Predigt zum 22. Sonntag im Lesejahr A 1993 (Matthäus)
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28./29. August 1993 - St. Alfons, Aachen
1. Das Leben verlieren
- Mt 16,26: Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?
Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen? - Der Vers spricht das fundamentale Problem an, wovon
wir unsere Beziehung zur Außenwelt leiten lassen.
Welche Werte sind für uns verbindlich?
- Wie gewinne ich mein Leben und wann verliere ich es?
- Eigentlich müßte ich zwei Predigten halten, weil im Unterschied der anwesenden Generationen ein fundamentaler
Wertewandel vollzogen wurde.
- Die Alten: Erfahrung des Schicksals, der Aufgaben, die aufgeladen wurden: Pflicht.
- Die Jungen: Selbst gestalten, Selbstverwirklichung.
Auf den ersten Blick scheinen die Lesungen schlicht den Streit zwischen diesen beiden Grundhaltungen zu entscheiden:
- Jeremia, den Gott in die Pflicht nimmt.
Paulus mahnt: bringt euch selbst als Opfer dar.
Jesus: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst.
2. Opfer
- In der Haltung der Älteren schwingt tatsächlich die Erinnerung an die Werte des Evangeliums mit.
Skeptisch macht nur: Wofür wurde die Opferbereitschaft missbraucht?
- Wenn ich die Haltung der Fremdbestimmung gegenüber dem Machtansprüchen irdischer Reiche übe, verkehre ich das
Evangelium. Flucht vor dem Kreuz durch Identifizierung mit dem irdischen Reich. Nationalismus als Flucht.
Gesetzestreue als Zweck der Stabilisierung meines Selbstwertgefühls.
- In der Haltung der Jüngeren ist die Reaktion auf die Erschütterung der alten Werte durch den Missbrauch. In der
Auflösung der missbrauchten Ordnung blieben nur Fragmente zurück. Einziger Anhaltspunkt blieb das Selbst.
Paradoxon: Dieses Selbst versucht sich nun die Welt nach seinen Maßstäben zu gestalten und verkauft sich gerade darin
an die Dinge dieser Welt, weil es die Mechanismen des Habens nicht durchschaut. Ich werde zunehmend von den Dingen
abhängig, von denen ich meinte, ich hätte sie zu meinem Gebrauch.
3. Gehorsam
- Das Leben zu gewinnen gibt es nur den einen Weg, den der Herr des Lebens für uns gegangen ist. Versuche Dich durch
die Not des anderen bestimmen zu lassen und so den Gehorsam zu lernen. Freiheit in der Entschiedenheit, mächtigen
Ansprüchen an meine Person zu widerstehen, um mich brauchen zu lassen.
Nicht wollen, was die Menschen wollen, sondern wollen, was Gott als Mensch will. Amen