Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 27. Sonntag im Lesejahr C 2025 (Predigt)

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23. Oktober 2025 - Semsestereröffnungs-Gottesdienst im Newman-Haus München

1. Entwurzelt

  • Was alle in einem Wohnheim an der Uni gemeinsam haben: Sie sind nicht von hier. Manche mögen auch bisher nirgendwo richtig verwurzelt gewesen sein, weil ihr Familie zu oft umgezogen ist. Andere müssen erstmals damit zurecht kommen, dass sie aus ihrer gewohnten Umgebung raus sind.
  • Das besondere an diesem Haus ist sicher, dass es die gute Chance bietet, hier neue Leute und Anschluss zu finden. Inmitten der Großstadt und der Massenuniversität ist das Newman-Haus eine überschaubare Welt, wo Sie Freunde finden und sich verwurzeln können.
  • Allerdings: Es ist ein christliches Wohnheim. Deswegen beginnen wir das Semester hier mit einem Gottesdienst. Und vermutlich verbinden manche von Ihnen mit dem Haus die Erwartung, sich auch im christlichen Glauben hier verwurzeln zu können. Und da wird es schwierig mit dem Evangelium, das wir gerade gehört haben. Denn genau genommen sagt Jesus da: Der Glaube verwurzelt nicht, gibt keinen festen Halt; im Gegenteil: Er entwurzelt. Christlicher Glaube entwurzelt (Christian faith is uprooting disrooting – Wiara chrześcijańska pozbawia człowieka korzeni, nie zakorzenia go.).

2. Vertrauen

  • Jesus ist da eigentlich ganz klar. Schon der kleinste Glaube entwurzelt: "Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen." – Nur etwas müssen wir das Bild ernst nehmen, und es ist ganz deutlich. Das, was eben noch feste Wurzeln hatte, gibt diese auf und verpflanzt sich ins offene Meer, Inbegriff des Unwägbaren und Chaotischen.
  • Eigentlich waren die Apostel zu Jesus gekommen, damit er ihren Glauben stärken soll. Sie haben sicher keine lehrreiche Unterrichtsstunde haben wollen, sondern gespürt, wie schwer es ihnen fällt, wirklich aus dem Vertrauen in Gott zu leben.  So schnell wie ich in den Gedanken und selbst Gebeten nur bei mir selber bin, so sehr haben auch die Apostel gemerkt, dass sie immer noch viel zu sehr auf sich selbst vertrauen.
  • Daher bitten sie Jesus: Stärke unser Vertrauen in Gott! Er soll ihnen Halt geben.  Doch er erwidert: Ihr sucht Halt in Gott und wollt vertrauen? Vertrauender Glaube kappt die Wurzeln in Herkunft und Tradition und setzt sich dem offenen Meer aus. Nur so.

3. Dienen

  • Hat Gott mit der Menschwerdung nicht genau das getan? Geht Jesus nicht genau diesen Weg? Er lebt sein Vertrauen in Gott, seinen Vater, indem er nicht auf Sicherheiten vertraut. Wahrer Gott ist Christus, und er könnte Herrscher der Welten sein. Stattdessen ist er unter den Menschen wie einer, der dient (Mt 20,28: "… nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen").
  • Die Apostel bitten Jesus, stärke unseren Glauben. Seine Antwort ist: Macht euch frei von der ängstlichen Sorge um die eigenen Sicherheiten – auch im Glauben –, übt Euch im Vertrauen in Gott, nimm dich selbst nicht zu wichtig ("wir sind unnütze Knechte") und schau lieber, wie du ein Mensch für andere sein kannst.
  • Das kann ganz praktisch und harmlos sein und sich im Alltag im Wohnheim bewähren. Diese Haltung – für andere! – hat aber Christen zu allen Zeiten in richtige Konflikte geführt, in denen es für sie selbst existenziell bedrohlich wurde. Sie waren der stürmischen See ausgesetzt statt fest verwurzelt auf heimischem Boden. Und in diesen Situationen, haben sie die Erfahrung gemacht: Mein Vertrauen in Gott wird nicht enttäuscht. Sein Glaube in mich trägt auch mich. Darauf kann ich bauen.