Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Taufe des Herrn 2007 (Lesejahr C)

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07.01.2007 - Universitätsgottesdienst St. Ignatius Frankfurt

1. Sich Offenbaren

  • Als Erwachsener um die Taufe zu bitten, ist ein großer Schritt. Wer als Kind getauft wurde, hat Zeit, sich an die Gemeinschaft der Kirche zu gewöhnen. Wer als Erwachsener vor der Entscheidung steht, sieht neben aller positiven Erfahrung, die ihn oder sie motiviert, auch zweitausend Jahre Realität. Auch wenn vieles schwärzer gezeichnet wird, als es historisch war; der verbleibende Schatten ist dunkel genug. Einfacher wäre es, die Katze im Sack zu kaufen. Aber sie ist bereits aus dem Sack und recht struppig und eigenwillig.
  • Nur wenige Menschen verlieben sich auf Basis eines Dossiers. Zumindest mir ist der Fall noch nicht zu Ohren gekommen (noch nicht einmal im Kino!), dass jemand ein umfassendes biographisches Dossier gelesen hätte und sich nach Abwägen aller Vor- und Nachtteile entschlossen hätte zu lieben. Es fängt doch wohl eher mit der Liebe (oder Verliebtheit) an. Erst nach und nach erfährt man von einander spannende Geschichten und wichtige Begebenheiten. Und gleichzeitig wird man mit einander vertraut, mit hellen wie dunklen Seiten. Erst nach und nach öffnet sich mir ein Mensch; erst in einer längeren Beziehung der Freundschaft oder Liebe offenbare ich mich einem Anderen.
  • Nicht jedem will ich mich offenbaren. Das wäre Terror. Vielmehr basiert zum Glück unser Zusammenleben darauf, dass wir gesellschaftliche Umgangsformen entwickelt haben, freundlich mit einander umzugehen ohne dass unsere Seele gleich Striptease machen müsste. Auch die Formalismen der Demokratie und ihre Rituale sollten wir deswegen wertschätzen, denn sie ermöglichen mit ihren Regeln den gepflegten Umgang, ohne dass wir einander alles offenbaren müssten.

2. Gottes Offenbarung

  • Weihnachten ist ein Offenbarungsfest. Seit dem vierten Jahrhundert ringen dabei zwei Termine um den ersten Platz. Bei uns im lateinischen Westen hat die Mittwintersonnwende und 25. Dezember das Rennen gemacht. Entsprechend familiär-innerlich ist das Fest geworden. Die Geborgenheit des Stalles zu Betlehem bietet das Motiv, um Weihnachten als intimes Fest zu feiern, zu dem fast jeder (aber halt doch nicht jeder) nach Hause fährt, um die wärmende Gemeinschaft zu suchen.
  • Der ältere Termin aber ist der 6. Januar. Schon im 3. Jahrhundert hatten Christen in Ägypten das heidnische Fest der Geburt der Sonne in ein christliches Fest des Erscheinens der wahren Sonne gewandelt: An Epiphanie (so der alte Name des Festes, im evangelischen Epiphanias) feierten sie die Geburt Christi vor aller Welt.
  • Drei Evangelientexte wurden von alters her um dieses Fest gerankt. Gestern, am Fest der Erscheinung des Herrn, tritt das göttliche Kind vor die Weisheit der Welt - die Huldigen der Weisen aus dem Morgenland. Heute, am Fest der Taufe des Herrn, verkündet Gott am Jordan seine Herrlichkeit, wenn der Heilige Geist "sichtbar in Gestalt einer Taube" auf Jesus herabkommt und "eine Stimme aus dem Himmel spricht: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden." Und am kommenden Sonntag wird verkündet, wie Jesus bei der Hochzeit zu Kana sein erstes Zeichen tun wird.
    In diesen drei Evangelien drückt sich aus, was das ältere Weihnachtsfest ist: Offenbarung des menschgewordenen Gottes vor der Welt. Dieser Version des Festes eignet nichts intimes. Gott offenbart seinen Sohn und offenbart darin sich selbst. Wenn wir nachher im Credo bekennen werden, dass Jesus Christus "wahrer Gott vom wahren Gott" ist, dann bekennen wir, dass in ihm Gott sein Inneres nach außen kehrt und sich uns zeigt, wie er ist. Nicht etwas offenbart uns Gott, sondern sich. Das Geheimnis Gottes wird offenbar und offenbart sich als sich verschenkende Liebe. Das Herz Gottes wird öffentlich vor der Welt der Menschen.

3. Verkündigung

  • Wir hingegen sollten auch weiterhin nicht jedem unser Herz ausschütten. Wir dürfen Masken tragen und gesellschaftliche Konventionen nutzen zum Schutz unserer Intimsphäre. Öffentliche Bekenntnisse des eigenen Glaubens haben deswegen leicht etwas Peinliches.
  • Etwas anderes aber ist es mit unserem kirchlichen Glauben. Denn mit der Kirche tritt jeder von uns als in Taufe und Firmung Berufener in die Öffentlichkeit. Deutlich wird das im gemeinsamen Sprechen des Glaubensbekenntnisses. Was jeden von uns im Innersten und intim bewegt, sollten wir nur im geschützten Bereich von Freunden offenbaren und mit denen teilen, die wir lieben. Hier aber ist es die öffentliche Stimme, die Christus durch uns verkündet als den Sohn, an dem Gott Gefallen gefunden hat.
  • In der westlichen Tradition kommt das besonders durch das Sakrament der Firmung zum Ausdruck und darin, dass sie zeitlich von der Kindertaufe getrennt wird. In der Firmung werden wir durch die Gemeinschaft der Kirche beauftragt, öffentlich zu sprechen und den Glauben zu bezeugen. Der Gefirmte bleibt ein individueller Mensch, den Gott auf einzigartig intime Weise im Herzen berührt und begleitet. Zugleich tritt er aber als Glied der Kirche vor die Öffentlichkeit und spricht als beauftragter Christ, um die Selbstoffenbarung Gottes weiter zu tragen. Amen.