Predigt Ostern Lesejahr A - In der Nacht 2023
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8./9. April 2023 - St. Peter, Sinzig
1. Absehbar
- Ostern kommt nicht überraschend. Zumal nicht für uns. Wer am Karfreitag auf den Kalender geschaut hatte, hat es kommen gesehen. Und diese Nacht ist tatsächlich "der dritte Tag", denn die Alten zählten den Tag bis zum Sonnenuntergang und die dann folgende Nacht verweist bereits nach vorn. Unser Kalender ist technisch – irgendwann in der Nacht wechselt das Datum. Doch für die Erfahrung des Glaubens gehört das Dunkel bereits zum neuen, kommenden Tag. Es verweist schon auf das Licht.
- Daher ist heute Sonntag, Dritter Tag nach seinem Tod. Erster Tag der neuen Woche, der neuen Schöpfung. Kalendarisch war das absehbar.
- Doch obwohl Jesus es ihnen mehrfach angekündigt hatte, hatte der Karfreitag seine Jünger kalt erwischt. Vom Kreuz sind die allermeisten von ihnen geflohen. Sie hatten keinen Kalender, der sie mit der Perspektive beruhigt hätte: am dritten Tag ist doch Ostern.
2. Vertrauend
- Im Rückblick eröffnet sich manchmal, vielleicht sogar oft, vielleicht sogar immer der Blick. Dort, wo wir im Augenblick meinten, es sei alles nur Elend, lag schon immer die Spur der Auferstehung, die Gott bereits gelegt hatte. Das ist mein Glaube.
- Auch das Kreuz war nicht nur das grausame Werkzeug des Todes, als welches es Menschen erdacht und benutzt haben. Es war auch das Holz des Lebens, an dem Jesus sein Leben in die Hände Gottes gelegt hat. Nicht erst im "nachösterlichen" Rückblick ist es das. Dieses Vertrauen hatte Jesus sein Leben lang getragen. Dieses Vertrauen in seinen Vater im Himmel war das Geheimnis seiner Freiheit, auf Menschen zuzugehen. Dieses Vertrauen prägte seine Haltung sowohl in dem was er tat und sagte, was er vorlebte und lehrte.
- Dieses Vertrauen prägt auch die Weise, wie Jesus mit dem umgeht, was ihm zustößt und angetan wird. Er bewahrt sich dieses Vertrauen. Er bleibt bewahrt in der Freiheit, er selbst zu sein, gerade auch am Kreuz. Das war sichtbar. Ostern kommt von dem Gott, dem Jesus vertraut hat. Manchmal noch in diesem Leben, sicher aber in Gottes Vollendung.
3. Indifferent
- Ignatius von Loyola nennt die Freiheit aus Vertrauen 'Indifferenz'. Er meint damit die Haltung, sich mit einhundert Prozent für eine Aufgabe einsetzen zu können, als hinge das ganze Leben davon ab. Zugleich aber zu wissen, dass Pläne scheitern können und mühsamer Neubeginn nötig ist. Ihm war klar: Das Werk, das er über Jahrzehnte aufgebaut hatte, kann scheitern. Er hat nie behauptet, dass es ihm dann leichtfallen würde, loszulassen. Aber ihm war wichtig zu sagen: Wenn das Werk, an dem wir gebaut haben, von Gott ist, dann können wir Gott selbst dann vertrauen, wenn Menschen meinen, es zunichtemachen zu können. Diese vertrauende Freiheit nannte Ignatius Indifferenz.
- Ostern 'rechtfertigt' nicht den Karfreitag. Ostern ist nicht das Happy End, nach dem alles nicht so schlimm gewesen sei. Ostern rechtfertig nicht einen Krieg, in dem ein Nachbarland überfallen wird. Nicht die kaltblütig durchgesetzten Interessen derer, die nicht wissen wollen, woher ihr Luxus und ihre Rohstoffe kommen. Nicht den Narzissmus, mit dem ein Familienmitglied die ganze Familie der Willkür unterwirft. Nicht den Krebs, nicht den Herzstillstand, nicht das Erdbeben, das ganze Landstriche zerstört und nicht das Elend der Menschen nebenan.
Indifferenz lehrt nicht, sich in alles zu fügen. Im Gegenteil. Aber Indifferenz ist die Haltung, die bei allem Kampf und Einsatz am Ende weiß, dass es nicht an mir liegt. Vielleicht haben andere die Verantwortung, andere die Mehrheit, andere die Macht und entscheiden anders. Dann habe ich immer noch Gott, wenn er schon zuvor gegenwärtig war in meinen Bemühungen. Und sollte sich herausstellen, dass Gott in all dem, was jetzt scheitert, nicht gegenwärtig war, dann bleibt dennoch das Vertrauen in seine vergebende Barmherzigkeit.
- Ostern ist die Auferstehung jenseits des Todes. Ostern ist manchmal aber auch hier schon der Neubeginn, wo unsere Hoffnungen und Pläne ans Kreuz geschlagen und erledigt schienen. Ostern öffnet den Blick dafür, dass im Leben zwar oft das Dunkle mächtig ist. Doch Gott lässt sich aus diesem Dunkel nicht herausdrängen, sondern geht mit uns durch das Dunkel. Wie Christus.