Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 15. Sonntag im Lesejahr A 2008 (Matthäus)

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13. Juli 2008 - St. Peter Brüggen-Born

1. Sie hören und verstehen nicht

  • Manchmal will Gott nicht. Diesen Schluss dürfen wir eindeutig aus den heutigen Lesungen ziehen. Es gibt Dinge, auf die lässt Gott sich nicht ein. Manches will er einfach nicht. Denn einerseits steht da ein Satz in der Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja über das Wort Gottes: Dass es "bewirkt, was Gott will, und all das erreicht, wozu Gott es ausgesandt hat." Zu dem "all das" gehört aber dann offensichtlich auch, dass es Leute gibt, die "hören und doch nicht hören und nichts verstehen".
  • Kann Gott sich etwa nicht verständlich machen? Müsste Gott lauter reden, weil jemand schwerhörig ist. Aber die Leute hören ja. Aber gleichzeitig hören sie nicht. Wir müssen dabei gar nicht über irgendwelche anderen Leute spekulieren. Wir müssen nur ein wenig selbstkritisch auf uns selbst achten, um zu wissen, wie oft uns etwas zum einen Ohr reingeht und zum anderen wieder raus, weil wir "hören und doch nicht hören". Zu sehr sind wir mit uns selbst beschäftigt, um aufmerksam zu sein. Zu sehr basteln wir schon innerlich an unserer eigenen Verteidigung, um zu merken, dass wir gar nicht angegriffen werden, sondern uns jemand etwas sagen will, das wirklich hilfreich für uns wäre.
  • Gott verzichtet darauf, uns niederzubrüllen. Es hat einfach keinen Zweck, jemanden einprügeln zu wollen, er habe seinen Nächsten zu lieben. Eine solche Predigt wäre fruchtlos, weil die Form, in der sie gesprochen wird, in diametralem Gegensatz steht zur Botschaft. So kann auch Gottes Wort nur ankommen, wo wir bereit sind es aufzunehmen; wo wir uns dafür bereiten. Deswegen auch ist das Schuldbekenntnis in der Messe unentbehrlich, bevor wir die Lesungen aus der Heiligen Schrift hören.

2. Den Wind Gottes aufnehmen

  • Dass der Wind weht, ist die eine Sache. Die Kunst des Segelns ist eine andere. Denn da gibt es erst mal zwei einfache Lösungen. Entweder, ich lasse das Segel im Wind flattern. Dann bewegt sich gar nichts. Die Energie des Windes geht verloren. Oder ich stelle das Segel senkrecht zum Wind. Dann treibt er mich mit voller Kraft voraus, egal ob das die richtige Richtung ist oder nicht. Ich werde zum sinnlos Getriebenen.
  • Dies sind zwei falsche Formen, auf Gottes Wort zu hören. Beide bringen das eigene Leben nicht in Verbindung zum Wort Gottes. Im ersten Fall interessiert es nicht. Es streicht an mir vorbei; das Segel ist nicht in den Wind gestellt. Das Wort Gottes hat erst gar keine Chance etwas in Bewegung zu bringen. Im zweiten Fall kommt es ganz fromm daher, aber es vergisst, selbst aktiv zu werden. Das sind die Menschen, die meinen, man müsste nur Buchstabe für Buchstabe nach der Bibel leben - und merken nicht, dass ihr eigenes Leben dabei außen vor bleibt und sie zwar mit Volldampf dahinbrausen, aber alles niedermachen.
  • Jesus klagt, das Herz des Volkes sei "hart geworden, und mit ihren Ohren hören sie nur schwer, und ihre Augen halten sie geschlossen, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihren Ohren nicht hören, damit sie mit ihrem Herzen nicht zur Einsicht kommen, damit sie sich nicht bekehren und ich sie nicht heile". Mir scheint, dass das Wort Gottes nur dort Frucht bringen kann und nur dort mich "heilen" kann, wo ich das Lebensboot, in dem mich Gott erschaffen hat mit Leib und Verstand, und den Wind des Wortes Gottes, das ich hier, in der Gemeinschaft der Glaubenden höre und im Glaubenszeugnis der Heiligen Schrift lese, - wo ich diese beiden zusammenbringe. Den Wind nicht vorbeistreichen lassen und auch nicht einfach auf das Ruder vergessen: Sondern Gottes Wort zur Kraft des Lebens werden lassen.

3. Hören und Frucht bringen

  • Achtet auf das was ihr seht und hört: "Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört." Das was ihr seht und hört, ist das Wort von der Gegenwart Gottes; euch wird verkündet, dass Gott zugegen ist und Gott in Jesus Christus selbst wirksam ist und damit die Königsherrschaft, das Reich Gottes beginnt. Das ist die Frohe Botschaft, das Evangelium. Gottes Name "JHWH", "Ich bin da!", hat sich erfüllt.
  • Aber es ist Gottes Reich und Gottes Wirksamkeit, nicht ein Reich und Wirken nach Menschen Art. Gott prügelt uns sein Reich nicht ein - und jeder, der es im Namen Gottes tut, versündigt sich an Gottes Wort und an den Menschen. Gerade deswegen ist es an uns selbst, das unsere dazu beizutragen, dass mein Herz nicht verschlossen und hart bleibt. Ohne liebevolle Aufmerksamkeit geht das nicht; das Samenkorn bliebe unfruchtbar wie auf Felsen. Deswegen ist es an uns, Stille und Raum zu schaffen, ohne diese bleibe ich mit mir selbst beschäftigt und bleibt der Samen hängen im Dornengestrüpp meiner Sorgen und der Geschäftigkeit meiner Wege.
  • Die erste Frucht des Wortes ist hier. Dass wir zusammen auf die Heilige Schrift hören, dass wir zusammen von uns weggehen und Gott loben, dass wir zusammen uns das Brot brechen lassen, in dem sich Gottes Sohn uns leibhaftig schenkt, das ist schon Frucht. Denn hier wird Vereinzelung durchbrochen und wird Gemeinschaft gebildet. Aber all dies bringt nichts, wenn wir nur unter frommen Volldampf segeln und uns nicht auch verwandeln lassen von diesem Gott, der aufmerksam ist und sich schenkt, damit wir aufmerksam werden und erfahren, dass dies das Größte ist, was uns selbst passiert, wenn wir Gottes Liebe weiter geben. Dann wird dies Frucht bringen, "hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach". Amen.