Predigt zu Pfingstmontag Lesejahr C 2010
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24. Mai 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Taufe
- Bevor im Taufgottesdienst der Täufling oder - bei Kindern - die Eltern und Paten den Glauben
an den dreieinigen Gott bekennen, werden sie gefragt, ob sie dem Bösen widersagen. Das ist
die Voraussetzung. Wir können den Glauben nicht bekennen, wenn wir nicht zumindest den
Wunsch haben, frei zu sein. Umkehr von dem, was uns bindet, ist daher Voraussetzung für den
Glauben.
- Der Vorläufer Jesu war Johannes der Täufer. Er hatte am Jordan eine Taufe gespendet, die ein
Zeichen für die Bereitschaft zur Umkehr war. Die Jünger, die Paulus in Ephesus angetroffen
hat, hatten diese Taufe empfangen, die Taufe des Johannes. Ein wichtiger Schritt, aber noch
nicht die Fülle des Lebens, zu der dieser Schritt hinführen will. Im Gleichnis vom barmherzigen Vater hat Jesus deutlich gemacht, wie weit uns Gott bei der Umkehr entgegenkommt.
Doch ohne die Bereitschaft - oder den Wunsch nach dieser Bereitschaft - von unserer Seite geht
es nicht, da Gott unsere Freiheit hoch achtet.
- Deswegen haben die Johannesjünger in Ephesus nicht wenig, wenn sie die "Taufe des Johannes" empfangen hatten. Paulus jedoch führt sie weiter: Zunächst empfangen sie die Taufe
"auf den Namen Jesu", und dann legt ihnen Paulus als Apostel die Hände auf "und der heilige
Geist kam auf sie herab".
2. Jesus
- Im Römerbrief legt Paulus ausführlich dar, was die Taufe bedeutet. Einen kleinen Abschnitt
daraus haben wir als zweite Lesung gehört. "Alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind
Söhne Gottes", schreibt Paulus. Wir haben das Wort "Söhne" stehen gelassen, obwohl damit
alle Getauften, Männer wie Frauen, gemeint sind. Im historischen Kontext der Zeit des Paulus
bezeichnet "Sohnschaft" aber mehr als das, was wir vielleicht mit Kindschaft assoziieren. Der
Sohn, das macht der Fortgang des Abschnitts deutlich, hat eine Rechtsstellung im Haus des
Vaters. Wie Jesus, der einziggeborene Sohn Gottes, zu Rechten des Vaters im Himmel erhoben
wird, sollen alle, die "auf den Namen Jesu" getauft werden, Anteil an dieser Rechtsstellung
haben.
- Mit Jesus Erben des himmlischen Vaters zu sein bedeutet Freiheit: "Denn ihr habt nicht einen
Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch immer noch fürchten müsstet,
sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht." Unfreiheit und Unsicherheit sind die Merkmale der Existenz des Sklaven. Freiheit und die Sicherheit, wo wir zu
Hause sind, das sind die Merkmale der Kinder Gottes.
- Dass Paulus hier in der Apostelgeschichte nicht von der Taufe auf den Namen des dreieinigen
Gottes spricht, sondern von der Taufe "auf den Namen Jesu", ist kein Widerspruch, sondern
hebt einen Punkt besonders heraus: Wenn wir auf den Namen des dreieinen Gottes getauft
werden, dann werden wir in diese Gemeinschaft Gottes hinein genommen als gleichberechtigte
Schwestern und Brüder Jesu. Mit ihm sind wir Kinder Gottes. Gott hat den Kreis der Dreifaltigkeit gleichsam geöffnet, dass wir in ihn hineintreten können. Dies geschieht durch den Heiligen
Geist. In diesem Geist erfassen wir, wie nahe uns Gott geworden ist. Es ist dieser "Geist, in
dem wir rufen: Abba, geliebter Vater!"
3. Gericht
- Der Gedanke des heutigen Nachklangs zu Pfingsten wird vervollständigt durch einen Abschnitt
aus dem Johannesevangelium. Das Stück ist dem nächtlichen Gespräch Jesu mit Nikodemus
entnommen, der genau in der Situation steht, die wir oben beschrieben haben: Nikodemus hat
den Wunsch nach Umkehr. Er ist Pharisäer und Mitglied des Hohen Rates. Aber er hat die
Sehnsucht nach mehr denn Gesetzesgerechtigkeit, und daher sucht er das Gespräch mit Jesus.
- Jesus schildert ihm, wie weit der barmherzige Vater ihm entgegen gekommen ist: "Gott hat die
Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht
zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat." Gott will die Quelle des Lebens für jeden
Menschen zugänglich machen, die Quelle der Liebe, die Gott selbst ist. Gott steht nicht
abwartend jenseits der Schöpfung, um dann brutal über unsere moralische Leistung zu richten.
Gott kommt vielmehr selbst in die Welt. Das Gericht über Gelingen und Misslingen unseres
Lebens ist damit in diese Zeit verlegt, ja, in unsere Hand gelegt.
- Wer sich der Liebe Gottes öffnet, die in der Welt erschienen ist, hat das Leben. Dies wird ganz
konkret dem Nikodemus gesagt, der Jesus gegenüber sitzt: Alles, was du tun musst, ist, den
Wunsch in dir wach werden lassen, dass Gott hier gegenwärtig ist und hier das Heil für dein
Leben greifbar wird. Heimlich und zu nächtlicher Stunde zwar, aber doch voll Sehnsucht ist
Nikodemus zu Jesus gekommen. Er hat den ersten Schritt zur Umkehr gemacht. Er hört auf das
Wort Jesu. Die Tradition erzählt, dass Nikodemus später auch den nächsten Schritt gegangen
ist: Er hat sich von dem Unrecht der Kreuzigung distanziert und die Taufe empfangen. Er
wurde ein Glied der Gemeinschaft der Schwestern und Brüder Jesu und ihm wurde durch einen
Apostel die Hände aufgelegt, dass er den Glauben an Christus verkündigen konnte: In diesem
Jesus erfahren wir Gott als unseren guten und geliebten himmlischen Vater. Amen.