Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zur Hochzeit - In allem vertrauen

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1. August 2015 - St. Joseph, Hamburg-St.Pauli

1. Offen

  • Beim allerletzten Gespräch der langen gemeinsamen Vorbereitungszeit, habe ich S. und R. gefragt, wie sie die Kultur der Familien beschreiben würden, aus der sie jeweils kommen. Nach einigem Nachdenken haben beide dasselbe Wort für ihre doch eigentlich ganz verschiedenen Familien gewählt, das Wort 'offen'. Bei näherem Hinschauen geht einem auf, dass diese beiden Familien vielleicht tatsächlich viel gemeinsam haben. Die Mutter von S. stammt von den Philippinen, ist katholisch und hat eine lange Wanderung und Anpassung an ein neues Leben hinter sich. Die Familie von R. musste sich für diese Veränderung in ihrem Heimatort entscheiden.
    Das ist dann vielleicht also eine Gemeinsamkeit. Zwei Familien, die sich auf den Weg gemacht haben und sich neu orientieren mussten in einer neuen Welt. Beide Familien haben sich für die Offenheit entschieden. Für beide war das nicht selbstverständlich. So betrachtet gibt es bei den beiden Familien viel Gemeinsamkeit bei allen Unterschieden.
  • Die Unterschiede mögen groß sein; wenn man die beiden mit einander erlebt, versteht man sofort, dass es Wichtigeres gibt.
    Sie beide, S. und R., wollen heute in dieser besonderen Form einer katholischen Hochzeitsfeier öffentlich und verbindlich Ja zu einander sagen. Sie sagen das Ja zu dem was Sie sind, mit und in aller Verschiedenheit. Damit geben Sie zugleich uns allen ein beeindruckendes Zeichen des Vertrauens, das Sie dabei trägt.
  • Beiden ist nämlich das, was heute geschehen wird, ganz sicher nur möglich mit einem großen Grundmaß an Vertrauen. Sonst wären die beiden heute nicht hier, wenn ihnen nicht geschenkt worden wäre, vertrauen zu können. Nur wer vertrauen kann, kann offen und neugierig sich auf Neues und Fremdes einlassen. Ich vermute, dass einige unter den Freunden und Familienangehörigen hier sind, denen die beiden das verdanken; andere können nicht physisch hier sein, sind es aber im Geiste, aus der weiten Ferne oder ganz nah vom Himmel her.

2. Respekt

  • Bei der Aufgabe, Texte aus der Bibel für den heutigen Gottesdienst auszusuchen, sind R. und S., um es vorsichtig zu sagen, nicht übermäßig fantasievoll gewesen. Sowohl die Lesung aus dem Ersten Korintherbrief, als auch das Evangelium vom Vertrauen sind sehr typische Texte für eine Hochzeit; es ist wohl kaum möglich, die Texte bei Google nicht zu finden. Aber R. und S. stehen dazu. Die Lesung vor allem hat es ihnen angetan. Dort ist in jeder Zeile von der Liebe die Rede und die Liebe ist es doch, weswegen sie zusammen sind.
  • Allerdings muss man dann gleich einschränkend sagen, dass der erste Korintherbrief keineswegs an ein verliebtes Pärchen geschrieben wurde. Der Apostel Paulus hat viel mehr an eine ziemlich zerstrittene christliche Gemeinde in der Hafenstadt Korinth geschrieben. Insofern wird es nicht ganz das romantische Verliebtsein sein, was Paulus meint wenn er von Liebe redet.
    Aber gerade das macht ja die Lesung auch für eine Hochzeit so wertvoll. Denn, dass sie romantisch verliebt sein sollten, muss man den Beiden nicht noch extra sagen.
  • Ich schlage deswegen vor, das Wort 'Liebe' in diesem Text durch 'Respekt' zu übersetzen. Die griechische Sprache, in der das Neue Testament in der Bibel geschrieben wurde, hat nämlich für 'Liebe' mehre verschiedene Wörter, wo wir im Deutschen nur eines haben. Nehmen wir an der Stelle hier 'Respekt', dann würde der Satz für das Paar hier heute heißen: Und selbst, wenn Ihr über beide Ohren in einander verliebt wäret, hättet aber nicht den Respekt füreinander, dann wäre die Liebe nichts als ein wenig Chemie im Hirn. Es ist aber genau die respektvolle Liebe, die heute S. und R. einander versprechen, wenn sie vor Gottes Angesicht die Ehe schließen.

3. Vertrauen

  • In der Mitte des Abschnittes, den wir als Lesung gehört haben, findet sich ein erstaunlicher Satz. Die "Die Liebe", heißt es dort, "erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand." Das möchte ich so nicht unterschreiben. Denn ich finde im Gegenteil, gerade die Liebe erträgt nicht alles klaglos, sondern weiß wo Widerstand die größere Liebe bedeutet; die Liebe glaubt nicht alles, sondern muss lernen zu unterscheiden, sonst endet sie in einer großen Enttäuschung, und das gälte auch für eine Liebe, die einfachhin alles und jedes hofft.
  • Zum Glück ist aber vom Zusammenhang her deutlich, dass das nicht gemeint ist. Vielmehr bezieht sich das "alles" auf jede Situation: Die Liebe vermag in allem zu tragen, sie vertraut in allen Situationen und verliert nie die Hoffnung. In diesem Sinn gilt: "Die Liebe hält allem stand." und auch "Die Liebe hört niemals auf."
  • Vor allem die Mitte dieses Satzes wünsche ich Ihnen beiden: Eine Liebe, die sich tragen lässt von glaubenden Vertrauen und vertrauenden Glauben. Nicht zufällig heißt die Hochzeitsfeier auch Trauung. Es ist ein Gott der ihnen traut, es sind Sie, die sich vom Trauen und Vertrauen tragen lassen und so einander Trauen wollen: Sie vertrauen, dass die respektvolle Liebe, die Sie heute einander versprechen, ein Leben lang zu tragen vermag. Sie sind ihren Familien dankbar für die Offenheit, die sie dort erfahren haben. Bewahren Sie sich diese Haltung und bauen Sie Ihr Leben auf das Vertrauen, dass Gott und Gottes Segen mit Ihnen ist. Amen.