Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 30. Sonntag im Lesejahr B 1994 (Markus)

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22. Oktober 1994 (Weltmissionssonntag) - St. Peter Offenbach

1. Mission

  • "Mission heute" ist das Thema des Weltmissionssonntages. Solange dieser Sonntag dafür steht, vage irgendwie der Dritten Welt zu helfen, mag er ohne Aufstand hervorzurufen im Kalender des Kirchenjahres untergehen.
  • Wenn dieser Sonntag aber Mission meint und alle Assoziationen von 2000 Jahre Missionsgeschichte zugleich hochkommen, dann ist es um die Popularität dieses Sonntags schlecht bestellt. Ist Mission dadurch nicht bar aller Legitimität?
  • Es darf aber die Gegenfrage erlaubt sein. Ist vielleicht das Missbehagen bei dem Gedanken an "Mission heute" eine deutlicher Ausdruck dafür, wie wenig ich meinen eigenen Glauben für glaubenswert halte? Will ich deswegen nicht andere "missionieren" weil ich mir für mich selbst gar nicht so sicher bin, dass das Evangelium befreiend ist und dem Menschen gut tut?

2. Bartimäus

  • Die Gestalt des blinden Bartimäus muss uns dann vollends unverständlich sein: Blind ruft er nach Jesus. Er sieht nichts, aber er ruft. Es ist die Sehnsucht pur. Für Bartimäus ist seine Behinderung so offensichtlich, dass es für ihn deutlich ist, warum er schreit. Er schreit, weil seine Augen verschlossen sind.Ob er auch weiß, worum er schreit? "Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!" klingt nicht präzise. Es ist ein Schrei aus der Not.
  • Die anderen, die auf dem Weg mit Jesus unterwegs sind, hören nur das Geschrei. Sie finden es lästig. Das sagt viel über sie aus. Es spricht Bände darüber, aus welchen Motiven - oder mit wie wenig Motiven - sie selbst Jesus nachfolgen.
  • Wer sich so an dem Sehnsuchtsgeschrei dessen stört, der am Rand ist, muss sich die Frage gefallen lassen: Mit wie viel Begeisterung magst Du selbst wohl Jesus folgen?

3. Auf dem Weg

  • Die Szene des heutigen Evangeliums taugt als Test auf den eigenen Glauben. Wenn wir uns die Szene realistisch vorstellen können wir ehrlich unsere Reaktion darauf testen: Wir sind auf dem Weg, nahe aber doch distinguiert-distanziert bei Jesus und da ist einer am Rand und schreit nach Jesus. Wenn wir uns so in die Szene reindenken, dann werden wir merken wie viel oder wie wenig Gespür wir dafür haben, dass dieser Jesus Heil auch für andere bedeutet, die nicht schon on the road sind.
  • Um nichts anderes geht es auch heute bei Mission. Es geht darum dass wir, die wir "drin" sind, uns die Frage stellen müssen, ob wir begriffen haben, was uns da geschenkt ist - um es auch anderen zu gönnen. Mission ist zunächst die Frage an den eigenen Glauben.
  • Wahrscheinlich ist die einzige Möglichkeit zur Ursprünglichkeit des eigenen Glaubens zurückzufinden, dass ich mich wir Bartimäus am Rand finde. Vielleicht ist die einzige Möglichkeit, zu sehen, dass ich mich am Rand des Weges finde, dass ich sehe und erlebe, wie Jesus diese Menschen ruft: allen Versuchen seiner Begleiter Bartimäus abzuwimmeln zum Trotz. Amen.