Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Ökumenischer Gottesdienst zum Deutschlandtag der Jungen Union 2015

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17. Oktober 2015 - Ev.-Luth. Hauptkirche St. Michaelis, Hamburg

Der Mose, von dem uns der kurze Abschnitt aus der Bibel erzählt hat, wäre für eine Mitgliedschaft in der Jungen Union zu alt gewesen. Aber das gefühlte Alter könnte stimmen: Ein Mensch wird mit der Perspektive konfrontiert, sein Leben so recht eigentlich erst zu beginnen. Mose fühlt sich eigentlich überfordert. Es ist dies das Ereignis der Gottesbegegnung an der Wurzel unseres biblisch-christlichen Glaubens und daher auch unserer Kultur. Ich will Ihnen dazu drei Gedanken vorlegen.

1. Gott sendet.

  • Hier ist keiner der sich selbst ermächtigt. Viele machen das. Manche missbrauchen sogar den Namen Gottes, um sich selbst zu ermächtigen, Mose nicht. Er beginnt etwas Neues, weil er dazu berufen wird.
  • Hier ist auch keiner der sich selbst verwirklicht. Ja, Mose wird in der Berufung zu dem, der er ist. Aber Selbstverwirklichung war sicher nicht sein Ziel.
  • Beides, das Leben zu beginnen in Selbstermächtigung oder aus reiner Selbstverwirklichung bedeutet im Letzten den Anspruch, selbst so etwas wie Gott zu sein. Mose hatte solche Anwandlungen gehabt und ist darin gescheitert. Doch hier, in seiner Berufung, ist es der unverfügbare Gott, der beruft und sendet.

2. Sendung zu Gerechtigkeit

  • Gott sendet nicht für irgend was. Gott ist keine Formel, den eigenen Vogel zum Heiligen Geist zu verklären. Ausweislich der Bibel beruft Gott zur Befreiung und zur Gerechtigkeit. Dazu ist Mose und dazu ist sein Volk berufen, insbesondere zur Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gegenüber den Rechtlosen, den Waisen, den Witwen und den Fremden
  • Die Bibel schildert Berufung in gewaltigen Szenen. Diese führen aber immer hin zur ganz konkreten Berufung, die in der Situation erfolgt. Es ist also keine Entschuldigung zu sagen, Gott habe zu mir noch nie auf dem Berg gesprochen. Denn Gott spricht zu mir in und durch die Situation dessen, der mir unten in der Ebene begegnet und der die Hilfe braucht, die ich ihm zu geben in Stande bin.
  • Christen sind nicht bessere Menschen. Aber wo sie Gott gehorsam sind, lassen sie sich ein Vorzeichen geben, gleichsam eine Grundmelodie, die sie für ihr Handeln annehmen. Selbstermächtigung und Selbstverwirklichung enden oft in Überforderung oder gar schlimmeren. Gott dagegen gibt unserem Handeln das Vorzeichen, in dem wir sagen: Ja, wir wollen versuchen das zu tun, was wir können; Gott gebe uns die Kraft. Das kann uns von denen unterscheiden, die sich von Angst und Ausgrenzung regieren lassen. Das zuversichtliche Vertrauen, dass Gott uns die Kraft gibt, macht uns nicht zu Alleskönnern. Aber es hilft uns in Allem den Menschen zu sehen, dem zu helfen wir mit unseren begrenzten Kräften versuchen.

3. Wir können das

  • Wenn Mose am Ende in die Berufung einwilligt, dann sagt er: Ja, wir können das. Nicht "ich" kann das, als wäre er allein, ohne Gott und ohne seinen Bruder Aaron.
  • Er sagt das Wir zugleich zu Aaron und zu allen, die später mitmachen werden: Lasst es uns zusammen versuchen. Das Wir ist die Berufung, ein Volk zu sein, das sich von Gott in die Freiheit und in die Gerechtigkeit führen lässt.
  • Wenn jeder seine eigenen Interessen verfolgt, geht das nicht. Dort, wo wir eine Gemeinschaft werden, die ihre Sendung versteht, dort ist "uns" möglich, was "ich" nicht schaffen kann. Weil Gott uns beruft. Amen.