Predigt 1. Adventssonntag Lesejahr A 2007 (Matthäus)
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1. Dezember 2007 - Hochschulgottesdienst im Kaiserdom Frankfurt
1. Kleiner Advent
- Eine kleine Notiz vielleicht nur im Terminkalender. "Anatomie II" oder "Bewerbungsgespräch".
Vielleicht auch "Susi D4 Terminal 2" oder "Markus Gleis 14", weil
die oder der Geliebte drei Monate im Ausland war, und Sie sich irrsinnig auf
das Wiedersehen freuen. Vielleicht steht da auch nur ein "P", weil sie sich
mit Papa treffen wollen, zum ersten Mal seit Monaten, um endlich den Konflikt
anzusprechen, der versteckt schon seit Jahren schwelt. Große Ereignisse,
sagt man werfen ihren Schatten voraus.
- Was ist Ihr nächster großer Termin? Eine Prüfung, für
die Sie schon seit Monaten lernen? Ein Abschluss gar? Oder eine Begegnung,
die schon lange davor die Phantasie beschäftigt, wie das sein werde,
was ich sagen will, was der andere sagt, was wir tun werden oder auch nicht.....
Derweil läuft der Alltag weiter. Es muss gekocht und gegessen werden,
es muss neben dem Studium gejobbt werden oder überhaupt gearbeitet. Und
auch die eine große Begegnung, vor der einem bangt oder auf die man
sich freut, darf die anderen Menschen, an die zu denken ist, nicht vergessen
lassen.
- Das ist Advent. Großes steht an. Doch derweil geht das Leben weiter.
Mit dem heutigen Ersten Adventssonntag beginnen wir den kleinen Advent: die
Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten. Ich hoffe Sie entdecken, dass das weit
mehr sein kann als nur Shopping. Und trotzdem ist das nur der kleine Advent.
Von dem großen Advent hingegen spricht Jesus im Evangelium dieses Sonntags.
2. Großer Advent
- Der große Advent spielt für die meisten, wenn nicht gar uns alle
keine praktische Rolle - leider. Bei vielen dürfte der große Advent
noch nicht mal das 'Glaubenswachbewusstsein' erreicht haben. Bestenfalls im
Hinterkopf erinnert man sich, in der Kirche schon mal mitgebetet zu haben:
"....und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit".
Und doch ist dieses "...wenn du kommst in Herrlichkeit" zentral für
den christlichen Glauben. Zumindest hat Jesus in allem Ernst davon gesprochen,
was ich den Großen Advent nannte. 'In der Zeit' wurde Gott unter uns
Mensch. Seit dem leben Christen im großen Advent, weil diese Welt sich
nicht in ewigen Wiederholungen weiterdreht, sondern Christus wiederkommen
wird, und damit diese Welt zu Ende geht. Die Zeit geht zu Ende. Ebenso, wie
auch unser Leben nicht in ewigen Wiederholungen weiter geht, sondern eines
Tages zu Ende geht.
- Das ist keine schlechte Nachricht. Das kann eine tolle Nachricht sein, auch
wenn die Vorstellung vom Ende bange macht. Jedes große Ereignis, jede
wirklich wichtige Begegnung hat das ja auch an sich: Wie wird es danach
sein, wenn diese große Prüfung geschafft ist oder wenn wir endlich
wieder zusammen sind? Wenn Jesus Recht behält, wird es nach dem
Ereignis, von dem er spricht, schöner sein, als wir uns das je ausmalen
können.
- Dazu aber müssen alte Gewohnheiten und Sicherheiten den Bach runter
gehen. Wie wenn das erste Kind geboren wird und den gesamten Tagesablauf der
Eltern durcheinanderbringt - und es doch großartig ist, dass da neues
Leben geboren ist. So taugen - im Bild Jesu gesprochen - die alten Kompasse
nicht mehr, wenn er, der Menschensohn, kommt in Herrlichkeit: Da geraten dann
Sonne, Mond, Sterne und alle anderen bislang verlässigen Orientierungspunkte
durcheinander, gegenüber dem einen neuen Orientierungszeichen, das dann
am Himmel steht.
3. Im Advent leben
- Advent will gelebt sein. Das Wissen um das Ereignis am Ende soll das Leben
prägen. Auch wenn da Angst geschildert wird - Jesus macht seinen
Jüngern klar, dass es um Hoffnung geht. Wenn "alle Völker der
Erde jammern und klagen", dann doch nur, weil in der Klarheit dieses
Augenblicks der Schmerz da ist, wie wenig die "Völker der Erde"
und wir mittendrin uns auf das Erscheinen der Liebe Gottes vorbereitet haben
durch praktizierte Liebe. Dabei wäre es doch zu wissen: Dort, wo ich
einem Menschen begegne, der Liebe braucht, ist Gott nahe wie der Sommer, wenn
der Feigenbaum seine Blätter treibt.
- So sicher das Kommen Christi ist, so wenig sollen wir uns in dieser Sicherheit
einlullen. Es ist kein Termin, den man in den Kalender schreiben kann wie
die Ankunft von Susi auf Terminal 2. Das haben die Untergangsprediger
nie kapiert. Und doch kann die Freude über die Ankunft das Leben jetzt
schon umwälzen: Wie wenn er die Wohnung aufräumt und schmückt,
weil er sich freut, dass sie nach Hause kommt. So sicher das Kommen Jesu ist,
so wenig sollen wir uns als Christen in Sicherheit einlullen. Das sagt das
Bild von den einen, die mitgenommen, und den anderen, die zurückgelassen
werden: Nicht auf unsere Taufe können wir uns im Letzten berufen, sondern
nur auf eine Taufe, die dann auch unser Leben geprägt hat.
- Wir wissen nicht wann er kommt, und sollen doch so leben, dass wir jederzeit
bereit sind. Das ist Advent. Es ist keine Zeit ängstlicher Nervosität
(das sollte es nur für die sein, die die Armen unterdrücken, weil
sie meinen Christus käme ja doch nie). Es ist die Zeit freudiger Erwartung,
die ausstrahlen kann in die Gegenwart. Der kleine Advent kennt - hoffentlich
- die Vorfreude auf Weihnachten. Der große Advent kann die große
Freude darüber sein, dass Gott uns entgegen geht. "Darum haltet auch
ihr euch bereit!" Amen.