Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zu Pfingstmontag Lesejahr B 2018 (Apostelgeschichte)

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21. Mai 2018 - St. Servatius, Bonn-Bad Godesberg Friesdorf

1. Dreifach Hundertprozentig

  • Jesus rief "vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude aus". Man braucht Phantasie, sich das vorzustellen. Irgendwie ist Jesus in 'erregt freudigem Gemütszustand'. Vielleicht ist er auch einfach ausgeflippt.
  • Was Jesus so voll Freude sein lässt, ruft er zum Himmel: Die Großen und Mächtigen werden es nie verstehen, weil sie sich zu sehr im Weg sind, aber den Kleinen und denen in Abhängigkeit zeigt es sich: Gott ist nicht fern, sondern 100% gegenwärtig in denen und dem, was nach Menschenmaßstab so vernachlässigenswert scheint. In einem Menschen, diesem einen Jesus ist Gott 100% anwesend. Nicht ein Drittel Dreifaltigkeit, sondern immer ganz Gott, denn Gott ist Liebe.
  • Deswegen ist es auch 100% Gott, wovon Jesus erfüllt ist: Heilige Geistkraft Gottes. Mächtiger Atem des Allerhöchsten. Gegenwart Gottes in ihm und in der Gemeinschaft der Jünger, die in ihm Gottes Gegenwart erkennen. Was Jesus sieht, ist nicht nüchterne Theorie, sondern alles erfüllende Wirklichkeit: Gottes Wirklichkeit erfüllt alles, und in allem kann ich Gott finden, wenn ich mich davon befreien lasse, alles nach meinen Interessen, nach Wert und Bewertung, nach Nutzen und Nützlichkeit klein zu machen. Erst dann kann ich begreifen, wie der Allmächtige "Vater, Herr des Himmels und der Erde", gegenwärtig ist.

2. Charismatenjubel oder Kirchenbürokartie

  • Gegenüber dem Jubelruf Jesu fällt die Apostelgeschichte ab. Fast schon sakral-bürokratisch mutet es dort an, wenn es heißt: "Als die Apostel in Jerusalem hörten, dass Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, schickten sie Petrus und Johannes dorthin. (...) Diese zogen hinab und beteten... Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist." Da fehlte noch etwas zur Taufe, deswegen kommen Apostel und legen die Hände auf. Stempel, Firmurkunde, Punkt.
  • Wenn hinter dem Jubelruf - Halleluja! - und dem sakral-bürokratischen Handauflegen derselbe Geist steckt, dann lohnt es sich zu fragen: Wie ist der innere Zusammenhang zwischen den beiden. Grundsätzlich empfiehlt es sich im Glauben, Spannungen auszuhalten und in Beziehung zu setzen, statt einseitig das jeweils Unbequemere zu streichen.
  • Wenn ich so vorgehe, dann verstehe ich, dass die Apostel mit ihrer Handauflegung dazu beitragen, dass all das wachsen und entstehen kann, was Jesus ekstatisch erlebt hat, und viele Menschen seit dem bis heute. Das Wachsen der Gemeinschaft - qualitativ ist hier wichtiger als quantitativ - ist der Rahmen, innerhalb dessen Menschen die Erfahrung der tragenden Gegenwart Gottes machen. Die Firmung ist so etwas wie die alltägliche, nüchterne Basis, das Fundament der jubelnden Freude des Glaubens. Ohne diese Basis endet der Jubel nur im Kater oder wird fanatisch. Aber es gilt auch umgekehrt: Wer gefirmt ist und diese Freude des Glaubens so gar nicht je erfahren hat, dem wurden vielleicht durch die kirchliche Gemeinschaft die Quellen des Glaubens eher verstopft denn eröffnet.

3. Beten um den Heiligen Geist

  • Der Heilige Geist ist Kraft Gottes, die wirkt. In dieser Gotteskraft ist Gott selbst 100%. Es macht die Qualität jeder Gemeinde und Kirche aus, ob sie sich dieser Kraft entgegenstellt, oder sie entdeckt und in sich lebendig sein lässt - gerade unter den Kleinen und den Menschen in Abhängigkeit. Die 100% sind nicht erschlagend, aber kraftvoll.
    Wir merken das, wo wir zulassen, dass Gottes Geist wirkt, was Gott von Anfang an wirkt: Gemeinschaft zu schaffen in respektvoller, treuer Liebe, die Menschen annimmt und bereit ist, eher Unrecht zu leiden, als Unrecht zu tun.
  • Jeder kann das für sich selbst testen. Die Kraft des Geistes Gottes merken Sie nicht daran, ob Sie jene Menschen in respektvoller Liebe annehmen, die ihnen ohnehin sympathisch sind. Vielmehr erweist sie sich dort, wo die Gemeinschaft des Glaubens, die gemeinsame Taufe und die gemeinsame Firmung mich dazu bringt, liebevoll, respektvoll, anerkennend denjenigen oder diejenige hier in der Kirche zu meiner Linken oder zu meiner Rechten zu sehen, die ich eigentlich lieber ausschließen würde - und im Gebet merke ich, dass ich dann nur Gottes Heiligen Geist ausschließe, mich ausschließe aus der Gemeinschaft mit Gott.
  • Die Apostel sind nach Samarien gekommen und haben erst einmal gebetet. Und sie haben das sicher nicht ohne die Gemeinde getan. Und aus diesem Gebet heraus haben sie den neuen Christen die Hände aufgelegt, dass der Heilige Geist auf sie herab käme. Das ist ein stiller, feierlicher, irgendwie auch fast bürokratischer Akt - aber wer versteht, was hier wirklich passiert, den kann es gehen wie Jesus: großer Jubel!