Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt Schüler Stufe 5-7 der Sankt-Ansgar-Schule, Hamburg

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30. November 2015 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Kein Unterschied

  • Es gibt kein Gesetz zum Gutes tun. In Deutschland gibt es zwar im § 323c Strafgesetzbuch den Tatbestand "Unterlassene Hilfeleistung". Danach sollte man eigentlich helfen. Aber auch nur, wenn man nichts riskiert; nur wenn es "ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten" möglich gewesen wäre zu helfen, würde dieser Paragraph verpflichten. Ohne Risiko und Aufwand helfen, vielleicht. Aber eigentlich verpflichtet euch nichts.
  • Du kannst als Mensch leben, ohne etwas für andere zu riskieren. Du kannst durch die Schule und durchs Leben kommen, ohne etwas für Menschen zu tun, die dich nichts angehen, weil sie ja auch für dich nichts tun. Du machst das, was dir nützt und was du unbedingt musst. Das war es dann aber auch. Nichts tun, was man nicht unbedingt tun muss.
  • Diese Haltung gibt es. Ich habe den Eindruck, zum Glück: selten. Aber es gibt es oft genug. Es gibt diese Haltung bei Priestern und bei Lehrern, aber auch bei Schülern. Das sind die Menschen, die keinen Unterschied machen. Sie verändern nichts. Oder, um es mit einem ganz alten Wort zu sagen: Das sind Menschen, die keinen Mut haben zur Barmherzigkeit.

2. Samariter

  • Das versucht Jesus mit seiner Geschichte zu erklären. Samariter, das ist der Ausländer. Um genau zu sein: Samariter, das waren damals die Ausländer, die direkt nebenan wohnten. Und wie es bei Menschen häufig ist: bei den Nächsten sind die Konflikte am heftigsten. Da grenzt man sich ab. Es fällt leicht, die Fehler der Nachbarn zu sehen. Man kennt sie gut genug. Es gibt genug Beispiele. Hätte es damals schon Internet gegeben, jeder hätte ein Beispiel gewusst, wie die Samariter trügen, stehlen, lügen, arrogant sind, nur Sozialleistungen ausnutzen wollen, sich nicht integrieren oder dass sie einfach nur zu viele sind, für die hier kein Platz ist.
  • So einen Samariter nimmt Jesus als Beispiel für einen Menschen, der einen Unterschied macht, weil er barmherzig handelt. Dabei ist dieser Mann aus Samarien kein besonderer Held. Er kommt nur einfach an dem vorbei, den die Räuber zusammengeschlagen hatten, und tut das, was er eben tun kann, nicht mehr. Er verbindet ihn notdürftig, er bringt ihn zum nächsten Gasthaus und sorgt dafür, dass ihm dort geholfen wird. Dann zieht er weiter, denn er hat zu tun.
  • Das ist keine heroische Tat. Er ist kein Avanger der das Unrecht rächt und die Menschheit rettet. Alles was über ihn zu sagen ist steckt in dem kurzen Satz "Als er ihn sah, hatte er Mitleid". Er geht nicht vorüber. Er sieht hin. Er lässt sich berühren und schämt sich nicht dafür, uncool zu sein. Mitleid haben, das ist ein anders Wort für Barmherzigkeit. Ein Herz, das in der Lage ist, sich berühren zu lassen. Es sind die Barmherzigen, die einen Unterschied machen in der Welt.

3. Ein Unterschied

  • Gott traut euch zu, dass ihr einen Unterschied macht. Ihr seid getauft, ihr gehört zu Gott. Das bedeutet: Der Schöpfer des ganzen Universums will euch berufen, einen Unterschied zu machen.
    Einen Unterschied machen diejenigen, die nicht ängstlich und dumm nur darauf achten, nicht mehr zu tun, als man jetzt unbedingt machen muss. Einen Unterschied machen Menschen die nicht vorüber gehen, sondern hinschauen. Das sind die wirklichen Helden, die noch ein Herz haben, das sich berühren lässt von dem Menschen neben sich. Die wirklichen Helden sind die Barmherzigen. Ob es diese Menschen gibt, macht einen Unterschied. Ob du Barmherzigkeit übst, macht einen Unterschied. Ob eure Schule Barmherzigkeit wichtiger findet, als nur ja nicht aufzufallen und alles richtig zu machen - das alles macht den Unterschied, zwischen einer Welt die einfach nur langweilig und leer ist, und einer Welt, wie sie von Gott her sein kann.
  • Denn Gott selbst macht einen Unterschied in dieser Welt. Das feiern wir an Weihnachten und darauf bereiten wir uns im Advent vor. Gott geht nicht vorüber, als ginge ihn das alles nichts an. Gott ist selbst in der Welt Mensch geworden und hat in Jesus gezeigt, wie Gott ist. Ja, Gott hat dafür sogar viel riskiert. Wir bekennen, dass sein einziggeborener, menschgewordener Sohn Jesus Christus das Kreuz auf sich genommen hat.
  • Gott hat diese Welt nicht einfach nur nach den Gesetzen von Astrophysik und Evolution erschaffen, als wäre es genug, Regeln und Gesetzmäßigkeit zu haben. In allem kommt der entscheidende Unterschied dort, wo ein Mensch, an einer Stelle, in einem Augenblick, dort wo einer Hilfe braucht, nicht vorüber geht, sondern barmherzig ist. Amen.