Predigt zum 2. Fastensonntag Lesejahr A 2002 (Matthäus)
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24. Februar 2002 - St. Bartholomäus, Frankfurt-Zeilsheim,
1. Offenbarung in Einheit mit dem Ersten Bund
- Auf dem Weg nach Jerusalem muss etwas passiert sein, das ganz außerordentlich war. Zwischen der Taufe Jesu im
Jordan und dem Bekenntnis des Hauptmannes unter dem Kreuz ragt die Verklärung Jesu heraus. Drei Jünger hat Jesus
mitgenommen, die uns Zeugen dessen sind, was sich zugetragen hat.
- Die Verklärung Jesu, wie Matthäus sie schildert, weicht in Details ab von den Texten, die wir im Lukas- und im
Markusevangelium finden. Gerade in diesen Abweichungen jedoch finden sich die Akzente, die mir dieses Evangelium
besonders lieb machen.
- Der Berg, auf den Jesus die drei Jünger führt, erinnert an den Berg der Offenbarung aus dem Ersten Testament. Gott
offenbart sich in Jesus nicht zum ersten Mal. Daher sehen die drei Jünger Jesus auch im Zwiegespräch mit Mose, der dem
Volk Israel das Gesetz übermittelt hat, und mit Elija, dem ersten der großen Propheten. Nicht abgetrennt von dieser
Tradition offenbart sich Gott nun in dem Menschen Jesus von Nazareth: Nicht nur die Kleider, auch das Gesicht Jesu
strahlt die Herrlichkeit Gottes wider.
2. Die leuchtend dunkle Wolke
- Petrus wird zum Exempel unseres christlichen Lebens, wenn er Jesus anbietet, drei Hütten zu bauen: Für Jesus, für Mose
und für Elija. Petrus bietet sich an, der Offenbarung Gottes im Ersten und im Neuen Bund einen Raum zu geben.
Matthäus sieht darin, so scheint mir, einen auch durchaus positiven Aspekt, denn er betont, dass Petrus Jesus diese
Hütten anbietet.
- Dem entspricht eine Erfahrung des Glaubens. Dort, wo wir etwas erfahren haben vom Licht Gottes, dort ist es auch gut,
wenn wir bereit sind, dem einen Ort in unserem Leben zu geben. Es gibt aber einen Unterschied. Es gibt die Versuchung,
Gott Vorschriften machen zu wollen. Es gibt einen Hang, Gott einzuengen. Das würde die Weite der Erfahrung des
Glaubens sehr schnell zunichte machen. Wir können und sollten Gott anbieten, mit ganzem Herzen und voller
Bereitschaft, einen Ort bei uns zu haben. Wir sollten dabei aber offen bleiben für den Weg, den Gott selbst geht. Ein von
uns eingefangenes Licht wird nie das Licht Gottes sein.
- Noch während Petrus redet, so heißt es, "wirft eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie". Man muss sich dies
vorstellen, um zu merken, was in diesem Satz steckt. Im Markusevangelium ist nur von "einer Wolke" die Rede, die ihren
Schatten wirft. Matthäus sieht mehr. Er sieht eine leuchtende Wolke, die ihren Schatten wirft.
Ich verstehe dieses Bild sehr gut. Es ist die Erfahrung des Petrus. Petrus hat das Leuchten gesehen. Er hat sich begeistern
und mitreißen lassen. Gerade in diesem Licht aber hat Petrus auch seine Schattenseiten erlebt und erlitten. Das Licht des
Glaubens lässt sich nicht so schnell festhalten und in Hütten bewahren. Es ist ein schmerzlicher Prozess, wenn wir Gott
erfahren, so wie es den Augen schmerzt und wir Nichts sehen, wenn wir plötzlich in ein helles Licht treten.
3. Jesus sehen
- Aus der leuchtend-dunklen Wolke heraus hören wir die Stimme Gottes. Aus der Erfahrung heraus, dass Gott, der so ganz
Licht ist, uns oft dunkel bleibt, offenbart sich Gott. Die Offenbarung ist nur der Hall einer Stimme. Diese Stimme aber
lädt uns ein, in Jesus Gottes Gegenwart zu entdecken: "Dies ist mein geliebter Sohn". Und diese Stimme lädt uns ein, für
unser eigenes Leben die Orientierung in dem zu finden, was Jesus sagt und tut: "Auf ihn sollt ihr hören".
- Vielleicht ist es überraschend, dass das Evangelium nicht etwa berichtet, die Jünger hätten mit Freude, sondern mit Angst
reagiert. Dies mag in der Tat merkwürdig sein, wenn ich Freude zum höchsten Kriterium christlichen Glaubens erhebe.
Hier aber ist etwas Anderes zentraler. Wie im Schatten der leuchtenden Wolke, überkommt die drei Jünger regelrechte
Angst, ein Bangen um sich selbst, als sie gewahr werden, wie nah sie Gott sind. Die Jahre, die sie mit Jesus gezogen sind,
haben sie das Heilige seiner Gegenwart leicht vergessen lassen. Leben mit Jesus kann wie das Leben als Christ zur
Gewohnheit werden.
- Deswegen schenkt Gott Offenbarungen wie die am Berg. Gott schenkt diese Erlebnisse Menschen, die für uns und für
einander zu Zeugen dessen werden, was sie erfahren haben. Gerade, dass Petrus, Jakobus und Johannes, die großen
Apostel, so bis in das Mark getroffen werden, macht sie uns wichtig als Zeugen des Glaubens. Denn, so heißt es, als sie
sich in ihrer Angst von Jesus berühren lassen, sehen sie ihn, Jesus allein. Das ist nicht wenig. Denn in Jesus zeigt sich Gott
selbst, helles Licht im Dunkel. Amen.