Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 13. Sonntag im Lesejahr C 2010 (1. Buch der Könige)

Zurück zur Übersicht von: 13. Sonntag Lesejahr C

27. Juni 2010 9.30 Uhr - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Elija

  • Elischa soll Nachfolger des Elija werden. "Der Herr sprach zu Elija: Salbe Elischa, den Sohn Schafats aus Abel-Mehola, zum Propheten an deiner Stelle." Es ist für Elija keine Kündigung. Er wird noch einige Zeit im Dienst Gottes unterwegs sein. Aber der Nachfolger erinnert Elija daran, dass auch große Gottesmänner alt werden und ihre Zeit abläuft.
  • Wie mag es Elija gehen? Er fühlt sich in der Mitte seiner Kraft. Seine Zeit ist doch noch nicht abgelaufen. Er kann und wird doch noch weitermachen. In seiner Zeit stand er manches Mal allein gegen alle und hat dennoch standgehalten. "Der Herr sprach zu Elija: Salbe Elischa zum Propheten an deiner Stelle." Elija mag da die Angst überkommen, entbehrlich zu sein.
  • Aber er nimmt die Aufgabe an, einen Nachfolger einzuführen. Dabei wird er die Erfahrung aller Eltern machen: Sie erziehen ihre Kinder zur Selbstständigkeit; und wenn sie es gut machen, sind ihre Kinder dann tatsächlich selbstständig. Sie gehen ihre eigenen Wege und treffen ihre eigenen Entscheidungen. - so weit zu Elija.

2. Elischa

  • "Der Herr sprach zu Elija: Salbe Elischa zum Propheten an deiner Stelle." Gott teilt dies mit, ohne Begründung. Nirgends ist gesagt, dass Gott Elischa zuvor gefragt hätte. Es könnte ja sein, dass Elischa schon andere Pläne für sein Leben hatte. Jetzt aber spricht Gott.
  • Viele würden sich das sogar wünschen, dass Gott ihnen die Entscheidung abnimmt. Die Last, selbst entscheiden zu müssen, was ich werden soll, ist groß, gerade wenn es mehrere oder gar viele Möglichkeiten gibt. Gerade weil wir heute so wenig festgelegt sind, ist es so schwer, sich zu entscheiden und sich zu binden. Deswegen wohl auch heiraten Menschen heute viel später, entscheiden sich viele erst um die 30, wenn Sie in einen Orden gehen oder Priester werden wollen; deswegen auch dauert es bei vielen lange, bis sie in einen Beruf einsteigen. Da käme so ein klarer Gottesspruch ganz gelegen.
  • Das heißt aber nicht, dass der Inhalt des Spruches gelegen kommt. Denn irgendwie ist die Hoffnung doch, dass es da den einen Beruf, den einen Partner oder den einen Lebensweg gibt, der 'ganz zu mir passt'. Die Realität ist eine andere. Gott spricht auch heute, manchmal ganz eindeutig: Er bringt Menschen in Situationen und Herausforderungen, Gott gibt besondere Talente und führt auf ganz bestimmte Pfade. Es ist aber bezeichnend in unserer Kultur, dass wir zumeist die Antwort auf die Frage nach dem Wohin von innen erwarten und das, was von Außen kommt, als Entfremdung empfinden.

3. Lebensglück

  • Kann Elischa wenigstens sicher sein, dass er als Prophet glücklich wird? Davon steht nichts in der Bibel. Glück, verstanden als Wohl- und Harmoniegefühl, ist dem Propheten nicht verheißen. Diese Maßstäbe greifen nicht. Es könnte sein, dass gerade deswegen so viele Menschen unglücklich sind, weil sie den falschen Maßstab anlegen: Wohl- und Harmoniegefühl, Erfolg, viele Freunde, eine Familie, Gesundheit. Sind die Ideale nur hoch genug, bleibt jede Realität dahinter zurück.
  • Elischa soll Prophet werden; Gott begründet das nicht. Genauso wenig legt Gott jedem von uns Rechenschaft darüber ab, warum wir genau da im Leben stehen, wo wir sind, und warum wir die Situation bewältigen müssen, die wir uns zumeist nicht ausgesucht haben. Die Frage stellt sich daher ganz klar: Kann ich dem Leben trauen, das ich so wenig kontrollieren kann? Kann ich Gott trauen, dass ich auf diesem Weg, mit diesem Partner, mit diesen Schwächen und Begrenzungen das Ziel meines Lebens erreiche? Letztlich geht es um dieses Vertrauen, um den vertrauenden Glauben, dass ich das Ziel erreiche, von dem ich noch nicht einmal genau sagen kann, worin es besteht.
  • Der Mantel des Propheten wird über Elischa geworfen. Ein Fremdes umhüllt ihn. Eben noch war er zusammen mit elf anderen bei der mühsamen Arbeit am Pflug. Jetzt verbrennt er das Joch und brät darauf den Ochsen und nimmt mit diesem Mahl Abschied von dem Leben, wie er es bisher kannte. Woher Elischa die Kraft zu diesem Vertrauen genommen hat, wissen wir nicht. Nur der Name Gottes ist über ihn ausgerufen: Ich bin da, ich bin bei dir.

Nachbemerkung

  • Die parallele Szene am Schluss des heutigen Evangeliums verschärft das Ganze. Da spricht einer Jesus an und sagt: "Ich will dir nachfolgen". Immerhin, die Initiative geht von ihm selbst aus. Aber als er zuvor von seiner Familie Abschied nehmen will, erwidert ihm Jesus kompromisslos: "Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes." Die Gegenwart Gottes in dieser Welt, kann nur erfahren, wer radikal vertraut, dass der Weg, den Gott mich ruft, gangbar ist. Für Elischa war der Name Gottes "Ich bin da!" Im Evangelium ist Gott da. In Jesus Christus zeigt er sein Gesicht und mutet uns zu: Vertraue. Amen.