Predigt zum 17. Sonntag im Lesejahr C 2007 (Genesis)
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29. Juli 2007 - Universitätsgottesdienst St. Ignatius
1. Abraham feilscht
- Abraham konnte feilschen. Man sollte hellwach sein, wenn man von
ihm ein
Kamel oder einen Teppich kauft. Beim ursprünglichen Preis wird es
nicht
bleiben. Aber hier feilscht Abraham nicht um ein Kamel und nicht um
einen
Teppich. Hier feilscht er um das Leben von Menschen. Mehr noch, es
geht um
die Gerechtigkeit überhaupt.
- Man versteht das, wenn man die zwei Verse hinzunimmt, die vor der
heutigen
Lesung aus dem Buch Genesis stehen. Gott hatte Abraham verheißen,
dass
er zum Segen werde allen Völkern der Erde (Gen 12,3). Deswegen zieht
Gott ihn ins Vertrauen. Unrecht und Ausbeutung in Sodom sind zu Gott
gedrungen,
denn wo kein Richter auf Erden den Schrei des Armen hört, dringt der
Schrei zu Gott. Laut aber ist der Schrei über Sodom. Das Unrecht und
die Gewalt der Bewohner bringen der Stadt den Untergang. Gott
findet, Abraham
sollte das wissen, denn er "soll doch zu einem großen, mächtigen
Volk werden, durch ihn sollen alle Völker der Erde Segen erlangen"
(Gen 18,18).
- Deswegen legt Abraham Fürbitte ein vor Gott. Der "Vater des
Glaubens",
wie ihn Paulus nennt (Röm 4,12), ist auch ein Lehrer des Gebets.
Für ihn ist Beten der Einsatz vor Gott und das Ringen mit Gott um
das
Leben der Menschen. Nicht weil Gott das Leben der Menschen bedrohen
würde.
Im Gegenteil: Weil nur so der Schrei des Armen auf Erden gehört
wird,
wenn schon nicht von den Zuständigen und Richtern, so doch von den
Betern.
Abraham tritt nahe heran an seinen Gott, voll Vertrauen, als hätte
er
schon von Jesus gelernt, Gott "Abba, lieber Vater"
(Mk 14,36)
zu nennen. Und dann feilscht er mit Gott im Gebet, wie es nur ein
Orientale
kann.
2. Nur zehn Gerechte
- Zehn Gerechte können Sodom vor dem Untergang bewahren. Die Bibel
macht
keine Angaben, wie groß die Stadt vorgestellt wird. Aber zehn
Gerechte
- und patriarchalisch wie wir sind meint das natürlich zehn Männer
plus Frauen, Kinder und Gesinde - sind wohl bestenfalls ein paar
Prozent der
Einwohner. Aber diese könnten das Ruder herumwerfen.
- In Demokratien zählt die Mehrheit. Das ist auch gut so. Dort aber,
wo himmelschreiendes Unrecht geschieht, dort kommt es auf die ganz
wenigen
an, die sich dem Unrecht widersetzen. Die Resignation vor der Masse
ist keine
Entschuldigung vor Gott. Es hätten zehn Gerechte ausgereicht, Sodom
vor
dem Untergang zu bewahren.
- Zehn Männer braucht es für einen jüdischen Gottesdienst -
es bleibt patriarchalisch. Diese zehn bilden ein Minjan. In
Wikipedia (englische
Seite zu 'Minyan') fand ich den Hinweis, es sei ein "common
misconception",
die Zehnzahl, die die Mischna fordert, auf die zehn Gerechten von
Sodom zurückzuführen.
Immerhin ist das Missverständnis verbreitet (Der Verweis auf die
zehn
ängstlichen Kundschafter, Num 13, ist kaum nachvollziehbar, eher
schon die zehn Gemeindevertreter am Stadttor, Rut 4,2). Denn
vielleicht
können Zehn (egal ob Männer oder Frauen!), die nicht verstummen,
sondern den Schrei der Armen vor Gott tragen, etwas bewirken. Vor
Gott und
im Gebet durchbrechen sie das Schweigen, das den Mächtigen nützt,
um weiter Unrecht zu üben.
3. Beten
- Gott schenkt seine Nähe dem, der sich ihm naht. Abraham tritt ganz
nah an Gott heran, um mit Gott zu sprechen. Und Gott lässt ihn sich
nahen.
Das ist es, was Jesus den Betenden verheißt: Der "Vater im
Himmel
wird den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten". Im Gebet
verweben
wir unsere Welt mit Gottes Gegenwart. Dort wo gebetet wird kann
Gottes Geist
gegenwärtig sein. In Abraham wird deutlich, dass Gott den Menschen
ernst
nimmt als Partner.
- Der betende Mensch ist ein Segen für andere. Denn wo Gottes Namen
genannt
wird, da wird daran erinnert, dass der Mensch nicht dazu bestimmt
ist, Spielball
der Mächtigen dieser Welt zu sein, sondern Gottes Ebenbild. Ja, Gott
ist der Richter der Welt. Aber Gott richtet nicht in Willkür,
sondern
nach Recht und Gerechtigkeit. "Sollte sich der Richter über die
ganze
Erde nicht an das Recht halten?". Das unterscheidet alle
Vorstellungen
eines Willkür-Gottes, der beliebig gebietet, vom biblischen Gott.
Nicht
nur zumeist im Islam sondern immer wieder auch unter Christen wird
das übersehen.
- Wer betet, kann auf sein Gewissen hören, um zu verstehen, worum
wir
bitten sollen: damit jeder das Brot hat, das wir zum Leben brauchen,
und dass
Schulden erlassen werden, vom Himmel her und auf Erden. Wenn Jesus
uns sagt,
wir sollten beten "Dein Reich komme", dann ist das ein
hoffnungsvolles
Gebet, denn wir beten damit um Gerechtigkeit für alle Menschen. Auch
für uns selbst. Amen.