Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Palmsonntag im Lesejahr A 2020

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5. April 2020 - Aloisiuskolleg Bonn - Bad Godesberg (ohne Gemeinde wegen Pandemie)

1. Gott sucht die Nähe des Menschen

  • Er war wie Gott, hielt aber nicht daran fest wie Gott zu sein, sondern wurde Mensch. Gott sucht die Nähe des Menschen.
  • Während manche von uns zu manchen Menschen derzeit vielleicht mehr Nähe haben, als gut tut, vermissen doch sicher viele auch die Nähe anderer Menschen. 
  • Es ist auch diese Nähe, die Gott zulässt. Aber es ist nicht diese Nähe, die im Mittelpunkt steht, wenn jetzt der Weg vom Palmsonntag zum Karfreitag beginnt.

 

2. Ignatius von Loyola und die Angst vor der Pest

  • In seinem Bericht des Pilgers erwähnt Ignatius von Loyola so manche Anekdote, auf die er im Alter mit einem Schmunzeln zurückschauen mag, in der er aber auch den Weg sieht, den Gott ihn geführt hat. So auch das Erlebnis mit einem Pestkranken. 
  • Es war während seiner Studienzeit in Paris. Er hatte die Gelegenheit, mit einem Pestkranken zu sprechen und ihn zu trösten. Dann verfolgte ihn aber eine paranoide Angst, sich angesteckt zu haben. Die Wahrscheinlichkeit gab es sicher, aber er schildert, es habe ihm – kaum das er das Haus des Kranken verlassen hatte - die Hand geschmerzt, mit der er den Kranken berührt hatte. Das war ganz sicher eingebildet. 
    Ich würde jedem empfehlen, im Umgang mit der Pest und anderen ansteckenden Krankheiten darauf zu achten, sich selbst nicht anzustecken. Keine Kranken ungeschützt berühren!
  • Aber ich denke, Ignatius erzählt diese Anekdote, weil es darum geht, wie wir mit unserer Angst umgehen. Das ist noch mal etwas anderes, als die gerechtfertigte Sorge vor der Ansteckung. Die Schmerzen der Hand, mit der er gerade eben den Pestkranken berührt hatte, steht für diese Angst. Die Lösung, die Ignatius findet, ist typisch für ihn und ein wenig schräg. Er nimmt die Hand, steckt sie in den Mund, dreht sie im Mund noch einmal rum und sagt sich: Wenn du dich schon angesteckt hast dann richtig! (Warnung: Nicht nur nicht ungeschützt ansteckend Kranken nicht zu nahe kommen, sondern noch weniger danach noch gar die Hand in den Mund stecken!)

Zum Glück, er hatte Ignatius sich nicht angesteckt. Als aber seine Studienkollegen, mit denen er zusammen in einem Haus wohnte, hörten, dass er Kontakt zu einem Pestkranken hatte, musste er erst einige Tage in Quarantäne. Ignatius schreibt nicht, dass er sich darüber beschwert habe.

3. Nähe im der Menschen willen

  • Diese Geschichte erzählt von der Nähe, um die es geht, wenn wir den Weg Jesu mitgehen wollen. Gott sucht die Nähe des Menschen, aber nicht um das Gefühl der Geborgenheit zu haben, sondern um denen nahe zu sein, denen andere ausweichen. 
  • Gott wird Mensch, nicht um der Verfolgung willen, sondern um den Verfolgten nahe zu sein. Gott wird Mensch,  nicht um der Schmerzen willen, sondern um denen nahe zu sein, die in Schmerzen leben. Gott will den Menschen nahe sein bis zum Kreuz, nicht um des Todes willen, sondern um denen vorauszugehen, die er liebt und die er ins Leben führen will. 
    Es ist diese besondere Gemeinschaft, die Gott sucht. Vielleicht tut es gut, den Kreuzweg in diesen Tagen zu meditieren, um diese Nähe Gottes zu spüren. Die Nähe zu denen, die in den Altersheimen alleine sind. Die Nähe zu den Wanderarbeitern, die nicht wissen wie sie sich und ihre Familie ernähren können. Die Nähe zu den Flüchtlingen, die eng auf eng leben müssen und nicht wissen, wann der Virus über das Flüchtlingslager hereinbricht. 
  • Es ist vermutlich an keinem von uns, einem dieser Menschen nahe zu sein. Aber wir dürfen auf den Gott sehen, der genau diesen Menschen nahe ist. Deswegen hielt er nicht daran fest wie Gott zu sein, sondern wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Amen

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Ignatius von Loyola: DER BERICHT DES PILGERS (in der Übersetzung von Peter Knauer)

83.        Und während sie beide miteinander sprachen, kam ein Mönch, um Doktor Fraga zu bitten, er möchte ihm ein Haus finden; denn in dem, worin er wohnte, seien viele gestorben, von denen er dachte: wegen der Pest, weil zu dieser Zeit die Pest in Paris begann. Doktor Fraga mit dem Pilger wollten gehen, das Haus zu sehen, und nahmen eine Frau mit, die sich sehr darauf verstand; als diese hineingegangen war, bestätigte sie, es sei Pest. Der Pilger wollte auch eintreten; und als er einen Kranken fand, tröstete er ihn und berührte mit der Hand die Wunde. Und nachdem er ihn getröstet und ein wenig ermutigt hatte, ging er allein weg. Und es begann ihm die Hand zu schmerzen, daß ihm schien, er habe die Pest. Und diese Einbildung war so heftig, daß er sie nicht besiegen konnte, bis er sich mit großem Ansturm die Hand in den Mund steckte und mehrmals darin drehte und sagte: "Wenn du die Pest an der Hand hast, dann sollst du sie auch im Mund haben." Und als er dies getan hatte, hörte ihm die Einbildung und der Schmerz der Hand auf.

84.        Aber als er zum Kolleg Sta. Barbara zurückkehrte, wo er damals wohnte und den Kurs hörte, wichen die Kollegsbewohner, die erfahren hatten, daß er in das Pesthaus eingetreten war, vor ihm aus, und sie wollten ihn nicht eintreten lassen. Und so war er gezwungen, einige Tage draußen zu bleiben.