Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 24. Sonntag im Lesejahr B 2021 (Jesaja)

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12. September 2021 - St. Peter, Sinzig/Rhein

1. Das Gesicht hart wie ein Kiesel

  • Deshalb mache ich mein Gesicht hart wie einen Kiesel.“ Über diesen Satz aus dem Buch des Propheten Jesaja stolpere ich immer wieder. Das Stück wird in der Karwoche gelesen. Da steht dann der Kreuzweg Jesu im Vordergrund. Aber alle drei Jahre sieht es die Leseordnung mitten im Jahr vor. Wie immer ist dabei die Lesung aus dem Alten Testament abgestimmt auf das Evangelium.
  • Sein Gesicht hart machen ist kein Ideal. Im Gegenteil. Ich wünsche mir, dass mein Gesicht den leisen Wind spürt und ich empfänglich bin für die leisen Zwischentöne und vorsichtigen Berührungen. Die Wehrlosigkeit eines offenen, freien, berührbaren Gesichtes ist mir ein Ideal, das ich an mir vor allem, aber manches mal auch bei anderen vermisse.
  • Jetzt aber ein Situation, in der ein Mensch vor Gott bekennt:  „Ich mache mein Gesicht hart wie einen Kiesel.“ Der Kontext macht deutlich: Es ist ein Mensch, der in einen Konflikt gegangen ist. Er weiß dabei Gott an seiner Seite – gerade darüber hat er offenbar lange und intensiv nachgedacht. Für ihn ist Gott sogar der Auslöser für diese Situation. Eine Situation, in der es gilt das Gesicht hart zu machen, weil wir uns auf Gott eingelassen haben. Eine gefährliche Gottesgewissheit. Oft genug steckt hinter harten Menschen eine Selbstgewissheit – oder die Unsicherheit, die sich hinter umso scheinselbstsicheren Behauptungen versteckt.

2. Auf den Platz verwiesen

  • Hat Jesus in der Konfrontation mit Petrus sein Gesicht „hart wie Kiesel“ gemacht. Die kirchlichen Fachleute, die die Zusammenstellung der Bibeltexte für die einzelnen Sonntage erarbeitet haben, scheinen davon auszugehen.
  • Jesus hatte, so schildern es die Evangelien (Mt, Mk und Lk), auf dem Weg nach Jerusalem langsam begonnen, sich seinem engsten Freundeskreis zu öffnen. Wenn er von dem Leiden spricht, dass ihm in Jerusalem bevorsteht, dann schwingt da nicht nur Sorge mit, die bedacht werden will, sondern auch Furcht, in der es Stärkung braucht. Wenn ich den Weg weitergehe, für die einzutreten, die am Rande sind, werde ich selbst an den Rand gedrängt werden – bis zum äußersten. Das ist Jesus klar. Für ihn ist der Weg, den Gott ihn führt, nicht attraktiv. Weder Einfluss, noch Ruhm, schon gar nicht strahlender Reichtum warten auf ihn, sondern das Schicksal, das schon vor ihm so viele Propheten erlitten haben.
  • Daher ist es für Jesus unerlässlich, gegen Petrus sein Gesicht hat wie Kiesel zu machen. Denn Simon Petrus tritt ihm mit der wahrhaft teuflischen Versuchung entgegen: Er solle seine Karriere nach Art der Menschen vor den Willen Gottes stellen. Petrus rät zur Härte, aber zur Härte um der Karriere willen: Um stark zu sein. Hier wird Jesus glasklar. Er verweis Simon Petrus, den Fels der Kirche, auf den Platz: Hinter mich, Nachfolge des Gekreuzigten. Der Menschensohn wird nicht hart sein, sondern will verletzlich bleiben um der Menschen willen.

3. Hart bleiben um offen zu bleiben

  • Es ist und bleibt heikel, sein Gesicht hart zu machen. Gerade, aber nicht nur Menschen mit Einfluss neigen dazu, hart zu werden und sich mit Freunden zu umgeben, die zur Härte und Entschlossenheit mahnen. Ich meine das bei manchen unserer Bischöfe zu beobachten, dass die Menschen um sie herum ihnen sagen: Das darf nicht geschehen, dass Du nachgiebig wirst und deinen Ruf und Einfluss gefährdest.  Du musst stark sein. Jetzt keine Schwäche zeigen.
  • Mir fällt auf, dass es hier heißt, Petrus nehme Jesus beiseite. Das ist im Prinzip richtig. Jemanden beiseite nehmen kann bedeuten, jemanden zu helfen den Blick frei zu bekommen. Ist es wirklich das, was Gott von Dir will? Doch Petrus nimmt Jesus beiseite um ihn „zurechtzuweisen“.
  • Es bleibt heikel, sein „Gesicht hart zu machen“. Aber es gibt die Situation, in der das notwendig ist gegenüber den Einflüsterern, die versuchen uns vom Weg abzubringen. Hiob bleibt hart gegenüber den vorgeblichen Freunden, die ihm Schuldgefühle machen, Jesaja bleibt hart gegenüber denen, die ihm zu politisch kluger Zurückhaltung mahnen, die dann doch nur Kuschen vor dem politischen Trend ist. Ob wir unser Gesicht gegenüber solchen Ratgebern und Freunden oder aber den Feinden und Verleumdern hart machen sollen, ob es gilt das Ohr gegenüber den Einflüsterern zu verschließen? Das ist ein hartes Ringen um den rechten Weg, den die christliche Tradition „Unterscheidung der Geister“ nennt. Für uns, die wir uns Christen nennen, kann der Maßstab nur sein, sich immer wieder hinter Jesus einzureihen, nachzuspüren, was sein Weg ist, warum er ihn gegangen ist, und was das für uns in seiner Nachfolge bedeutet. Amen.