Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 22. Sonntag im Lesejahr A 2011 (Jer/Röm/Mt)

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28. August 2011 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Unheilvolles im Sinn

  • Schwer zu sagen, was es da tief in uns gibt. Mehr noch weiß ich nicht, ob ich dem vertrauen sollte. Vielleicht gibt es in mir Gedanken, Wollen und Sehnsüchte, die gut sind und gut tun. Es lohnt sich wohl, sich auf die Suche zu begeben. Aber ich will lieber vorsichtig bleiben.
  • Die Reaktion des Petrus ist authentisch. Sie kommt spontan, wie häufig bei ihm. Von daher mag sie dem entsprechen, was Petrus tief in sich fühlt und wünscht. Trotzdem weist Jesus sie zurück, mit mehr Schärfe, als zu erwarten war. "Weg mit dir, Satan!", fährt Jesus den an, dem er eben noch verheißen hatte, ihn zum Fels seiner Kirche zu machen.
  • Offensichtlich also reicht es nicht, Jesus als den "Messias" und "Sohn des lebendigen Gottes" zu bekennen. Genauso wenig aber reicht es einfach nur das im Sinn zu haben "was die Menschen wollen". Weder das reine Bekenntnis zu Christus noch ein einfaches Bekenntnis zum Menschen bringt Heil.
    Vielmehr sagt Jesus wörtlich "Geh hinter mich!", sonst bist du ein Satan, einer der den Menschen Unheil bringt; die Übersetzung "Geh mir aus den Augen" (Einheitsübersetzung) oder "Geh weg von mir" (rev. Luther) verpasst die Pointe. Jesus fordert Petrus nicht auf, weg von ihm zu gehen, sondern im Gegenteil sich ihm anzuschließen; das aber in klarer Einordnung, als einer der ihm nachfolgt. Deswegen auch gehört zur Taufe nicht nur das glaubende Bekenntnis zum dreifaltigen Gott, sondern auch, dass ich dem Satan widersage, wie Jesus im heutigen Evangelium Petrus zurückweist.

2. Rückbindung an Gott

  • Es ist sinnvoll und gut, tief in sich zu gehen und den Gedanken und Regungen nachzuspüren, die ich dort finde. Dafür ist das Gebet, und sind die Stille und die Meditation der rechte Ort. Nur sollte ich nicht versucht sein, alles heilig zu sprechen, was ich dort, tief in mir, finde. Denn es ist nicht neutral, sondern geprägt durch Erfahrung und Kultur, die weit zurück geht. Ja, gerade wegen dieser Prägung ist etwas von ursprünglicher Sündigkeit in mir, also dem, was die Kirche Erbsünde nennt, weil es seinen Ursprung nicht in meinem eigenen Gut- oder Schlechtsein hat, sondern daher rührt, dass ich ein Teil dieser Welt bin, auch in ihrer Unheilsgeschichte.
  • "Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist." Diese Aufforderung haben wir im Römerbrief gehört. Er bringt das selbe zu Ausdruck, was hinter dem Evangelium steht. Christsein bedeutet aktiv gegenüber den eigenen Gedanken und Regungen zu sein, statt sie als letztverbindliche Authentizität und Autorität zu nehmen.
  • Im heutigen Tagesgebet hat die Kirche gebetet: "Allmächtiger Gott, von dir kommt alles Gute. Pflanze in unser Herz die Liebe zu deinem Namen ein. Binde uns immer mehr an dich, damit in uns wächst, was gut und heilig ist. Wache über uns und erhalte, was du gewirkt hast." (in Übersetzung der alten Oration vom 6. Sonntag nach Pfingsten1) In dieses Gebet ist eingeflossen, was wir in der Heiligen Schrift finden. Das Gute und Heilsame für uns Menschen kommt aus Gott, von ihm allein. Daher bitten ihn wir, dass er die Liebe zu seinem Namen ("Ich bin da!") einpflanze und uns an sich binde. Im lateinischen Original des Gebetes steht daher das Wort "Religion", was ja im Ursprung bedeutet, dass der Mensch sein Leben an Gott zurückbindet und so Halt und Richtung findet.

3. Vertrauen zum Heil

  • Wohlgemerkt: Gott macht keine billigen Versprechungen. Jesus verheißt nicht ein glückliches, erfolgreiches, sorgenfreies Leben. Auch wenn es Sekten gibt, die vorgeben christlich zu sein und materiellen Erfolg und Karriere als Frucht des Glaubens versprechen: auf die Heilige Schrift können sie sich nicht berufen.
    Denn genauso wenig, wie mein Inneres einfach nur gut ist und gut tut, ist es im Äußeren. Da wird belohnt, wer sich an die Methoden anpasst und mit seinen Interessen durchsetzt. Wer das will, sollte sich nicht auf Gott einlassen.
  • Passend ist daher heute die erste Lesung aus dem Buch des Propheten Jeremia gewählt. Er hat sich von Gott betören lassen. Das bringt ihm nichts ein. "Das Wort des Herrn bringt mir den ganzen Tag nur Spott und Hohn." Aber dennoch kann er von diesem Gott nicht lassen. Denn er hat erkannt und ist von der Wahrheit gepackt worden, dass Gottes Wort mehr Leben in sich hat und Leben bringt, als alle Verheißungen, die auf Wohlverhalten den Mächtigen gegenüber fußen.
  • Die Ursünde des Menschen ist, sich selbst zu Gott zu machen. Die Ursünde stellt sich Gott als einen vor, der alles zu seinem Belieben beherrscht. Sie führt damit in das Gefängnis der engen Grenzen des eigenen Ich.
    Jesus weist den Petrus einen Platz in der Nachfolge an: "Hinter mich!". Nur, wer den Weg Gottes mitgeht, wird das Leben finden. Dieser Weg kann steinig und dornig sein. Aber die ihn gehen, stellen fest, dass tief in ihnen eine Stimme ist, die sagt: Es lohnt sich. Hier, in der Nachfolge, bist Du mehr bei Dir selbst und findest, was zu leben lohnt. Amen.