Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zu Karfreitag 2015

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3. April 2015 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Ohne Waffen

  • "Steck das Schwert in die Scheide!" Das Reich, das in Jesus Christus beginnt, beruht nicht auf Schwertern. Dem Pilatus, der ihn verhört, sagt Jesus "Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen".
  • Pilatus wird nicht gewusst haben, ob ihn die Antwort Jesu beruhigen oder beunruhigen soll. Als Stellvertreter des irdischen Königs könnte er Entwarnung geben. Aber er ahnt, dass dieser, der vor ihm steht, ohne die Waffe des Schwertes, gefährlicher ist, als es Schwerter sein können.
  • Jesus hat nichts anderes als die Wahrheit Gottes auf seiner Seite. Pilatus fragt skeptisch-distanziert: "Was ist Wahrheit?"; doch Jesus lebt die Wahrheit, für die er in diese Welt gekommen ist: "Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege."

2. Kein Versprechen

  • Die Waffe Jesu ist es, keine Waffe zu brauchen. Manche seiner Jünger scheinen Waffen gehabt zu haben, bereit sie zu gebrauchen. Sie hatten noch nicht verstanden, auch Petrus nicht.
  • Was Jesus hat, nennt er das Vertrauen in seinen Vater. Das ist nicht das Vertrauen des kleinen Jungen, der frech auftrumpft, weil er hinter der Ecke noch unsichtbar seinen großen Bruder mit dem Knüppel weiß. Jesus steht wirklich mit leeren Händen da.
  • In Gott zu vertrauen ist wesentlich Risiko. Denn Gott ist keine Größe dieser Welt. Sein Reich ist "nicht von dieser Welt". Er kann deswegen sich mit den Waffen dieser Welt weder verteidigen noch verteidigt werden. Gott kann mir auch nichts von dem versprechen, was diese Waffen versprechen: Einfluss, Macht, Ansehen bei den Menschen.

3. Ohnmächtiges Vertrauen

  • Der Glaube ist wehrlos, nicht nur wenn es gegen die Schwerter der Statthalter dieser Welt geht. Der Glaube ist letztlich durch und durch wehrlos. Daher kann er auch nur 'durch und durch' und nicht 'hie und da' gelebt werden.
  • Das merke ich dann, wenn ich spüre, dass ich keine wirkliche Antwort habe, wenn gefragt wird, warum ein Flugzeug mit 150 Menschen an Bord in den Abgrund gestürzt wird. Zehn, zwanzig oder dreißigmal Mal so viele Menschen sterben, weil sie als Flüchtlinge über das Mittelmeer Europa nicht erreichen. Auch hier habe ich keine Antwort. Ich bin wehrlos gegenüber dem Warum der Frau, deren Mann nach nur wenigen Jahren der Ehe aus heiterem Himmel an Herzinfarkt stirbt.
  • Auch hier habe ich nichts, mit dem ich Gott verteidigen könnte, kein Schwert, kein Argument, keine Klugheit dieser Welt. Alles was ich habe ist das hier: der Blick auf den, der das Kreuz auf sich genommen hat, um bei denen zu sein, die nichts haben, außer Gott allein, mit leeren Händen nur die Sehnsucht, ihm vertrauen zu können. Eine wehrlose Wahrheit, die mächtig ist nur dann, wenn ich sie lebe. Amen.