dem vermischt, was Gott entgegen steht.
3. Das Nein und das Ja
- Am Ende des Abschnittes im Matthäus-Evangelium (die Leseordnung
kürzt den Satz unsinnigerweise!), steht die Aufforderung Jesu, "niemand
zu sagen, dass
er der Messias sei." Noch ist nicht die Zeit, das Ja, das Petrus
für sich und im Namen der anderen Jünger gesagt hatte, laut weiter zu
sagen. Denn noch wäre
dieses "Ja" verwechselbar. Es könnte verwechselt werden mit jener
Arroganz, die meint Gott für sich gefunden und gepachtet zu haben. Noch
sieht dieses "Ja"
aus wie ein selbstgefälliger Anspruch.
- Das ist die Lektion, die Petrus noch lernen muss: Dass der
lebendige Gott, wie er in Jesus gegenwärtig wird, nicht dazu geeignet
ist, in den selbstgefälligen
Besitzstand überzugehen. Denn als Jesus in direktem Anschluss an das,
was das heutige Evangelium berichtet wird, beginnt davon zu reden, dass
ihm in
Jerusalem Widerspruch und Leiden, ja Kreuz erwartet, da möchte Petrus
das nicht wahrhaben. Er widerspricht Jesus, möchte ihn von diesem Weg
abhalten,
stellt sich diesem Weg entgegen.
- Petrus macht mit diesem Widerstand gegen den schmerzlichen Weg
Jesu deutlich, dass er dem schmerzlichen "Nein" gerne ausweichen würde,
das mit dem
freudigen "Ja" verbunden ist. Denn wenn er sich auf Gott einlässt, muss
er ablassen von dem Gottesbild, das Gott darstellt als einen, mit dem
ich meiner
eigenen Widersprüchlichkeit aus dem Weg gehen kann. Petrus, die Kirche
und jeder von uns trägt in sich diese Widersprüchlichkeit. Ein Ja zu
Gott beinhaltet
deswegen immer ein Nein zu einem Teil von uns selbst. Dieses Ja macht
deutlich, dass wir erst auf dem Weg sind. Petrus wird das lernen,
schmerzhaft, als er
Jesus angstvoll verlässt und verleugnet, als dieser verhaftet wird. Erst
die Tränen über sein eigenes Versagen wird Petrus wahrhaft zum Felsen
für die Kirche
machen. Amen.