Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Hochfest Allerseelen 2025 (1. Thessalonicherbrief)

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2. November 2025 - Heilig Kreuz, Feldafing

1. Erdbestattung

  • Die Zahl der Urnenbestattungen nimmt zu. Noch radikaler: die Entscheidung für die anonyme Bestattung oder gar die Verstreuung der Asche. Was auf den ersten Blick wie eine moderne Form der Freiheit erscheint, ist mag Ausdruck einer tiefen Verunsicherung sein: Was bleibt von mir? Was bleibt von uns? Mehr noch aber höre ich das Motiv: Nicht zur Last fallen zu wollen. Das klingt gut. Aber es mag sich dahinter auch verbergen, dass es schwerfällt, Hilfe und Liebe von anderen anzunehmen.
  • Die katholische Kirche empfiehlt weiter die Erdbestattung – nicht aus Starrsinn, sondern aus einem tiefen Respekt vor dem menschlichen Leib. Der Leib ist nicht nur Träger des Lebens, sondern Ort der Begegnung mit Gott. In ihm hat sich das Leben vollzogen, in ihm wurde geliebt, gelitten, geglaubt. Die Erde, in die wir den Leib legen, ist nicht das Ende, sondern der Schoß, aus dem neues Leben wachsen kann – wie ein Samenkorn, das stirbt, um Frucht zu bringen (vgl. Joh 12,24).
  • Eine Erdbestattung ist nicht nur ein Akt der Pietät, sondern ein Bekenntnis: Wir glauben an die Auferstehung des Leibes. Sie ist ein Zeichen der Hoffnung – und eine Aufgabe für die Lebenden: das Grab zu pflegen, zu erinnern, zu beten. In der Sorge um die Toten zeigt sich unsere Liebe – und unser Glaube an das Leben, das stärker ist als der Tod.

2. Auferstehung

  • Paulus schreibt: „Wir wollen euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben.“ Trauer ist erlaubt, ja notwendig. Aber sie ist durchzogen von Hoffnung – nicht auf ein Weiterleben im Allgemeinen, sondern auf die Gemeinschaft mit Christus. Diese Hoffnung ist nicht psychologischer Trost, sondern eine Verheißung, die auf der Auferstehung Jesu gründet.
  • Wenn Jesus gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen mit ihm zur Herrlichkeit führen.“ Die Auferstehung ist keine Rückkehr ins alte Leben, sondern ein Hineingenommenwerden in das Leben Gottes. Es ist eine leibliche Auferstehung – nicht als Wiederholung des Irdischen, sondern als Verwandlung in das, was wir in Christus schon sind: Kinder Gottes.
  • Paulus betont: Wir werden „zugleich mit ihnen auf den Wolken in die Luft entrückt, dem Herrn entgegen“. Das Bild ist nicht Geografie, sondern Theologie: Es geht um die endgültige Gemeinschaft – mit Christus und untereinander. Der Tod trennt – aber in Christus wird die Gemeinschaft neu gestiftet, tiefer, ewiger, heiliger.

3. Überwindung des Todes heute

  • Ewiges Leben ist nicht nur ein Jenseitsversprechen. Es beginnt dort, wo wir Christus begegnen – in der Eucharistie, im Nächsten, in der Liebe. Wer liebt, lebt schon jetzt in der Kraft der Auferstehung. Wer vergibt, wer teilt, wer tröstet – lebt das Leben, das nicht vergeht. Die Kirche ist nicht Friedhofsverwaltung, sondern Gemeinschaft der Auferstandenen – mitten im Leben.
  • Unser Leib ist nicht nur sterblich, sondern auch heilig. In ihm wird Gottes Liebe sichtbar – in der Zärtlichkeit, im Dienst, im Leiden. Deshalb ist der Glaube an die leibliche Auferstehung kein Anachronismus, sondern ein Bekenntnis zur Ganzheit des Menschen. Der Leib ist nicht zu verachten – er ist zu erlösen.
  • Paulus schreibt: „Tröstet einander mit diesen Worten!“ Trost ist nicht Vertröstung, sondern Ermutigung: Lebt, als ob ihr schon auferstanden wärt! In einer Welt, die den Tod verdrängt, sind wir gerufen, Zeuginnen und Zeugen des Lebens zu sein – mit Hoffnung, mit Liebe, mit Leib und Seele.