Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt 3. Adventssonntag Lesejahr A 2007 (Matthäus)

Zurück zur Übersicht von: 3. Advent Lesejahr A

16. Dezember 2004 - Universitätsgottesdienst St. Antonius, Frankfurt

1.Warten und hoffen

  • Warten und hoffen, dass ein Mensch kommt. Warten und hoffen auf die Begegnung mit der Frau oder dem Mann, mit einem Menschen, der den Alltag aufbricht. Viele haben einen oder eine, auf den sie warten. Vielen aber bleibt erstmal nur zu hoffen. Es mag nette Bekanntschaften geben, die neben Studium oder Arbeit, Computer oder Fernseher, Mensa oder Mikrowelle da sind. Aber das wird doch hoffentlich nicht alles sein.
  • Wir brauchen andere Menschen. Das ist die Ausnahme, wenn einer das sich selbst genügende Genie ist und nichts weiter braucht als Bücher oder ein Labor oder nur einen leistungsstarken Rechner. Wir meisten - oder doch alle? - sind geprägt von Menschen und blühen dann auf, wenn einer da ist, der das in uns herauslockt, was verkümmert, wenn wir allein bleiben.
  • Warten und hoffen klingt passiv. Das sollte es aber nicht sein. Einerseits muss unter die Menschen gehen, wer auf einen Menschen hofft. Andererseits wird ein Mensch ohne Charakter und Profil, ohne Meinung und Standpunkt, ohne Leidenschaften und Interessen, ziemlich sicher allein bleiben. Wer sich konturlos biegt wie das Schilf im Wind ist uninteressant.

2. Der Täufer Johannes

  • Uninteressant war der Täufer Johannes sicher nicht. Er hatte hohe Ansprüche und Erwartungen an sich wie andere. Das hat ihn in Konflikt mit dem König gebracht und in das Gefängnis. Dort sitzt er fest und kommt in's Grübeln. Er hatte sich selbst in großer Radikalität darauf vorbereitet, dem zu begegnen, von dem er darauf vertraute, dass er ist, "der da kommen soll". Gott hat den verheißen, der Gottes Gegenwart bringt. Johannes setzt auf die Treue Gottes und war sich eigentlich sicher, dass der Gesalbte Gottes nahe ist. Als Jesus zu ihm gekommen war, war er überzeugt, dass dieser der Eine ist. Kurz danach aber landet er im Gefängnis, und da sitzt er jetzt.
  • Johannes war nicht allein. Es gab Schüler, die zu ihm hielten. Er war also nicht so ein schräger Prophet, der sich mit allen und jedem überwirft. Er sucht nicht Streit um des Streits willen, sondern streitet um das, was den Konflikt lohnt. Er sucht nicht Freunde um jeden Preis. Schon gar nicht biedert er sich denen an, die "fein gekleidet" in "den Palästen der Könige" flanieren. Aber er ist offen für Menschen, die seine Leidenschaft für Gottes Gerechtigkeit teilen. Solche Menschen findet er. Solche Freunde bleiben ihm freund, auch wenn es nicht mehr opportun erscheint.
  • Diese Freunde schickt Johannes zu Jesus. Er wird gehofft haben, dass der, den Gott zum König salbt, einen König wie Herodes vom Thron stößt - und ihn, Johannes, aus dem Gefängnis holt. Weil das ausbleibt schickt er seine Schüler zu Jesus mit der Frage: "Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?" Jesus aber antwortet nicht mit einem einfachen ja: Er antwortet mit dem Hinweis auf die Zeichen, die nach den Worten des Propheten Jesaja das Kommen Gottes erkennbar machen. Diese gipfeln darin, dass "den Armen das Evangelium verkündet" wird, nicht den fein Gekleideten, sondern denen die ihre Hoffnung auf Gott setzen.

3. Aktiv warten

  • Profil haben und Profil suchen. Beides gehört zusammen. Da ist kein Versprechen, dass ich den Menschen finde, den ich suche. Aber es ist eine echte Hoffnung und nicht nur Panik, jemanden abzubekommen. Deswegen gehört zum Warten auf den Anderen die Arbeit an sich selbst. Wer sich selbst aufgibt, auf wen kann der hoffen? Wer die Ansprüche an sich selbst in den Keller schraubt, mag überall bequem durchflutschen. Es werden aber auch die interessanten Menschen an ihm vorbei gehen wie der Wind an dem Schilf, das sich in ihm biegt.
  • Wenn wir die Hoffnung des Johannes verstehen wollen, gilt das umso mehr. Johannes hat Freunde, gute Freunde wahrscheinlich, die ihm sehr nahe sind. Wir sollten alles dafür tun. Aber ihre Tiefe bekommt diese Freundschaft und Liebe erst dort, wo sie sich ausstreckt nach dem Größeren, nach der Erfüllung der Treue Gottes. Denn ob allein oder zu zweit: Wenn wir unter Niveau auf Gott warten, wie soll sich Gott da offenbaren? Wir würden mit einem halbgaren Gottesbild allein bleiben. Deswegen setzt der Täufer Johannes Maßstäbe.
  • Johannes ist der Größte unter den Wartenden. Er ist ein Großer in Israel, kein Gescheiterter. Darin bleibt er auch für uns Vorbild und Ansporn. Aber auch wenn er in der Rolle des Wartendenden der Größte ist, erfüllt sich das Warten erst im göttlichen Bereich, dem Himmelreich, das mit Jesus Christus gekommen ist. An ihm ist leicht Anstoß zu nehmen, er kann leicht zum Skandal werden. Denn Gottes Niveau und Größe zeigt sich in der Demut seiner Liebe. Der Kleinste ist hier der Größte. Das Kind im Stall wird zum Beginn der neuen Welt. Amen.