Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 28. Sonntag im Lesejahr A 2014 (Matthäus)

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12. Oktober 2014 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Sollen wir uns sollen etwas anhören?

  • War Jesus dumm? Wenn nein, dann war ihm klar, dass das Gleichnis, das er erzählt, vorne und hinten logisch nicht hinhaut. Also wir sollten nicht klugscheiben, sondern acht geben, was in uns vorgeht, wenn wir dieses Gleichnis hören.
  • Dabei unterscheidet sich unsere Situation von der derer, zu denen Jesus in Jerusalem ursprünglich gesprochen hatte, aber auch von der Situation derer, wegen denen es in der Zeit und der Gemeinde des Matthäus erst weitererzählt und dann aufgeschrieben wurde. Und doch dürfen wir davon ausgehen, dass wir hier heute früh diejenigen sind, um derentwillen der Heilige Geist diesen Bericht über das Gleichnis aufgezeichnet wissen wollte.
  • Was also ist das Gleichnis von der Einladung zur Hochzeit des Königssohnes?

2. Die Ablehnung der Erstgeladenen?

  • Der erste Teil des Gleichnisses erzählt von der absurden Spannung zwischen der Einladung zur Hochzeit des Königsohnes und der Gewalt, die die Ablehnung der Einladung durch die geladenen Gäste begleitet. Es wäre die Hochzeit des Jahres, das Fest der Feste, aber die Menschen, die auserwählt sind mitzufeiern, haben nicht nur angeblich Besseres zu tun, sondern reagieren auf die wiederholte Einladung mit Gewalt.
  • Das Gleichnis hat einen historischen Bezugspunkt zur Zeit Jesu. Ihm wird zunehmend klar, dass die Ablehnung, die ihm entgegen schlägt, gewaltsam sein wird. Und ganz durch die Propheten des Alten Testaments geschult, ist Jesus klar, dass die Ablehnung Gottes und seiner Gerechtigkeit dazu führen wird, dass Israel der Gewalt seiner Feinde ausgeliefert sein wird. Jerusalem wird nach dem Versuch eines Aufstands gegen die Römer zerstört werden. Für Jesus zeichnet sich das erst ab. In den Jahren danach, in denen Christen das Gleichnis weiter geben, hilft es, das gegenwärtige Geschehen zu deuten. Wenn Matthäus das Gleichnis aufschreibt, dürfte er auf das Angekündigte bereits zurück blicken. Welche Bedeutung hat es dann für unsere Zeit?
  • Wenn wir das Gleichnis innerlich erleben und unsere Reaktionen beobachten, könnte es sein, dass unser Verständnis für die erstgeladenen Gäste wächst. Denn ich würde vielleicht auch auf die Aufforderung des Ewigen Königs zum Hochzeitsfest seines Sohnes mit Desinteresse bis Ablehnung reagieren. Irgendwann, am Ende der Zeiten im Himmel - gerne. Aber jetzt haben wir erst einmal anderes zu tun. Von da her ist es gar nicht mehr so weit zur Aggression gegen diejenigen, die drängeln: Jetzt, nicht irgendwann komm zur Hochzeit. Jetzt, nicht irgendwann lädt dich Gott ein zur Freude des Mahles.

3. Sind wir nun eingeladen zum Hochzeitsmahl?

  • Der zweite Teil des Gleichnisses scheint von Jesus nicht mehr so sehr in Richtung der Ältesten und Hohenpriester Israels, sondern in Richtung seiner Jünger gesprochen zu werden. Es gibt einige Hinweise, dass sie in dem Maße, in dem die bisherige Oberschicht Jesus ablehnt, selbst die Nase hoch tragen.
  • Da ist es schon ein deutlicher Hinweis, wenn Jesus sie erinnert, dass er sie von den Straßenecken aufgelesen hat - Gute wie Böse, also keineswegs eine moralische Elite. Der einzige Grund, warum sie da sind, ist dass sie von ihm berufen wurden. Und für die späteren Christen, die nicht zum auserwählten, von Gott geliebten Volk Israel gehören, sondern unter den vielen Völkern der Erde zur Kirche zusammen gerufen wurden, gilt dies eben so sehr.
  • Von daher ist das "Viele sind gerufen, aber nur wenige auserwählt", das an das Ende der beiden Teile gestellt wurde, nicht als statistische Angabe zu verstehen, wie viele denn nun genau in den Himmel kommen, sondern als ernsthafte Frage an mich: Lebe ich die Berufung und kleide ich mich mit der Liebe, die allein das angemessene Hochzeitsgewand im Saal des Königs der Himmel ist. Vielleicht gelingt es mir in dem Maße, in dem ich ahne und spüre und erlebe, dass das Fest nicht irgendwann ist, sondern hier beginnt - im heiligen Zeichen des Sakraments, in dem sein Leib und Blut uns Nahrung und Trank der Freude sind, und hier, wo er mir begegnet im Antlitz der Menschen, die er berufen hat, sein Volk zu sein. Amen.