Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Kleine Hinführung zum Rosenkranzgebet

 von Martin Löwenstein SJ, Kleiner Michel Hamburg

Es gibt viele Wege, das Rosenkranzgebet misszuverstehen und deswegen auch keinen Zugang dazu zu gewinnen. Es gibt nur einen Weg, es richtig zu verstehen; er ist der Zugang, um den Rosenkranz mit Freude beten zu können. Dieser Weg ist das Bedürfnis, Jesus Christus nahe zu sein.

Weil Gott in Gestalt eines Menschen unter uns erschienen ist, ist dieser Mensch, was er getan und wie er gelebt hat, für uns nicht gleichgültig. Um Jesus Christus kennen zu lernen, sind die Heilige Schrift und das Gebet in der Kirche die beiden wichtigsten Pfeiler unseres Glaubens. Dies kann im privaten Gebet und in der privaten Betrachtung ergänzt werden.

Der Rosenkranz ist beides in einem: Gebet der Kirche und privates Gebet. Oft wird er in den Gemeinden in der Gemeinschaft gebetet. Wahrscheinlich ist es aber grundlegend, einen eigenen Zugang zu finden.

Der Rosenkranz als Gebet der Kirche besteht darin, dass ich die Worte der Schrift und der Kirche aufnehme, dass ich mich mit Maria, dem Urbild der Kirche, verbinde, um mich in das Geheimnis des Lebens und der Gottheit Jesu zu vertiefen.

Maria war wie keine andere ganz nahe bei Jesus, von seiner Geburt bis zum Kreuz. Deswegen ist es sinnvoll, zusammen mit ihr die Annäherung an das Leben Jesu zu versuchen.

Dabei setzt der Rosenkranz voraus, dass ich die Evangelien kenne. Ihm geht es nicht um neue Information über Jesus oder um viele Worte.

Dem Rosenkranz geht es um Vertiefung der Beziehung zu Jesus. Durch die Wiederholung der immer gleichen Worte wird deutlich, dass diese Worte nicht das Entscheidende sind. Sie sind nur die Musik zu dem Film meines eigenen Lebens mit Gott und vor Gott.

 


 

Wenn ich den Rosenkranz parallel zu einer anderen Tätigkeit bete, wird das ganz deutlich. Ich konzentriere mich nicht auf den Text des Rosenkranzes; viele Gedanken gehen mir durch den Kopf, Bilder fliegen an mir vorbei. Aber dadurch, dass ich gleichzeitig das Gebet innerlich oder laut "murmle", erhält alles was ich denke, sehe oder höre eine Verbindung zu meinem Gebet: ... voll der Gnade ... gebenedeit ist die Frucht deines Leibes ... der für uns ... bitte für uns Sünder ... jetzt ... in der Stunde unseres Todes.

Wenn ich den Rosenkranz zusammen mit anderen bete, kann ich mich durch das Gebetsmurmeln der anderen tragen lassen in meinem eigenen Gebet, in dem der sich wiederholende Text mit dem zusammenfließt, was mir vor Gott an Gedanken, Hoffnungen, Sorgen und Dank durch den Kopf geht. Was wie Ablenkung aussieht, wird dadurch zum Gebet, in dem ich Gott teilhaben lasse an dem, was mich bewegt.

Dadurch kann der Rosenkranz ein sehr persönliches Gebet werden, weil er die "Musik Gottes" zu meinem eigenen Leben wird. Diese "Musik" ist nicht beliebig; es ist das Leben Jesu Christi. Deswegen sind die einzelnen Strophen des Rosenkranzes durch Einzelheiten seines Lebens gebildet.

Nicht wie viel ich bete ist entscheidend, sondern ob mich das Gebet mit Gott verbindet: "Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen." (Mt 6,7)

Wie man den Rosenkranz betet

Wie jedes Gebet beginnt der Rosenkranz mit dem Kreuzzeichen: Das Zeichen, das immer über unserem Gebet steht:

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

 Dann folgt im normalen Rosenkranz das Glaubensbekenntnis, das mit dem Ehre sei dem Vater und einem Vater Unser schließt. Dadurch soll das Rosenkranzgebet eingebettet werden in das Bekenntnis und den Glauben der Kirche.

Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde,
und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters:
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige katholische Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben. Amen.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.
Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.

dann folgt das Vater Unser:

Vater unser im Himmel
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Daran schließt sich ein dreifacher Rosenkranz an, der uns auf den Hauptteil einstimmen soll. Der Grundtext bleibt derselbe; bei der Zeile, die das Geheimnis des Lebens Jesu nennt, tritt jeweils eine Ergänzung hinzu.

Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes Jesus, ...
Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes, Amen.

Der Text wird drei Mal wiederholt und jeweils eingefügt:
... Jesus, der in uns den Glauben vermehre.
... Jesus, der in uns die Hoffnung stärke.
... Jesus, der in uns die Liebe entzünde.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.

Jetzt beginnt der eigentliche Rosenkranz. Er besteht aus einzelnen "Gesätzen", die jeweils ein Thema aus dem Leben Jesu aufgreifen. In jedem Gesätz wiederholt man zehnmal den Grundtext mit der jeweiligen Ergänzung; zehnmal entsprechend der Perlen am Rosenkranz oder der Finger an den beiden Händen.

Die vier allgemeinen Rosenkränze sind im Folgenden abgedruckt; für das regelmäßige Gebet, zumal wenn man eine Bibel zur Hand hat, empfiehlt es sich aber, auch einmal weitere Einzelheiten aus dem Leben Jesu in den Rosenkranz einzufügen.

Der freudenreiche Rosenkranz:
... Jesus, den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast.
... Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast.
... Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast.
... Jesus, den du, o Jungfrau, geboren hast.
... Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast.

Der lichtreiche Rosenkranz*:
... Jesus, der im Jordan getauft worden ist.
... Jesus, der sich bei der Hochzeit zu Kana offenbart hat.
... Jesus, der das Reich Gottes verkündet und zur Umkehr gerufen hat.
... Jesus, der auf dem Berg verklärt worden ist.
... Jesus, der die Eucharistie eingesetzt hat.

* "Der lichtreiche Rosenkranz" wurde 2002 von Papst Johannes Paul II. empfohlen, denn er ergänzt die klassischen drei um wichtige Gesichtspunkte des Lebens Jesu: "Damit sich der Rosenkranz in einem umfassenderen Sinne des Wortes »Kompendium des Evangeliums« nennen kann, ist es sinnvoll, die Betrachtung auch auf einige besonders bedeutende Momente des öffentlichen Lebens Jesu zu lenken (lichtreiche Geheimnisse). Diese lassen sich nach dem Gedächtnis der Inkarnation und des verborgenen Lebens Christi (freudenreiche Geheimnisse) einordnen, und vor der Betrachtung seines Erleidens der Passion (schmerzhafte Geheimnisse), auf die der Triumph der Auferstehung (glorreiche Geheimnisse) folgt."

Der schmerzhafte Rosenkranz:
... Jesus, der für uns Blut geschwitzt hat.
... Jesus, der für uns gegeißelt worden ist.
... Jesus, der für uns mit Dornen gekrönt worden ist.
... Jesus, der für uns das schwere Kreuz getragen hat.
... Jesus, der für uns gekreuzigt worden ist.

Der glorreiche Rosenkranz:
... Jesus, der von den Toten auferstanden ist.
... Jesus, der in den Himmel aufgefahren ist.
... Jesus, der uns den Heiligen Geist gesandt hat.
... Jesus, der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat.
... Jesus, der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat.